Bologna

Erasmus-Aufenthalt im dritten Semester an der Alma Mater Studiorum: Università di Bologna

Längere Zeit in Italien leben, ein drittes Universitäts-System kennenlernen und eine weitere Sprache vertiefen -  das war schon lange mein Traum gewesen, der im Wintersemester 2021/22 wahrgeworden ist. Dank der engen Kooperation zwischen Mainz und Dijon ist es möglich, in den deutsch-französischen Masterstudiengängen einen integrierten Drittlandsaufenthalt in Italien zu absolvieren. Der Aufenthalt an der Universität von Bologna (die übrigens mit ihrer Gründung im Jahr 1088 die älteste Universität der westliche Welt ist und als die Beste Italiens gilt)  wird von Erasmus-Mitteln der Universität Mainz gefördert. Die in Bologna belegten Kurse werden von der Université de Bourgogne angerechnet. Im Folgenden möchte ich über meine persönlichen Erfahrungen berichten, die für Interessierte an der Drittlandsoption Italien und für diejenigen, die sich dafür entschieden haben, hilfreich sein könnten.

Voraussetzungen und Sprachkenntnisse

Für die Drittlandsoption Italien sind gute Italienischkenntnisse erwünscht. Allerdings gibt es mittlerweile in Geschichte die Möglichkeit, Kurse der Spezialisierung „Global Cultures“ zu wählen. Hierbei können Studierende aus einem breiten englischsprachigen Studienangebot wählen, so dass ein Aufenthalt auch ohne gute Italienischkenntnisse möglich wäre. Ich selbst habe zwei italienische und einen englischsprachigen Kurs absolviert. Auch andere Studiengänge (wie englische Literaturwissenschaft) können vollständig auf Englisch studiert werden. Innerhalb Bolognas finden sich Studierende aufgrund der international ausgerichteten Universität und der vielen internationalen Angebote ohne Probleme auf Englisch zurecht. Ab einem A2-Niveau (ca. zwei Semester Italienisch an der Uni Mainz) werden am Centro di Ateneo kostenlose Italienischkurse angeboten, die in Dijon im Spezialisierungsmodul angerechnet werden können. Im vierten Semester wird in Dijon ein weiterer Italienischkurs (auf L1, L2 oder L3-Niveau, je nach Stundenplan und persönlichen Sprachkenntnissen) angeboten, um das Modul abzuschließen. Allerdings muss der Sprachkurs nicht absolviert werden und kann durch einen weiteren inhaltlichen Kurs (einen in Bologna und einen in Dijon) ersetzt werden.

Organisatorischer Ablauf

Wie weiter oben bereits erwähnt, wird das Semester durch Erasmus gefördert. Eine finanzielle Förderung durch die Deutsch-Französische Hochschule ist in diesem Zeitraum nicht möglich. Wer an der Drittlandsoption interessiert ist, sollte dies bereits in der Bewerbung angeben oder spätestens beim ersten Treffen mit dem Dijonbüro ansprechen, damit die Planungen frühzeitig beginnen können. Die Ansprechperson hierfür ist momentan Alice Ferraris.

Das Studium ist sehr gut organisiert und es gibt viel Hilfestellung bei der Kurswahl und bei den Erasmus-Vorbereitungen. Der größte Teil des organisatorischen Aufwandes (welche Kurse/Module müssen belegt werden, wie läuft das mit Erasmus, etc.) wird vom Dijonbüro im Laufe des ersten Studienjahres organisiert, unterstützt und begleitet. Im Mai erfolgt die Online-Einschreibung an der Université de Bourgogne, auch wenn man im dritten Mastersemester nicht nach Dijon geht. Um die offizielle Einschreibung kümmert sich Frau Genty im August und im September. Hierfür schicken die Studierenden mit Drittlandsoption ihre Dokumente im August per Post an das Bureau de Mayence.

Im Juli werden die Kurse für das folgende Semester veröffentlicht und diejenigen, die an der  Drittlandsoption interessiert sind, können sich bereits ein Bild darüber machen, welche Kurse interessant sein könnten.  In Italien werden jedes Jahr ähnliche oder die gleichen Kurse angeboten, so dass man sich auch jetzt schon informieren kann, welche Kurse es gibt und was einen interessieren könnte. Mit einer großen Wahrscheinlichkeit werden diese Kurse auch im nächsten Semester angeboten. Von der Université de Bourgogne wurde mir ein Geschichtskurs für das Modul „Interkulturalität und Interdisziplinarität“ vorgegeben und ich habe einen Italienischkurs belegt. Zwei Geschichtskurse durfte ich mir selber aussuchen, was mit Frau Ferraris und Frau Marchenoir in Dijon abgesprochen wurde. Daraufhin wird ein persönlicher Studienplan erstellt, der anzeigt, welcher Kurs in Bologna welchen Kurs in Dijon ersetzt.

