Neuigkeiten aus Valencia

Nach knappen fünf Monaten hier in meiner Wahlheimat auf Zeit, Valencia, neigt sich die Zeit meines Auslandsaufenthaltes leider bald schon dem Ende zu. Seit meinem letztem Blogeintrag im Oktober hat sich hier doch einiges noch getan.

Da im Oktober hier ein paar Tage frei waren, habe ich mich spontan dazu entschlossen ein paar Tage nach Madrid zu fahren und die Landeshauptstadt Spaniens doch mal zu erkunden. Von hier trennen mich genau 350 Kilometer von der Stadt und ein wenig mehr als eine Stunde Zugfahrt, wenn man sich denn traut, im Renfe-Schnellzug durch die Gegend zu fahren.

DSC05423
Stadion von Real Madrid (19 Euro Eintritt)

In Madrid angekommen hat mich erstmal ein kleiner Kälteschock getroffen, da es bestimmt gute 8 Grad kälter war als in Valencia. Nachdem ich meine Unterkunft, eine kleine Pension im Zentrum, gefunden hatte ging es auch schon los mit der Erkundigungstour und ganz schnell wurde mir bewusst, Madrid ist nicht Valencia. Die Stadt ist einfach riesig, unübersichtlich und vor allem voll mit Touristen. Bemerken die Madrilenen dass sie nicht mit einem Einheimischen konfrontiert werden, wechseln sie sofort auf Englisch und bleiben auch hartnäckig dabei, obwohl genau das die Situation doch deutlich für alle erschwert, da die Spanier bekanntlicherweise nicht so gut darin sind, andere Sprachen zu erlernen. In meinen vier Tagen dort habe ich glaube ich das übliche Touristenprogramm abgeklappert, den Palast, den Plaza Mayor, das Stadion, den Park, Museen und und und....

20151008_193028
Círculo de las Bellas Artes

Wieder zurück hier in Valencia, kam mir die Stadt erstmal richtig klein und übersichtlich vor. Leider hat die Universität hier vorgesehen, im November Zwischenprüfungen zu schreiben, so dass es für mich bis fast Ende des Monats hieß lernen, lernen und lernen, da die Noten in die Endnote später zu 30% eingehen. Zudem hatte die historische Fakultät hier noch eine Woche namens "la semana de las actividades complementarias", in der verschiedene Professoren kamen und Gastvorträge hielten. Natürlich wurden 200 Studenten in einen kleinen Raum gequetscht, es wurde eine PowerPoint auf Valenciano vorgetragen so dass wir als ausländische Studenten kaum etwas verstanden. Es ging wahrhaftig zwei Stunden lang um das Thema der Grenzen in Spanien und wieso die Grenze zu Portugal gerade ein Stein auf einer Brücke ist. Hier mussten wir einen Essay schreiben und ihn in der nächsten Stunde abgeben, zählt zu 10% in der Endnote. Leider wird mein Eindruck über das spanische Bildungssystem von Monat zu Monat schlechter. In meiner zweiten Actividad complementaria in Historia Antigua Universal (entspricht in Mainz der alten Geschichte) mussten wir uns das Lachen dann endgültig verkneifen. Der Vortrag ging über das alte Ägypten und die Ausgrabungen, gehalten von einem deutschen Professor auf Englisch. Der gute Mann sprach auf Englisch (und seine Präsentation war dementsprechend auch auf Englisch) aber so dass es problemlos verstanden werden konnte. Leider stellte dass die Spanier doch vor immense Probleme, so dass seine Frau, die Spanierin ist, nach jedem Satz das von ihm Gesagte auf Spanisch übersetzte. So dauert eine eigentlich 2 stündige Veranstaltung dann halt mal vier Stunden. Das für mich Schlimmste an der Geschichte ist, dass ich als Austauschstudentin wohl noch am meisten verstanden habe.

 

IMG-20151211-WA0017An zwei Wochenenden besichtigte ich hier noch Sehenswürdigkeiten, die auch dazu beitragen, dass Valencia definitiv einen Besuch wert ist, und zwar den Bioparc und das Océanographic. Hierbei handelt es sich einmal um einen Zoo mit Thema Afrika, in dem die Tiere wirklich viel Platz haben und fast nirgends Glasscheiben zwischen Mensch und Tier sind und dann noch das größte Aquarium Europas. Für beide zahlt man jeweils um die 20 Euro Eintritt, was sich aber wirklich lohnt!

 

Da ich auf Lehramt studiere, belege ich hier auf Veranstaltungen, die ich mir für mein Spanischstudium anerkennen lassen kann. Meine Veranstaltung "Sprach- und Literaturdidaktik" findet hier bei den zukünftigen Grundschullehrern statt. Auch wenn ich es anfangs nie gedacht hätte, entwickelte sich dieser Kurs zu meiner Lieblingsveranstaltung, da die Spanier dort uns Erasmus-Studenten gegenüber sehr offen waren und uns auch bei allen Fragen tatkräftig unterstützten. So kam es dazu, dass wir ( wir sind drei Mädels aus Mainz, und ein Dreiergespann aus Italien) ein Referat über das deutsche (italienische) Grundschulsystem halten mussten, Dauer: 45 Minuten. Dieses Referat hat mir ein paar schlaflose Nächte bereitet, da es nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen dazu gehört, mich vor 30 spanischsprachige Menschen zu stellen und frei zu sprechen, aber es hat alles super geklappt, sie haben uns viele Fragen gestellt und sich wirklich für die Thematik interessiert.
Seit Anfang Dezember war Valencia auch weihnachtlich geschmückt so dass die ganze Stadt abends begann zu leuchten. Zudem wurde auf demIMG_20151206_231513 Rathausplatz ein riesiger "Weihnachtsbaum" aufgebaut und direkt nebenan eine Schlittschuhlaufbahn, die tatsächlich noch bis letzte Woche hier war (und das bei Temperaturen um die 24 Grad).

Hier fand ebenfalls am 5. Januar, der Tag bevor die Heiligen Drei Könige in Spanien die Geschenke bringen, ein Umzug statt, der mich stark an Rosenmontag in Mainz erinnert. Es gab über zwei Stunden lang die verschiedensten Wägen zu sehen, kostümierte Menschen und musikalische Untermalungen.

IMG-20160105-WA0012

 

Über Weihnachten und Silvester ging es für mich nach Deutschland, so dass ich die Neujahrsfeier hier leider verpasste.

In meinen letzten zwei Wochen nun hier schreibe ich noch Prüfungen in Neuerer Geschichte und Literaturwissenschaft, was sich beides als mein größter Alptraum herausgestellt hat. Nun heißt es irgendwie durch die Prüfungen kommen und versuchen, das Beste daraus zu machen, bevor es wieder nach Deutschland geht und ein neues Semester in Mainz ansteht.

 

Muchos Saludos de Valencia,

 

Rosanna

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Valencia

Vorlesungsfreie Zeit in Kanada, oder von -20 auf +30 Grad in nur drei Stunden

Bonjour tout le monde,
mittlerweile habe ich die Hälfte der insgesamt 8 Monate Kanada hinter mir. Vor einer Woche hat das zweite Trimester begonnen, nachdem wir uns über die Feiertage für knapp drei Wochen erholen konnten. Die Schlussphase des vorangegangenen Semesters war sehr anstrengend, da ich gleich zwei sehr umfangreiche Hausarbeiten abgeben und mehrere Klausuren und Präsentationen innerhalb einer Woche abgeben bzw. halten musste.
Im Rahmen meiner Mittelalterhausarbeit habe ich mich mit der Person Guillaume de Machaults, einem französischen Musiker, Poeten aber auch königlichen Berater beschäftigt. Als Quelle diente mir der Confort d’Ami, ein von ihm verfasstes und an Charles II. König von Navarra adressiertes Gedicht. Hierin zeichnet der Poet ein sehr genaues Bild des, seiner Meinung nach, idealen Herrschers. Das Gedicht reiht sich somit in die lange Tradition der Prinzenspiegel ein und gibt Aufschluss über die politischen Ideen Machaults.
Bei meinen Recherchen hierzu hat es mir besonders gefallen, dass der Confort fast ausschließlich nur aus literaturwissenschaftlicher Perspektive untersucht, kaum aber von Historikern in Augenschein genommen wurde. Daher hatte ich das Gefühl wirklich einen kleinen Teil zur Historiographie beitragen zu können.
Ähnlich verhielt es sich mit meiner zweiten Hausarbeit, die ich im Modul Neueste Geschichte im Rahmen meines Kurses Religion et Violence angefertigt habe: Hierfür habe ich mich mit dem Verhältnis des IS und der Minderheit der Yeziden auseinandergesetzt. Meines Erachtens nach lag die Herausforderung darin, dass ich eine geschichtliche Arbeit über ein brandaktuelles Thema verfassen musste, zu dem verständlicherweise erst sehr wenige Historiker geforscht haben. Letztendlich habe ich es geschafft eine geschichtswissenschaftlichen Herangehensweise anzunehmen und bin froh auch diese Erfahrung gemacht haben zu können.
Zu Beginn der Ferien bin ich mit einer Freundin nach New York gefahren. Das geht von Montreal relativ problemlos und auch günstig mit dem Bus. Pünktlich zu Heiligabend habe ich mich in Sherbrooke eingefunden um mit Freunden, die ebenfalls in Kanada geblieben sind, bei einem Raclette gemütlich beisammen zu sein. Überraschenderweise hatten wir leider keine weiße Weihnacht, sondern sonnige 16 Grad- PLUS, wohlgemerkt.
Der Wintereinbruch kam dann zu einem sehr ungelegenen Moment, nämlich an dem Tag, an dem Ida, ebenfalls eine Cursusstudentin, und ich nach Kuba fliegen wollten. Glücklicherweise sind die Arbeiter am Montrealer Flughafen Wind und Wetter gewohnt, sodass der Flieger, mit Verspätung zwar, doch noch Richtung Sonne abgehoben ist.
Havanna hat mich direkt verzaubert: Die kilometerlange Uferpromenade, die Straßenmusiker, die zahlreichen, noch von der Zeit vor dem amerikanischen Wirtschaftsembargo zeugenden Oldtimer, die stattlichen, aus Kolonialzeit stammenden Anwesen, all die bunten Fassaden, die im Sonnenlicht um die Gunst der vielen Touristen aus aller Herren Länder zu wetteifern scheinen, ihre Bewohner, die wahre Überlebenskünstler sind und die mit ihrem Einfallsreichtum all den Widrigkeiten trotzen, die das Leben in einem autoritären Staat mit sich bringt.
Die beste Möglichkeit in Kuba gut unterzukommen, sind die weitverbreiteten casa particular, das sind von Einheimischen vermietete Zimmer und Wohnungen. So war es uns möglich wenigstens ein wenig in das Leben der Kubaner einzutauchen. Ines, unsere Gastgeberin in Havanna, hat uns am Silvesterabend zum Familienessen eingeladen. Hierfür wurde ein typisches kubanisches Gericht serviert: Reis mit schwarzen Bohnen, Hühnchen, Yucca- Wurzel, dazu ein Thunfischsalat. Die Kubaner feiern das neue Jahr eher im Kreise der Familie, ungewöhnlich leise und unspektakulär- selbst in der Millionenstadt Havanna hat man vergebens auf ein Feuerwerk gewartet.Das liegt vielleicht daran, dass man stattdessen die Meeresbrise genießend das ewig leuchtende Sternenzelt bestaunen kann, eine Zigarre in der einen und ein Glas Cuba libre in der anderen Hand.
Der 1. Januar ist in Kuba nicht nur Neujahrstag, sondern vor allem Jahrestag der kubanischen Revolution von 1959, die der Batista-Diktatur ein Ende bereitet hat und in Folge derer die „Diktatur des Proletariats“ eingerichtet wurde. Die „Helden“ jener Tage sind allgegenwärtig: So thronen sie etwa als Statuen und Fassadenverzierungen über dem geschäftigen Treiben der Hauptstadt.
Wir haben es uns nicht nehmen lassen, trotz des herrlichenn Wetters in das nicht klimatisierte Revolutionsmuseum zu gehen und haben ganz konkret lesen dürfen, wie staatliche Propaganda in Kuba funktioniert. Eine oberflächliche linguistische Analyse der Beschreibungen der Ereignisse reichte bereits aus, um sich bewusst zu werden, dass dies eine einseitige Ausstellung werden würde.
Während unserer gesamten Reise ist uns mehr oder mehr aufgefallen, dass das Konzept der Planwirtschaft in Kuba praktisch nicht funktioniert. Man muss für die kleinsten alltäglichen Besorgungen anstehen, das Sandwich in der Stammcafeteria kann nicht jeden Tag mit Tomaten belegt werden, da es heute einfach mal keine Tomatenlieferung gab etc.
Über diese Mängel kann man als Tourist, der sich nur für eine bestimmte Zeit im Land aufhält, gut und gerne hinwegsehen, kompensieren doch die Traumstrände, das türkisfarbene Meer und die tropische Vegetation den Verzicht auf so manche Annehmlichkeit, die man von zu Hause kennt.
Der Flug nach Hause kam dann auch schneller als erwünscht und so landeten wir, gut erholt, aber wehmütig im schneeweißen und kalten Montreal, um für die zweite Halbzeit in Kanada anzutreten, davon dann im nächsten Bericht mehr.

 

12540948_10201289627759092_3501316865021658063_n 12523102_10201289628319106_5871356296257490885_n 10888695_10201289631079175_4667999782338575819_n 12540515_10201289630519161_5786230066489151911_n 12433126_10208115405552692_1012920692_o 12449275_10208115405952702_939272318_o 12432561_10208115406192708_1301936043_o

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Allgemein

Eindrücke aus Pamplona

¡Hola Todos!

Ich bin nun seit vier Monaten in Pamplona, Spanien und bin sehr glücklich über meine Entscheidung. Ich studiere Geschichte und Englisch auf Lehramt und will Spanisch als Drittfach studieren. Daher (und weil es in England kaum Plätze gibt) fiel meine Wahl auf Spanien.

Die meisten werden sich fragen: Wo ist Pamplona? Das gleiche höre ich in Spanien, wenn ich sage, dass ich aus Mainz/Maguncia komme. Und so haben die beiden Städte noch weitere Gemeinsamkeiten. Beide sind eher Dorf als Großstadt, beide Landeshauptstadt und beide haben römische Wurzeln (Mogunciacum und Pompaelo) und beide eine wunderschöne Altstadt.

Aber warum bin ich denn in das spanische Mainz, statt nach Madrid, Valencia oder Barcelona? Zum einen kenne ich Pamplona vom Jakobsweg und fand es damals wunderschön, und zum anderen ist Pamplona so provinziell, dass man sich integrieren muss, um nicht zu verhungern. Zwar versuchen manche Ladenbesitzer sich an mir mit ihrem Englisch (blond? Sicher einer von diesen pinche turistas), aber die Mehrheit verlangt Spanisch oder Baskisch. Der andere Grund ist die geringe Dichte an Erasmusstudenten. Da ich mich einem Englischverbot unterworfen hatte, wollte ich auch keine “Ausländer” kennen lernen, sondern nur “Einheimische”. Also suchte ich mir schon früh eine Wohnung mit 2 Spaniern (106 qm2 für 250 warm p. P.! Paradiesisch für Leute, die Mainz kennen..). Ich dachte mir damals, Spanier seien Spanier, und es sei egal, woher diese kämen, und daher dachte ich mir nichts dabei, mit einer Katalonierin (Barcelona) und einem Valencianer zusammenzuziehen. Als dann am 15.10 die Wahlen in Katalonien waren (die die Separatisten gewannen) wusste ich, dass ich in ein Wespennest gezogen war. Es blieb alles zivilisiert, aber die Diskussionen in der Wohnung haben mir gezeigt, wie gespalten, aber auch wunderbar bunt, Spanien ist.