Das Erasmus-Stipendium wird von der Universität Mainz ausgezahlt, weshalb die Organisation über das Dijonbüro, das International Office und, in meinem Fall, das Historische Seminar läuft. Auch hierbei wurde ich bei der bei der Organisation unterstützt und alle wichtigen Fristen sind auf der Seite des International Office aufgelistet.

In Bologna angekommen, sollten sich Erasmus-Studierende zeitnah um den Check-in kümmern, der online durchgeführt wird. Die Anmeldung für den Check-In läuft über den persönlichen Uni-Account, der durch die vorherige Anmeldung an der Uni freigeschaltet wurde. Mit der offiziellen Einschreibung kann der Badge, der Studierendenausweis, an verschiedenen Stellen in der Stadt ausgedruckt werden. Außerdem konnte ich meinen Studienplan ausfüllen und mich somit für die Kurse anmelden. Grundsätzlich ist die Universität sehr gut organisiert. Alle wichtigen administrativen Schritte (auch Prüfungsanmeldungen etc.) können online durchgeführt werden und alle wichtigen Informationen rund um den Check-in, den persönlichen online-Account und Erasmus können einfach auf der Seite der Universität unter „Information for incoming students“ nachgelesen werden (s. Link auf der letzten Seite).  Außerdem wichtig: Es ist ratsam, sich so schnell wie möglich (bereits im August, nach der Einschreibung) um die Anmeldung für den Italienischkurs kümmern, da die Plätze begrenzt sind. Hier muss noch in Deutschland online ein Einstufungstest gemacht werden. Das mündliche Gespräch für die Einstufung in den richtigen Kurs findet in der ersten Vorlesungswoche statt. Der Italienischkurs beginnt etwas später, meist in der zweiten oder dritten Woche.

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Das Semester an der Uni Bologna beginnt Mitte/Ende September. Ähnlich wie in Frankreich gibt es eine Woche Ferien, meist in der ersten Novemberwoche. Die Vorlesungen gehen bis Weihnachten. Vor Weihnachten oder im Januar (je nach Kurs) finden die Prüfungen statt. Das Semester ist in zwei Zeiträume (periodi) eingeteilt, vor und nach den Ferien. Manche Kurse finden in beiden Zeiträumen, dafür nur ein oder zweimal pro Woche statt. In Geschichte finden die meisten Kurse entweder im September/Oktober oder im November/ Dezember statt. Dafür sind die meisten Kurse sehr intensiv; sie finden zwei oder dreimal pro Woche statt und haben einen wöchentlichen Umfang von sechs Stunden. Bei der Kurswahl sollte beachtet werden, dass es nicht sinnvoll ist, alle Kurse in den Zeitraum I zu legen oder drei Kurse im Zeitraum II zu machen. Der Italienischkurs geht von Ende September bis Anfang Dezember, also über zwei Zeiträume und findet zweimal pro Woche statt.

Des Weiteren sollte bedacht werden, dass die Masterarbeit schon im dritten Semester vorbereitet werden soll, weshalb in Bologna keine Kurse für 30CP belegt werden. Hierfür müssen sich die Studierenden frühzeitig mit den Verantwortlichen in Dijon auseinandersetzen und Kontakt mit den Dozierenden aufnehmen, die die Masterarbeit betreuen werden. Die Vorbereitung der Masterarbeit im Drittland kann zur Herausforderung werden, da es schwieriger ist, „aus der Ferne“ einen guten Kontakt zu den Dozierenden in Dijon aufzubauen und ggf. ausreichend Literatur zu finden, die für das Thema nützlich ist. Eventuell ist man aus diesem Grund etwas im Rückstand, wenn es im Januar an der Université de Bourgogne losgeht, aber das ist aufzuholen und die Betreuer sind da sehr verständnisvoll.

Der Übergang von Bologna nach Dijon ist fließend – während das Semester in Dijon bereits Mitte Januar wieder beginnt, können die Prüfungen in Bologna je nach Dozierenden und Studienfach noch Anfang oder sogar Mitte Februar stattfinden. Die Teilnahme an den Prüfungen ist online möglich, so dass dies kein Problem darstellt.

Nach der Abreise aus Bologna und der Ankunft in Dijon (In meinem Fall eine Woche nach dem offiziellem Studienstart) sollte sich umgehend um die nötigen Dokumente gekümmert werden: Learning Agreement für Dijon, Check-out in Bologna und das Weitergeben aller wichtigen Dokumente an Frau Marchenoir in Dijon für Bologna und an das International Office in Mainz – die ersten Tage sind eine administrative Herausforderung, aber dafür liegt eine tolle Zeit hinter einem!

Das italienische Uni-System

Das italienische Unisystem kann als eine Mischung zwischen dem deutschen und dem französischen System beschrieben werden.