Strand von Rarautz, Baskenland
Strand von Rarautz, Baskenland

Da ich mich in Deutschland für Integrationspolitik interessiere und engagiere, tat ich das in Spanien genauso. Mit einem Professor und einigen Studenten wurde die “Agrupación de Universitarios por Medio Oriente (AUNOM)” gegründet. Durch die Organisation wurden Redner eingeladen, Vorträge gehalten und viel diskutiert. Dabei war es besonders schön, ohne geschichtlichen Ballast auftreten zu können. Niemand warf mit Nazivergleichen um sich, wie es in Deutschland so oft passiert, und der Diskurs war sehr ausgeglichen, auch wenn es extreme Gegensätze gab. Da waren Mitglieder der PP (Partido Popular), die gegen unkontrollierte Einwanderung waren (und sehr gerne auf die Grenzzäune in Ceuta und Melilla verwiesen), und andererseits Anarchisten, die Grenzen und Strukturen gänzlich abschaffen wollten. Daneben gab es noch viele, die sich besonders mit dem humanitären Aspekt der Flucht und Vertreibung beschäftigten. Erwähnt sei da der Blog http://jesuisrefugie.com/.

Auch ich durfte einen Vortrag halten und habe es sogar auf Spanisch hinbekommen. Das war das Highlight meines Auslandssemesters bisher.

Werbung für meinen Vortrag. Thema: Flüchtlinge in Deutschland - Chance oder Risiko?
Werbung für meinen Vortrag. Thema: Flüchtlinge in Deutschland - Chance oder Risiko?

Außerdem bin ich oft in Vorträge zu Religion gegangen. Neben Islamwissenschaftlern und Judaisten lag der Fokus stark auf dem Katholizismus, da die Uni von Opus Dei ist. Man merkt den religiösen Hintergrund stark, allerdings wird die Diskussion nicht davon eingeschränkt. Obwohl ich Religionsskeptiker bin, konnte ich bisher viel über Religionen und deren Kraft lernen, und das ist besonders wichtig für einen Historiker.

In den Seminaren konnte ich besonders über die bewegte spanische Geschichte viel lernen. Dabei muss man aber anmerken, dass die Lehre sehr verschieden ist. In Spanien lernen die Studenten ihre “apuntes”, Mitschrift, auswendig. Während ich in Deutschland mehrere Bücher für die Klausuren lese, lesen meine spanischen Kollegen nur die Skripte. Dies fand ich sehr schade, und das spanische Bildungssystem hat seit September sehr stark an Respekt verloren. Ein gutes hat es aber gegenüber dem deutschen System: Der Professor ist nicht der Erleuchtete, der den Studenten neben seiner viel wichtigeren Forschung gnädigerweise anleitet, sondern Mentor und sogar Freund. Ich war mit einem Professor öfters einmal ein Bierchen trinken und wir haben uns, auf Augenhöhe, über Politik, Religion und Gesellschaft unterhalten. Das habe ich in Deutschland noch nie gesehen.

Die Eindrücke von Spanien sind noch so frisch, und alles ist so aufregend neu (teilweise auch zum Aufregen wie beispielsweise die “Busfahrpläne” oder die Unsitte der Siesta), dass ich noch Stunden schreiben könnte. Aber dann müsstet Ihr, liebe Leser, ja nicht nach Spanien gehen um es selbst zu sehen.

Zusammenfassend kann man sagen: Spanien ist so vielseitig und bunt, dass man es nach 4 Monaten immer noch nicht versteht und jeden Tag aufs neue ins Staunen kommt. Das solltet ihr nicht verpassen!

Jonas Breßler

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Pamplona

Zwischen Kühen, Käse und Vulkanen

„Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die römischen Legionäre, die als Besatzung in den befestigten Lagern Babaorum, Aquarium, Laudanum und Kleinbonum  liegen...“[1]

Das ist ein echter Klassiker. Ein echter Klassiker, der sich sehr gut eignet als Einleitung für einen Bericht über ein Auslandsjahr in: …. Nein, leider nicht in dem unbeugsamen von Galliern bevölkerten Dorf sondern in Clermont-Ferrand, einem kleinen Städtchen in der Auvergne. Zum Glück gibt es einen historischen Bezug, sonst wäre ich sehr traurig gewesen, diesen Klassiker nicht einbauen zu können. Darüber hinaus erfülle ich so auch meine Pflicht als Geschichtsstudentin, meinen Artikel mit hochinteressanten historischen Fakten zu bespicken:

Denn bei der Ebene von Gergovia, welche sich zehn Autominuten von Clermont-Ferrand entfernt befindet, konnte im Jahr 52 v. Chr. der Gallierfürst Vercingetorix ein nördliches Vordringen Julius Cäsars noch einmal erfolgreich abwehren. Leider nur bis zu der Schlacht um Alesia, nach welcher sich Vercingetorix mitsamt seines gallischen Heeres aus verschiedenen Gründen den Römern ergeben musste.

Was man über die Auvergne und Clermont-Ferrand sonst noch wissen sollte: Käse und Kühe. Und Vulkane. Und Michelin. Und Volvic kennt auch jeder: Der Vulkan auf dem Etikett der Volvic-Flasche ist der Puy-de-Dôme, der sensationelle „Hausberg“ von Clermont-Ferrand.

Laut der hiesigen seriösen Tageszeitung „La Montagne“ ist wird die Auvergne nach dem administrativen Zusammenschluss mit dem Département „Rhône-Alpes“, welcher in den kommenden Wochen stattfindet, das größte und beliebteste Skigebiet der Welt sein. Ich las diesen Artikel heute Morgen kurz vor einer Vorlesung (natürlich nicht währenddessen) und musste doch arg schmunzeln. Die Auvergne ist aber wirklich eine wunderschöne Region mit atemberaubenden Landschaften, und ja, es gibt auch verschiedene Skigebiete. Diese sind jedoch eher übersichtlich.

Des Weiteren stößt man an jeder Ecke auf eine Burgruine: Ein El Dorado für Geschichtsstudentinnen und Geschichtsstudenten (und kleine Mädchen, die früher Prinzessin werden wollten.)

Nach meiner Entscheidung, in dem beschaulichen Clermont-Ferrand zwei Erasmussemester an der Université Blaise Pascal zu absolvieren, musste ich erst einmal jedem (zumindest jedem, der nicht das G9 „Découvertes“ Französischbuch hatte, in welchem die Charaktere in Clermont-Ferrand leben) genauestens erklären, wo das eigentlich genau liegt, dicht gefolgt von der Frage, ob ich mir nicht eine noch kleinere Stadt hätte aussuchen können. Euch sei erneut gesagt: Nein, und ich bereue es immer noch nicht!

Blick vom Puy-de-Dôme auf Clermont-Ferrand
Blick vom Puy-de-Dôme auf Clermont-Ferrand

Auslandsjahr in Frankreich also. Dies soll kein weiterer Artikel über kulturelle Unterschiede werden und ich möchte euch nicht mit meinen Erkenntnissen über deutsch-französische Diskrepanzen langweilen. (Oder zumindest nicht ausschließlich.) Viel lieber möchte ich euch von meiner Erfahrung berichten, wie schön es ist, Gemeinsamkeiten zu finden. (Ich werde auch nicht über die Uni und das französische Universitäts- und Bildungssystem berichten, weil dies ein erfreulicher Bericht werden soll, den man gerne liest und bei dem man nicht am Ende das Bedürfnis hat, etwas kaputt zu machen.)

Von Beginn des Auslandsaufenthaltes an ist alles vor allem eine Frage der Einstellung: Komme ich in dem Bewusstsein in dieses fremde Land, in diese fremde Stadt, dass ich in einem oder in zwei Semestern wieder abreise? Oder bin ich bereit, mich vollkommen auf diese neue Stadt einzulassen, mich dort einzuleben und sie zu meiner Heimat, zu meinem „chez moi“ auf Zeit zu machen? (Unnütze Beobachtung am Rande: Das Französische kennt für einige deutsche Wörter, die etwas sehr Abstraktes beschreiben, keine Entsprechungen, wie zum Beispiel für „Heimat“, oder auch „Gemütlichkeit“.)

Anfangs schlägt natürlich der Kulturschock zu, Chaos überall, apokalyptische Zustände für den Musterdeutschen der es nicht gewohnt ist, drei Stunden anzustehen  und, am Ende der Schlange angekommen, gesagt zu bekommen, dass man jetzt Mittagspause mache und doch bitte später wieder kommen solle. Frust und Unverständnis. Nach einiger Zeit aber (nach Überschreitung des Schmerzpunktes) erkennt man die Gelassenheit, die sich gut versteckt in dieser auf den ersten Blick chaotisch anmutenden Bürokratielandschaft, die einem so fremd ist.

Aber da  ich sowieso nichts daran ändern kann, habe ich angefangen, diese Unkompliziertheit, die auf den ersten Blick einfach nur unorganisiert anmutet, wirklich zu schätzen. Und nach diesen beiden Schritten setzt der dritte Schritt ein, der faszinierendste: Man beginnt sich selbst zu verändern.

Weil sich in der Konfrontation der Andersartigkeit des Gegenübers, der fremden Kultur, mit dem eigenen Ich, der eigenen Kultur, meine Herkunft kristallisiert und ich sie verstehe. „Il faut une origine à quitter et c’est de la quitter qu’on là. » - Es braucht eine Herkunft, die man verlässt, und während dieses Verlassens wird man sich ihrer bewusst.

So hatte ich zu Beginn beschlossen, während meiner Zeit im Ausland (wo mich niemand kennt und ich dementsprechend meine mutigen Seiten mal etwas nach außen kehren kann) etwas Neues auszuprobieren: Einen Sport ausprobieren, zu dem ich vorher wenig Bezug hatte, der mich aber immer schon gereizt hatte: Klettern. Ab und an war ich mal im „Blockwerk“ in Mombach bouldern gewesen, aber so richtig hoch, draußen und am Seil – dafür war ich bislang immer zu angsthasig gewesen. Aber: Wenn man schon einmal dabei ist, mutig zu sein und sich ins abenteuerliche Ausland (Ok, mit Frankreich wirkt das nicht allzu glaubwürdig…) zu begeben, wieso nicht gleich einen neuen Sport ausprobieren.

Von meinem jetzigen Standpunkt aus betrachtet war das die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können.

Handy Frankreich Sep-Nov 15 1083
Fontainebleau

Während der vom Hochschulsport organisierten Fahrt nach Fontainebleau, südlich von Paris, einem unvorstellbar großen und wunderschönen Waldgebiet, dem größten Bouldergebiet Europas, lernte ich nämlich die Leute kennen, die mir jetzt schon fehlen wenn ich darüber nachdenke, bald wieder abreisen zu müssen.

Nach Fontainebleau nahm ich noch an einer Fahrt an die Ardèche teil (meiner Meinung nach eines der schönsten Gebiete Frankreichs), und privat organisierten wir ein langes Kletterwochenende in der Tarnschlucht, wo ich mir aufgrund der atemberaubenden Landschaft ein bisschen vorkam wie im Film „Avatar“. Der Sport hat sich also in Sachen Integration deutscher Erasmusstudentinnen und Brückenbau für die deutsch-französische Freundschaft als sehr effektiv erwiesen. (Unnütze Beobachtung am Rande: Mein französischer Wortschatz hat so vor allem im Bereich „Körper“ und „Bewegung“ eine unglaubliche Aufwertung erfahren. Anfangs kannte ich für die technischen Vokabeln des Kletterns nicht die deutsche Entsprechung, Beispiel: „Escalade en tête“ ist das deutsche „Vorstieg klettern“, was ich erst nach einiger Zeit herausfand. Ich fand diese Beobachtungen komisch aber gleichzeitig auch interessant, denn das gleicht dem Sprachlernprozess eines Kindes, welches nicht ein schon bekanntes Wort in eine andere Sprache übersetzt sondern ein ganz neues Wort lernt, um sein Erleben zu verbalisieren.)

Gorges du Tarn
Gorges du Tarn
Ardèche - Märchenlandschaft
Ardèche - Märchenlandschaft

À propos Sprache! Was mit bisher bereits sehr viel gebracht hat sind Diskussionen über Sprache (Vokabeln erfragen, Wortwitze und metaphorische Ausdrücke erklärt bekommen, Umgangssprache hinterfragen).

Bei dem Versuch, hier Freunde zu finden, stellt Sprache ab einem bestimmten Punkt aus den unterschiedlichsten Gründen ein Hindernis dar. Fehlende Vokabeln – Lücken im Wortschatz, das Verwenden von Vokabeln und Ausdrücken an falscher Stelle und, ja das klingt erst mal komisch ist aber ein richtiges Problem: das Unvermögen, lustig zu sein und Witze zu machen.

Humor übersetzt sich nur sehr schwer. Gestern Abend war ich mit deutschen Freunden im Improvisationstheater und hatte wirkliche Schwierigkeiten, grade, wenn es um Wortwitze oder innerkulturelle Seitenhiebe auf beispielsweise den (sehr lustigen) Akzent der Südfranzosen geht, die man als Nichtfranzose ohne Erklärung einfach nicht verstehen kann.

Das einzige was hier hilft ist, Fragen zu stellen und, wenn man grade einen Witz auf der Zunge hat und nicht weiß, ob er sich übersetzt, es einfach zu versuchen. Ein Lacher ist es auf jeden Fall, meistens grade weil er sich nicht übersetzt.

Ich hatte jedenfalls ein paar sehr lustige Momente beim Übersetzen deutscher Ausdrücke (wohlwissend, dass es sich nicht übersetzt) aber Sprache ist ja zum Glück ein unendlicher Baukasten, der nicht nachtragend ist. („Toujours doucement avec les jeunes chevaux“ – Immer langsam mit den jungen Pferden. Die anderen sind jetzt jedenfalls um einen Ausdruck reicher.).

Montpellier
Kurztrip nach Montpellier Ende September

Irgendwann gelangte ich aber auch zu folgender frustrierender Erkenntnis: Ich habe zwar Freunde gefunden, mit denen ich viel Spaß habe und die mich als Menschen mögen (bisher zumindest), sie kennen mich aber nur als Christina, die französisch spricht, also mit eingeschränkten sprachlichen Möglichkeiten, mich mitzuteilen. Meiner Meinung nach kennen sie also nur circa 90 % von mir. Weil ich mich niemals zu 100 % so ausdrücken kann, wie ich möchte, in Diskussionen nie meine Meinung zu 100 % mitteilen kann, weil mir die Mittel fehlen. Sie haben mich auch als viel stiller kennengelernt, als ich eigentlich bin, aus dem gleichen Grund. Frustrierend ist diese Erkenntnis, aber natürlich auch interessant. Und mit der Zeit, die ich hier bin, wächst auch meine kommunikative Kompetenz, ebenso wie mit der Freundschaft und der unglaublichen Geduld, mit der die anderen mir begegnen. (Zugegeben, nach dem vierten Mal nachfragen, wenn man etwas nicht verstanden hat, kommt man sich eher beschränkt vor.)

Ich habe jetzt sozusagen Halbzeit. In zwei Wochen fahre ich über Weihnachten nach Hause, worauf ich mich sehr freue, aber ich freue mich auch vor allem darauf, wieder hierher zurückzukommen nach Clermont-Ferrand. In mein kleines Städtchen, zu meinen unbeugsamen Arvernern, die ich sehr lieb gewonnen habe.

[1] Vgl.: Asterix und Obelix: Der Arvernerschild (Le bouclier arverne), Goscinny und Uderzo, 1968.

Lac Pavin ( Ende November im Vulkansee schwimmen )
Lac Pavin
( Ende November im wunderschönenVulkansee schwimmen )

Christina Kunkel, 10.12.2015

Restplätze in ERASMUS+-Partnerschaften für das akademische Jahr 2016/17

Die reguläre Bewerbungsfrist für einen Austausch im akademischen Jahr 2016/17 ist am 04.12.2015 abgelaufen. Nachrücker können sich ab sofort und noch bis zum 29.01.2016 bewerben. Die Platzvergabe erfolgt nach der Reihenfolge des Bewerbungseingangs. Alle Austauschplätze in Großbritannien, Irland und der Türkei sind bereits besetzt.