Der Unterricht wird, ähnlich wie in Frankreich, sehr frontal gestaltet. Diskussionen zwischen Lehrenden und Studierenden finden eher weniger statt. Dafür gibt es, wie in Deutschland, eine freie Kurswahl und die Studierenden können, themenbezogen, das belegen, was sie interessiert.

Ein großer Unterschied zu beiden Ländern ist die Prüfungskultur – mündliche Prüfungen sind eher die Regel als die Ausnahme. Die Prüfungen spiegeln oft nicht das wider, was im Kurs besprochen wurde. Für eine mündliche Prüfung konnte ich mir aus einer Liste drei Bücher auswählen, die ich vorbereiten musste und über deren Inhalt ich befragt wurde. Alternativ hätte ich auch eine Hausarbeit schreiben können.  Für eine andere mündliche Prüfung musste ich eine Hausarbeit im Vorfeld schreiben, über die ich mich mit der Dozentin unterhalten habe. In einem Kurs habe ich auch eine „normale“ Klausur geschrieben, was eher unüblich ist.

Bei der Prüfungsanmeldung ist zu beachten, dass es meist verschiedene appelli d‘esame, also Prüfungstermine, gibt. Anders als in Deutschland und Frankreich gibt es in den meisten Fällen kein festes Datum für eine Prüfung oder eine Abgabe, sondern immer mehrere Möglichkeiten. So hätte ich in einem Kurs statt am 10. Januar auch Anfang März oder April die Prüfung ablegen können oder statt am 8. Februar auch Anfang März, April oder Mai. Für Erasmus-Studierende und vor allem für Studierende des Cursus Integré ist es natürlich wichtig, jede Prüfung am Ersttermin zu absolvieren, damit es nicht zu organisatorischen Schwierigkeiten kommt. Die appelli findet man auf der Website des jeweiligen Dozierenden unter „Didattica“.

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Das Notensystem geht von 0 bis 30; alles unter 18 gilt als nicht bestanden. Anders als in Deutschland, und vor allem in Frankreich, ist eine 30 gut zu schaffen, da die Dozierenden sehr freundlich bewerten, sobald sie merken, dass die Studierenden sich Mühe geben und sich gut vorbereitet haben. Das ist vor allem in mündlichen Prüfungen der Fall, weshalb viele meiner italienischen Freund:innen und Kommiliton:innen große Befürworter mündlicher Prüfungen sind. Sogar eine 30 Lode („mit Auszeichnung“) ist keine Seltenheit. Als Erasmusstudentin hatte ich hier, auch aufgrund der Sprachbarriere, einen noch größeren Vorteil. Die Dozierenden waren immer sehr nett und zuvorkommend, nicht nur in den Prüfungen, sondern auch bei generellen Fragen. Ich empfehle, frühzeitig mit dem Lernen anzufangen, da man das Lektürepensum in einer Fremdsprache doch schnell unterschätzt und in dieser Form aus Deutschland nicht kennt.

In Italien herrscht grundsätzlich keine Anwesenheitspflicht, Studierende können sogar Kurse als „non-attending student“ belegen – müssen dafür aber mehr Aufwand in die Prüfung investieren, zum Beispiel ein Buch mehr lesen. Das empfehle ich persönlich nicht. „Attending students“ sollten in 70% der Kurse anwesend sein. Grundsätzlich ist die Teilnahme aufgrund der andauernden Pandemie in allen Kursen sowohl in Präsenz als auch online möglich.

Anders als in Mainz und Dijon gibt es in Bologna keinen Campus. Die verschiedenen Gebäude und Bibliotheken sind über den Stadtkern verteilt und die Wahrscheinlichkeit, in mehreren Gebäuden Unterricht zu haben, ist relativ groß.

Bologna

Last but not least – ein paar Zeilen über diese wunderschöne Stadt, die jeden sofort in ihren Bann zieht. Bunte Häuser machen die Stadt besonders und  mit den berühmten, von der UNESCO zum Welterbe aufgenommenen portici, die sich ca. 50 km durch die ganze Stadt erstrecken, kann der Regen einem nicht viel anhaben. Viele Sehenswürdigkeiten, schöne Kirchen und Museen, ein wunderschönes Umland, leckeres Essen, die Kaffee- und Aperitifkultur, die auch bei kälteren Temperaturen draußen gepflegt wird … Die Liste könnte ich noch lange weiterführen, man muss es selbst erleben! Hinzu kommt die sehr lebendige und offene Atmosphäre, auch durch die jährlich circa 2000-3000 internationalen Studierenden. Das macht es sehr einfach, schnell Anschluss zu finden. Tipp: Sich am Centro di Ateneo für das Tandemprogramm anmelden. Das ist eine gute Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und die Sprachkenntnisse zu verbessern.