Land, Leute, Studentenleben – Eindrücke aus Griechenland

So schnell kann das gehen – jetzt bin ich schon über zwei Monate in Ioannina. In Griechenland sogar schon über drei Monate. Denn wer mit Erasmus+ nach Ioannina fährt, erhält ein sechsmonatiges Stipendium. Ich habe die Zeit genutzt, um vor Semesterbeginn noch einen Griechischsprachkurs in Athen zu besuchen, damit ich mich zumindest ein bisschen auf griechisch verständigen kann.

Wer allerdings kein griechisch spricht, ist auch nicht komplett verloren hier, da nahezu alle an der Universität englisch können. Der für Historiker zuständige Erasmuskoordinator spricht sogar fließend Deutsch, was die Regelung aller Formalitäten vor Ort für mich natürlich sehr vereinfacht hat.

Die Kurse sind alle auf Griechisch, aber zumindest bei den Kursen, die ich gewählt habe, ist es kein Problem einen Essay oder eine mündliche Prüfung auf Englisch zu absolvieren. Die Dozenten kommen mir da sehr entgegen und sprechen ebenfalls alle fließend englisch, manche - wie eben mein Erasmuskoordinator - sogar deutsch. Dennoch besuche ich auch einen für Erasmusstudenten kostenlosen Griechischkurs an der Uni – ich möchte schließlich auch verstehen, was in den Kursen so vor sich geht.

Das historische Seminar in Ioannina genießt einen ziemlich guten Ruf in Griechenland – insbesondere Studenten mit dem Schwerpunkt Byzantinistik kann ich Ioannina sehr empfehlen. Neben der Byzantinistik gibt es natürlich noch weitere historische Seminare, wie z.B. Geschichte des Balkans und europäische Geschichte. Hier ist für jeden etwas dabei. Ich habe einige Kurse zur griechischen Geschichte gewählt. Die Kurse hier vor Ort bieten vor allem einen ganz anderen Blickwinkel auf die Europäische Geschichte.

Doch was wäre der Unialltag ohne andere Studenten? Die Menschen hier an der Uni sind alle sehr freundlich, offen und vor allem hilfsbereit. Viele Studenten helfen mir, wenn ich etwas nicht verstehe und übersetzen Griechisches für mich ins Englische. Mein großer Vorteil ist, dass ich die einzige Erasmusstudentin am historischen Seminar bin, sodass ich zwangsläufig sehr viel Kontakt mit anderen, griechischen Studenten habe. Ich habe hier wirklich schon viele Freundschaften geschlossen, die sicherlich auch über meine Zeit hier in Ioannina hinaus Bestand haben werden.

Das Leben hier besteht aber natürlich nicht nur aus Lernen. Da Ioannina eine Studentenstadt ist, gibt es hier viele wunderschöne Cafés und Kneipen, die zum verweilen einladen. Als ich hier ankam, musste ich mich zunächst einmal daran gewöhnen, dass man sich hier am Abend zum Kaffee trinken trifft und nicht auf ein Bier in der Kneipe. Neben dem gastronomischen Angebot kann die Stadt aber auch mit vielen kulturellen Aspekten überzeugen. Doch das wohl schönste an Ioannina ist die Landschaft, in die die Stadt eingebettet ist. Direkt an einem See, umgeben von vielen Bergen: Der Anblick der Stadt ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend - und das nicht nur aufgrund des steilen Aufstiegs, den man vor dem Genuss des Ausblicks bewältigen muss.

Das war’s für heute erstmal von mir

Πολλούς χαιρετισμούς (Viele Grüße) aus Ioannina,

Sarah

Das Mensaessen. Nicht immer ein Augenschmaus, dafür aber immer kostenlos.
Das Mensaessen. Nicht immer ein Augenschmaus, dafür aber immer kostenlos.
Der spanisch-deutsche Tisch unseres "international Dinners"
Der spanisch-deutsch-polnische Tisch unseres "international Dinners"
Das Grab von Ali Pascha - eine der berühmtesten historischen Persönlichkeiten, die Ioannina zu bieten hat.
Das Grab von Ali Pascha - eine der berühmtesten historischen Persönlichkeiten, die Ioannina zu bieten hat.

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Ioannina

Warum Griechenland?

Καλημέρα!

Das ist griechisch und bedeutet so viel wie "Guten Morgen", wird aber prinzipiell zu jeder Tageszeit genutzt. Es war wohl das erste Wort, das ich in meinem Griechischunterricht zur Vorbereitung auf mein Auslandssemester in Griechenland gelernt habe.

Ich studiere normalerweise in Mainz Geschichte im Master of Arts. Doch dieses Semester wollte ich mal etwas Neues ausprobieren und absolviere deshalb gerade ein Auslandssemester in Griechenland. Die Erfahrungen, die ich hier mache, möchte ich gerne mit euch teilen und habe deshalb beschlossen, hier auf der Seite des Historischen Seminars zu bloggen.

Dass ich ein Auslandssemester während meines Masters machen wollte, stand für mich schon seit längerer Zeit fest. Doch viele werden sich jetzt vermutlich fragen: Wie bin ich gerade auf Griechenland gekommen? Nun, mich hat die Sprache schon immer fasziniert. Und einfach mal die ganzen Orte wirklich sehen zu können, über die wir in den Seminaren der Alten Geschichte schon so viel gelernt haben – das war letztendlich der ausschlaggebende Punkt. Also habe ich mich für ein Auslandssemester in Ioannina beworben, einer kleinen Stadt in Nordgriechenland, in der Nähe der albanischen Grenze. Und als ich dann die Zusage erhalten habe, ging es auch schon los mit all dem Papierkram, der zu Erasmus dazugehört: Das Learning Agreement, das Grant Agreement, die Auslandskrankenversicherung, usw. Aber lasst euch von den ganzen Dokumenten nicht abschrecken – Falls ihr Hilfe braucht gibt es viele, die euch sehr gerne unterstützen.

Ende August war es dann so weit: Ich bin nach Griechenland geflogen. Zunächst nach Thessaloniki und dann nach Athen, um mir schon einmal den ein oder anderen Ort anzuschauen, bevor es mit meinem Auslandssemester richtig losgeht. Das würde ich jedem empfehlen, der sich für ein Auslandssemester bewirbt: Fliegt schon ein paar Tage vor Beginn eures Studiums in das entsprechende Land, um schon einmal das Land und die Leute kennen zu lernen.

Schließlich ging es am 01. Oktober auch mit meinem richtigen Studienaufenthalt los. Über meinen ersten Monat in Ioannina berichte ich in meinem zweiten Blogeintrag. Bis dahin

Πολλούς χαιρετισμούς (Viele Grüße) aus Ioannina,

Sarah

Ein Blick auf Ioannina kurz vor Sonnenuntergang
Blick auf Ioannina, kurz vor Sonnenuntergang

 

Das Wohnheim, in dem ich seit Oktober untergebracht bin
Das Wohnheim, in dem ich seit Oktober untergebracht bin

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Ioannina

Auf geht’s nach Valencia, vale!

¡Hola y buenos días a todos!

Nachdem mich die E-Mail des Historischen Seminars bezüglich der Möglichkeit über die Zeit im Ausland zu bloggen erreicht hat, habe ich mich schnell dazu entschlossen, über meine Erfahrungen hier in Spanien zu schreiben.

Vor circa einem Jahr habe ich mich mit dem Thema Auslandssemester und ERASMUS beschäftigt, da ich Spanisch und Geschichte auf Lehramt studiere, und somit ein Auslandsaufenthalt in meinem Studium vorgesehen ist. Nach verschiedenen Infoveranstaltungen habe ich mich entschieden, mich um einen Platz am Historischen Seminar zu bewerben, da hier meine Wunschuniversitäten angeboten wurden und mir auch bei der Bewerbung und offenen Fragen steht geholfen wurde. Ende Januar bekam ich dann die Zusage für meinen Wunschstudienplatz im Wintersemester 2015/16 in Valencia.

Also wurde alles für meinen Aufenthalt vorbereitet, Flüge wurden gebucht und das Learning Agreement vereinbart. Da ich mir mein Auslandssemester für mein Spanischstudium anerkennen lassen möchte, gestaltete sich dies nicht ganz so einfach, aber mit gewissen Kompromissen habe ich dann alles hinbekommen.

Die Vorstellung, bereits Mitte September wieder in die Uni gehen zu müssen, erheiterte mich zu Beginn nicht sonderlich. Anfang des Monats machte ich mich also auf den Weg nach Spanien, um noch genüg Zeit zu haben, mir ein Zimmer zu suchen und die Angelegenheiten an der Universität zu klären. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation hier in Spanien gestaltete sich die Wohnungssuche als relativ einfach, da man für das Budget das man in Mainz aufbringen muss, um etwas halbwegs vernünftiges zu finden, hier super zentral in der Altstadt leben kann und weniger zahlt. Da mir die Umgebung in der Nähe der Universität weniger gefallen hat, habe ich mich dazu entschieden, doch etwas weitere Wege zur Uni in Kauf zu nehmen, dafür aber im Zentrum zu wohnen.

Die Immatrikulation hier vor Ort verlief soweit ganz gut und ohne sonderliche Probleme, was vielleicht auch daran liegen kann, dass ich mich mehr oder weniger gut mit der spanischen Sprache verständigen kann. Das einzig wahre Problem was einen hier vor die ein oder andere Herausforderung stellen kann heißt Valenciano. Valenciano ist ein Dialekt in der gesamten Region Valencias, und eine Mischung aus Spanisch und Französisch. Vergleichen kann man es mit dem Katalan in Barcelona. Hier an der Uni oder beziehungsweise überall in der Stadt findet man Schilder, Beschreibungen usw. auf Valenciano, was gleichzeitig bedeutet, zuerst versteht man wirklich nichts. Mittlerweile, nach gut zwei Monaten, kann ich mir einen Reim daraus machen, was da vor mir geschrieben steht und rege mich nicht mehr so über diese Sprachregelungen hier auf.

Uni unterscheidet sich hier sehr von Mainz, und mittlerweile weiß ich Jogustine und unser deutsches Bildungssystem wirklich sehr zu schätzen. Hier an der UV ist alles sehr verschult, was zum Beispiel bedeutet, die Studenten sitzen dreimal die Woche je eine Stunde hier in dem jeweiligen Kurs und bekommen alles von den Dozenten Wort für Wort diktiert. PowerPoint: Fehlanzeige, Mitarbeiten: Fehlanzeige, selbstständiges Lernen und Arbeiten: definitiv nicht vorhanden. Meine persönliche Erfahrung hier ist auch, dass manche Dozenten eher negativ auf ERASMUS-Studenten reagieren und absolut überhaupt nicht daran  interessiert sind, einem zu helfen oder ein Stück weit auf einen zuzugehen. Aber auch das genaue Gegenteil habe ich erlebt, da mein Dozent von dem Kurs "Alte Geschichte" sehr aufgeschlossen gegenüber uns ausländischen Studierenden ist und sich sehr hilfsbereit uns gegenüber zeigt. Natürlich lockt der Strand oder  der Turinpark nachmittags zu einem Spaziergang ein, aber trotzdem versuche ich hier mein Bestes für das Studium zu geben, auch wenn es schwierig ist, immer mitzukommen.

Mit den spanischen Mitstudenten musste ich auch erst einmal warm werden, da sie zunächst nicht sonderlich aufgeschlossen mir gegenüber waren. Haben sie bemerkt dass ich sie verstehe, haben sie sofort angefangen auf Valenciano untereinander zu sprechen. Hier hilft leider nur Augen zu und durch! Nie aufhören nachzufragen, sie anzusprechen und versuchen, Kontakte zu knüpfen. Diese Hartnäckigkeit hat sich in meinen Augen wirklich gelohnt, da ich mittlerweile ein paar echt nette Spanierinnen als Freundinnen habe.

Valencia ist an sich eine super schöne Stadt, ich habe mich hier sofort super wohlgefühlt. Im Gegensatz zu Barcelona und Madrid sind hier nicht ganz so viele Touristen unterwegs und man lernt die Stadt gut zu Fuß kennen, da alles nicht sonderlich weit weg ist. Sehr angetan hat es mir die Altstadt, mit dem Viertel "El Carmen" und die Ciudad de las Artes y Ciencias, ein Museumskomplex. Die Altstadt besticht einfach durch ihren Charme, die vielen kleinen Gassen, in denen ich nicht nur einmal verloren war, und die tollen alten Häuser. In Carmen sind wir öfters abends unterwegs, um Tapas zu essen oder gemütlich in einer Bar zu sitzen. Alles ist hier möglich und vor allem so gut wie ohne Touristen. Da ich hier in Spanien bin, um Kultur und Leute kennenzulernen, habe ich mich von den ERASMUS - Veranstaltungen distanziert, da ich nicht auf ein Partysemester hier aus bin. Aufgrund der Tatsache dass ich spanische Mitbewohner habe, bekomme ich die Chance mich dort im Freundeskreis einzugliedern und gleichzeitig meine Sprachkenntnisse zu verbessern.

20150913_140612
Ciudad de las Artes y Ciencias
IMG-20150909-WA0024
Strand von Valencia
20150904_203335
Rathaus (Plaza del Ayuntamiento)

Nach wie vor bin ich sehr zufrieden mit meiner Wahl mit Valencia. Die Stadt schafft es sofort, sich in ihren Charme zu ziehen und ein Heimatgefühl auszustrahlen. Auch die Tatsache, dass viele Mainzer hier vor Ort sind, macht es nochmals ein wenig einfacher, sich einzuleben. Es muss aber auch gesagt werden, dass es ohne Spanischkenntnisse wirklich schwierig ist, hier am Anfang zurechtzukommen und an der Uni klarzukommen. Von daher kann ich jedem empfehlen, der mit dem Gedanken spielt nach Spanien zu gehen, vorher einen Sprachkurs in Deutschland zu machen.

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Valencia

Dies ist ein Volk ohne Geschichte und ohne Literatur…

...mit diesen Worten beschrieb Lord Durham, britischer Gouverneur in Nordamerika, die französischsprachigen Kanadier, als diese sich 1837 gegen die britische Kolonialherrschaft erhoben.
Dass Lord Durham damit nicht richtig lag, darf ich hautnah miterleben, denn seit zwei Monaten studiere ich Geschichte und Französisch in Kanada, Quebec, Sherbrooke- und fühle mich bereits pudelwohl.
Mein neues Zuhause, etwa 15 Minuten zu Fuß vom Campus der Uni Sherbrooke entfernt, teile ich mir mit einem Kater und zwei Frankokanadiern. Das heißt, ich bekomme meine tägliche Dosis Québécois auf jeden Fall. Bevor ich hier ankam, konnte ich es mir nur schwer vorstellen, dass ich Probleme damit haben könnte, Menschen, die Französisch sprechen, zu verstehen. Allerdings sollte ich bereits am Flughafen in Montreal eines Besseren belehrt werden, denn die Wegbeschreibung des netten Busfahrers habe ich 0,0 verstanden.
Auch in den Kursen ist es nicht immer leicht meinen Mitstudis zu folgen, aber ich habe mich auch schon dabei ertappt, einige Wörter à la Québecoise auszusprechen, was mich darauf hoffen lässt, Ende April 2016 diese Varietät des Französischen verinnerlicht zu haben.
Insgesamt belege ich dieses Trimester 5 Kurse: Einen Kurs in Quebecer Literatur, einen Englischsprachkurs, und je einen Geschichtskurs in Mittelalterlicher (Wissen und Macht im Mittelalter), Moderner (Kanadische Geschichte bis 1840) und Neuester Geschichte (Religion und Gewalt in der Zeitgeschichte). Ich habe mich nicht nur geographisch, sondern auch inhaltlich von Europa entfernt, was auch einer der Gründe war, warum ich in Kanada weiterstudieren wollte.
Bisher bin ich sehr zufrieden mit meiner Kurswahl und arbeite wirklich gerne an all den Aufgaben, die ich im Wochentakt abliefern muss. Ich glaube, das liegt auch daran, dass die Arbeitsaufträge so unterschiedlich sind und es mir erlauben, mich auf ganz verschiedenen Ebenen weiter- und Kompetenzen auszubilden.
So arbeite ich gerade an einer fiktiven Aktualisierung der Biographie von Etienne Brulé, wie sie im Wörterbuch kanadischer Biographien geführt wird. Meine Aufgabe besteht darin, zu recherchieren, ob sich und was sich am Forschungsstand seit der Erstellung des Eintrags geändert hat.
Etienne Brulé, ein Franzose, lebte nach seiner Ankunft in Kanada mit den huronischen Ureinwohnern zusammen und wurde als vollwertiges Mitglied in die Gemeinschaft aufgenommen, schließlich aber unter nicht genau geklärten Umständen von ihnen umgebracht und verspeist. Vielleicht gelingt es mir ja, in den Tiefen irgendeines Archivs Licht in das Dunkel seines Umkommens zu bringen.
Diese Woche habe ich auch bereits sogenannte mi-session examens geschrieben. In Geschichte war die Klausur in 2 Teile gegliedert. Der erste Teil bestand darin, einen Fragenkatalog sehr präzise zu beantworten, während wir im zweiten Teil eine Dissertation zu einer Frage anfertigen und zwei kurze Quellenanalysen unter Beachtung einer Fragestellung durchführen mussten.
Meine Literaturklausur direkt im Anschluss verlangte mir mehrere Analysen von Texten Neufrankreichs bis zum 1900 Jahrhundert ab. Aber auch theoretische Konzepte hinter der literarischen Produktion der Zeit wurden abgefragt.
Neben meinen Verpflichtungen genieße ich auch das Studentenleben in vollen Zügen. Und das geht auf dem Campus ziemlich gut: Jede Woche finden an vielen Fakultäten sogenannte 5@8/11 statt, (das heißt, dass die Sause von 17 bis 20h/23h geht)die dann in Bars außerhalb des Campus ausklingen. Mich hat das Konzept, Parties (unter der Woche) bereits nachmittags zu beginnen, ganz und gar überzeugt, da man nicht allzu spät Heim kommt und den nächsten Tag ausgeschlafen beginnen kann. Bis vor einigen Wochen fanden die 5@8 im Freien statt, mittlerweile sind wir aber nach drinnen umgezogen, obwohl es noch gar nicht so kalt ist.
In Kanada ist es nicht gestattet, Alkohol in der Öffentlichkeit zu konsumieren. Anlässlich der Parties erhalten die Fachschaften eine Sondererlaubnis für ausgewiesene Zonen. Daran habe ich mich bisher noch nicht gewöhnen können und finde es auch ziemlich verwunderlich, warum dieses von 1901 stammende Gesetz immer noch in Kraft ist, vor allem innerhalb eines so trinkfreudigen Völkchens. Hier in Quebec kommt hinzu, dass faktisch nie die Prohibition in Kraft trat (als einzige Region in ganz Nordamerika!) und trotzdem wird es nicht gerne gesehen, sich noch ein Wegbier zu gönnen.
Weggefahren bin ich das eine oder andere Mal auch. Beispielsweise nach Québec City, die für eine Geschichtsstudentin natürlich besonders attraktiv ist, da man auf den Spuren des Beginns französischer Kolonisierung in Nordamerika wandeln kann. Dass ich mich eigentlich in einem größtenteils englischsprachigen Land befinde, habe ich erst mit meiner Ankunft in Toronto gemerkt, als mir das erste How are you doing? Zu Ohren kam. Neben den sprachlichen sind mir auch andere kleinere Unterschiede zu Québec aufgefallen: Dort werden fast ausschließlich nur französische Weine beworben und getrunken, während in Toronto sehr viel lokale Weinerzeugnisse angepriesen wurden. Ebenso gibt es in Québecer Supermärkten eine größere Käseauswahl, als in Toronto beispielsweise. Und an Stelle der omnipräsenten Poutine in Québec, wird einem in Toronto an jeder Straßenecke ein Hotdog angeboten.
Aufzuzeigen, dass die Provinz Québec sich derartig vom Rest Kanadas unterscheidet und konsequenterweise einen unabhängigen Staat Québec formen sollte, hat die Partei des Bloc Québecois anlässlich der kanadischen Parlamentswahlen propagiert. Mein Mitbewohner, der für die Kandidatin des Blocs Wahlkampfhelfer war, hat mir erklärt, dass der (für ihn) größte und unüberbrückbare Unterschied in der Art der Regierungsführung liege. So kritisiert er beispielsweise, dass die (nun nicht mehr aktuelle) Regierung in anglophoner Tradition viel mehr Budget für den Militäretat etc. vorsieht, als es eine frankophon geprägte Volksvertretung tun würde.
Momentan scheint diese Meinung nicht mehrheitsfähig in der Québecer Bevölkerung zu sein. Denn so haben sie, wie der Rest Kanadas auch, mit der Wahl Trudeaus zum Premierminister für einen politischen Wechsel gestimmt. Justin Trudeau, Sohn des sehr populären und québecer Premierministers Pierre Trudeau, hat bereits klar gemacht, dass es mit ihm ein autonomes Québec nicht geben werde. Somit tritt er in die Fußstapfen seines Vaters, der damals darauf bestand, dass ein losgelöstes Québec das letzte sei, was er sich für Kanada und für Québec wünsche.

Ich hoffe, dass euch mein Beitrag gefallen hat und ihr die noch kommenden auch lesenswert findet!

Liebe Grüße

Filiz

PS: Für die frankophonen LeserInnen unter uns, habe ich euch den Link zu einem Artikel beigefügt, den ich für die Campus Zeitung verfasst habe und in dem ich von meinen ersten Erfahrungen berichte 🙂

http://www.lecollectif.ca/le-quebec-cest-correct/

 

 

Herbstspaziergang in Sherbrooke
Yeah, eingeschrieben!
Mein zweites Zuhause 🙂
12190483_10207760436198680_774663661_o
Der Campus in Sherbrooke

12192768_10207766135101149_1014428215_o(1) 12190724_10207766133901119_1568753188_o

12190341_10207766132861093_696370765_o
Quebec City
12204148_10207766131061048_1580866924_o
Das alte Rathaus in Toronto
12190161_10207760435358659_229352948_o
Die Niagara- Fälle!!

12194047_10207766134661138_690457093_o 12204077_10207766129941020_471518572_o 12197597_10207760434638641_707646936_o 12185900_10207760435038651_773010954_o 11984472_10207766130181026_1277456315_o 12190524_10207760434678642_1458539359_o 12192714_10207766131261053_1124403878_o

12190504_10207760436838696_1847882272_o
Halloween feiert man natürlich auch in Québec 🙂
Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Allgemein

„Das Leid der Anderen“ – Erinnerungskulturen in Europa

Akademie Mitteleuropa e.V.
„Das Leid der Anderen“ – Erinnerungskulturen in Europa
vom 22. bis 27. November 2015
in der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“
in Bad Kissingen

Programm

Die Themen Flucht, Vertreibung, Ethnozid sind derzeit in Europa so präsent und aktuell wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor knapp 20 Jahren wurden diese Themenkomplexe wieder relevant. Gegenwärtig ist das bestimmende Thema die massenhafte Ankunft von Kriegs-, Bürgerkriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen in der Europäischen Union. Weltweit sind derzeit um die 60 Millionen Menschen auf der Flucht oder wurden vertrieben. Die westdeutsche Erinnerungskultur und -politik beschäftigte sich vor allem mit dem eigenen Leid, das der gefallenen und versehrten Soldaten, der Witwen und Waisen, der Menschen in den zerstörten Städten, der verlorenen deutschen Ostgebieten, den Millionen deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, der Hungernden und Menschen ohne Obdach. Ab Anfang der 1960er Jahre wurden als Opfergruppe die Widerständler gegen das Naziregime entdeckt und gewürdigt. Mit den Studentenprotesten von 1968 wurden Generationenkonflike um die Schuld und Beteiligung der Elterngenerationen am nationalsozialistischen System hinterfragt. Nicht die Opfer sondern die Täter standen im Fokus. Mit der amerikanischen Spielfilmserie „Holocaust“ rückten ab 1977 die jüdischen Opfer in den Mittelpunkt. Im Historikerstreit 1986 wurde um die Singularität der nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen gestritten und der Vergleichbarkeit der totalitären Systeme. Nach der Wiedervereinigung 1990 stritt man in öffentlichen Diskursen um den Umgang mit der DDR-Vergangenheit. Erst 1996 wurde in Deutschland der Holocaustgedenktag eingerichtet. Danach folgte der Streit um die Berechtigung oder den Standort eines vom Bund der Vertriebenen initiierten „Zentrums gegen Vertreibungen. Schließlich wurde 2009 die Bundesstiftung Flucht Vertreibung Versöhnung gegründet.

Es soll im Seminar den Erinnerungskulturen in Deutschland und den östlichen Nachbarländern, um den Holocaust, Ethnozide und Vertreibungen der Gegenwart, den Umgang mit dem geschichtlichen Erbe der kommunistischen Diktaturen gehen. Es ist das Ziel einer jungen Generation Mitteleuropäer, die nach 1989 geboren und aufgewachsen sind sowie ihre bewusste Prägung nach 1989 erfahren haben, Kenntnisse über die jüngste Zeitgeschichte und über die gegenwärtigen politischen Herausforderungen in Europa zu vermitteln. Prof. Dr. Michael Schwartz: Ethnozide und Vertreibungen im 20. Jahrhundert; Prof. Dr. Isabel Röskau-Rydel: Das Konzentrationslager Auschwitz als multipler Erinnerungsort – Auschwitz in der Erinnerung von Deutschen, Juden und Polen. Dr. Peter Varga: Formen und die Zukunft des Erinnerns in Wissenschaft, Literatur, Film am Beispiel der zweiten und Dritten Generation Deutscher und Juden; Dr. Cristina Spinei: Der schwierige Weg zur Selbstüberwindung: Narrative Erinnerungsbilder und Erinnerungsstrategien an den Holocaust; Dr. Francisca Solomon: Verdrängter und vergessener Holocaust in Rumänien? Historische, dokumentarliterarische und -filmische Wahrnehmungsräume; Dr. Agota Nagy: Erinnerung an eine deutsch-jüdische Symbiose im Spiegel der deutschsprachigen jüdischen Presse vor dem Holocaust; Dr. Renáta Crişan: Erinnerung an die politische und gesellschaftliche Situation der DDR. Der Unterschied von Täter- und Opfergedächtnis; Dr. Szabolcs János: Geschichte und Erinnerung: das Schicksal der Großwardeiner Juden vor und nach dem Zweiten Weltkrieg; Dr. Andrea Banffi-Benedek: Holocaust, Vertreibungen, Flucht, und Vergangenheitsbewältigung in der Bukowina; Dr. Eszter Janos: Narrative der Erinnerung an die Diktatur und an das Exil nach dem Zweiten Weltkrieg in Rumänien; Dr. Franziska Stürmer: Neuverhandlungen jüdischer Identität. Außerdem ist der Besuch der Ausstellung „Jüdisches Leben“ in Bad Kissingen sowie des Jüdischen Museums im Würzburg vorgesehen.

Die Tagung beginnt am Sonntagabend mit dem gemeinsamen Abendessen und ist am Freitag nach dem Frühstück zu Ende. Zielgruppe der Veranstaltung sind Studierende aus Deutschland und Ostmitteleuropa. Die Teilnahme kostet 50 €. Teilnehmenden aus Ostmitteleuropa können Reisekostenzuschüsse gezahlt werden. Der Teilnahmebeitrag beinhaltet Unterkunft, Verpflegung und Programmkosten. Die Tagung wird gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration über das Haus des Deutschen Ostens in München. Bitte melden Sie sich umgehend, spätestens bis zum 15. November 2015 an. Anmeldungen und Anfragen sind unter dem Stichwort: „Erinnerungskulturen“ ab sofort möglich an: Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefon: 0971-714 70, Fax: 0971-714 717, E-Mail: studienleiter@heiligenhof.de.

Sonntag, 22. November

Anreise bis 17. Uhr

18.00 Uhr                   Abendessen

19.00 Uhr                   Begrüßung, Vorstellungsrunde, Einführung in die Seminarthematik

Montag, 23. November

08.00 Uhr                   Frühstück

09.00 Uhr                   Prof. Dr. Michael Schwartz, Berlin: Ethnozide und Vertreibungen im 20. Jahrhundert

12.00 Uhr                   Mittagessen

14.00 Uhr                   Prof. Dr. Isabel Röskau-Rydel, Pädagogische Universität Krakau: Das Konzentrationslager Auschwitz als multipler Erinnerungsort – Auschwitz in der Erinnerung von Deutschen, Juden und Polen

15.30 Uhr                   Kaffee

16.00 Uhr                   Dr. Peter Varga, Budapest: Formen und die Zukunft des Erinnerns in Wissenschaft, Literatur, Film am Beispiel der zweiten und Dritten Generation Deutscher und Juden

18.00 Uhr                   Abendessen

Dienstag, 24. November

08.00 Uhr                   Frühstück

09.00 Uhr                   Dr. Cristina Spinei, Jassy/Iaşi: Der schwierige Weg zur Selbstüberwindung: Narrative Erinnerungsbilder und Erinnerungsstrategien an den Holocaust

11.00 Uhr                   Dr. Francisca Solomon, Jassy/Iaşi: Verdrängter und vergessener Holocaust in Rumänien? Historische, dokumentar-literarische und filmische Wahrnehmungsräume

13.00 Uhr                   Mittagessen

14.00 Uhr                   Dr. Agota Nagy, Großwardein/Oradea/Nagyvarad: Erinnerung an eine deutsch-jüdische Symbiose im Spiegel der deutschsprachigen jüdischen Presse vor dem Holocaust

15.30 Uhr                   Kaffee

16.00 Uhr                   Dr. Renáta Crişan, Großwardein/Oradea/Nagyvarad: Erinnerung an die politische und gesellschaftliche Situation der DDR. Der Unterschied von Täter- und Opfergedächtnis

18.00 Uhr                   Abendessen

Mittwoch, 25. November

08.00 Uhr                   Frühstück

09.00 Uhr                   Dr. Szabolcs János, Großwardein/Oradea/Nagyvarad: Geschichte und Erinnerung: das Schicksal der Großwardeiner Juden vor und nach dem Zweiten Weltkrieg

11.00 Uhr                   Dr. Andrea Banffi-Benedek, Großwardein/Oradea/Nagyvarad: Holocaust, Vertreibungen, Flucht, und Vergangenheitsbewältigung in der Bukowina

13.00 Uhr                   Mittagessen

14.00 Uhr                   Besuch der Ausstellung „Jüdisches Leben“ in Bad Kissingen

18.00 Uhr                   Abendessen

19.00 Uhr                   Dr. Eszter Janos, Großwardein/Oradea/Nagyvarad: Narrative der Erinnerung an die Diktatur und an das Exil nach dem Zweiten Weltkrieg in Rumänien

Donnerstag, 26. November

08.00 Uhr                   Frühstück

08.30 Uhr                   Exkursion nach Würzburg

10.00 Uhr                   Dr. Franziska Stürmer, Lehrstuhl für neuere deutsche Literatur- und Ideengeschichte, Universität Würzburg: Neuverhandlungen jüdischer Identität

12.00 Uhr                   Besuch des Jüdischen Museums

17.00 Uhr                   Rückfahrt nach Bad Kissingen

18.00 Uhr                   Abendessen

Freitag, 27. November

08.00 Uhr                   Frühstück

anschl. Abreise