Durch die zentrale Lage in der Emilia-Romagna sind andere Städte wie Verona, Florenz und Mailand oder der Strand in Rimini schnell mit dem Zug zu erreichen. Das Erasmus Student Network (ESN) sowie die International Community  (IC)  bieten neben (Sport-) Aktivitäten in Bologna auch Ausflüge zu den bekanntesten italienischen Städten wie Turin, Rom oder Neapel an.

Wohnen

Ich kann nur raten, sich frühzeitig um ein Zimmer bemühen, da der Wohnraum knapp ist. Ich hatte glücklicherweise relativ schnell etwas gefunden. Erste Anlaufstellen können Facebookgruppen sein oder Seiten wie subito.it und idealista.it. Ich habe auch einige Studierende kennengelernt, die in einem AirBnB gewohnt haben und für die Zeit in Bologna alle zwei Monate das Zimmer gewechselt haben. Auch das ist eine Möglichkeit. Achtung: In Italien ist es nicht unüblich, in einer stanza doppia, einem Doppelzimmer, zu wohnen. Wenn man das nicht möchte, sollte darauf bei der Wohnungssuche explizit geachtet werden, damit es zu keinen „bösen Überraschungen“ kommt. Die Preise für ein Zimmer variieren stark – meiner Erfahrung nach und je nach Glück zwischen 350€ und 700€.

Wichtige Links

Universität Bologna – Information for Incoming Exchange Students

Seite des Centro Linguistico di Ateneo für den Italienischsprachkurs

IC und ESN Bologna (auch auf Instagram aktiv)

Fazit

Ja, es ist ein organisatorischer Mehraufwand, in einem dritten Land zu studieren – aber es lohnt sich! Natürlich sind mehr Absprachen nötig und mehr Fristen und Dokumente müssen beachtet und eingereicht werden. Besonders der Übergang zwischen Bologna und Dijon kann anstrengend sein. Durch die gute Kooperation zwischen Mainz und Dijon und die gute Betreuung ist es aber sehr gut machbar und der Mehrwert ist sehr viel größer. Vielen Dank an der Stelle an all diejenigen, die das möglich machen!

Ich möchte die Zeit in Bologna auf gar keinen Fall missen. Ich habe neue Freundschaften geschlossen, meine Sprachkenntnisse verbessert, in einer der für mich schönsten Städte der Welt gewohnt und ein drittes Universitätssystem kennengelernt. Gerade, weil ich im Bachelor schon ein Jahr in Frankreich gewesen bin, war es interessant und sehr bereichernd, noch einmal ein anderes europäisches Studiensystem zu erleben. Ich kann einen Drittlandsaufenthalt in Bologna nur wärmstens empfehlen!

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Bologna

Den Zauber von Erasmus erleben

"Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten". Ja, es mag etwas abgedroschen klingen, den Blog zu einem Auslandssemester gleich mit den diesen bekannten Worten Hermann Hesses zu beginnen. Aber es ist tatsächlich sein Gedicht "Stufen", an das ich seit meiner Ankunft in Bologna dauernd denken muss.

Vor etwa einem Jahr habe ich mich dazu entschieden, internationale Erfahrungen in meinem Studium zu sammeln und ein Auslandssemester in Italien zu beginnen. Vor ein paar Wochen erst habe ich mein Grant Agreement unterschrieben, den Erasmus-Vertrag und damit mein Vorhaben verbindlich gemacht. Und vor vier Tage kam ich dann in Bologna, der Hauptstadt meiner Lieblingsregion Italiens, der Emilia Romagna, an. Heiter Raum und Raum durchschreiten: Check. Trotz Heiterkeit: So richtig glauben konnte ich bei der Abfahrt noch nicht, dass ich wirklich für längere Zeit weg sein werde. Ich reise gerne, liebe es, andere Kulturen und Geschichten kennenzulernen, neue Sprachen zu sprechen und Menschen zu treffen.

Und doch sind da Zweifel...

Bologna aber ist anders. Weil es eben nicht „nur" eine zweiwöchige Reise ist oder ein Wochenendtrip. Bologna ist für mich mehr: 5 Monate. Ein fremdes Land. Eine fremde Sprache. Eine fremde Geschichte und eine fremde Uni. Aufregend, aber eben auch angsteinflößend – spätestens nach meiner Unterschrift auf dem Grant Agreement schwirrten diese Gedanken ständig in meinem Kopf herum. Hatte ich mir das wirklich gut überlegt oder mich überstürzt für einen der Restplätze beworben? Und selbst wenn ich an keinem Ort wie an einer Heimat hängen soll, brauche ich wirklich diesen Neuanfang? Wäre ich vielleicht nicht doch besser in Mainz geblieben, zuhause im gewohnten Umfeld? Während mich diese Zweifel auf der etwa zehnstündigen Fahrt nach Bologna noch immer etwas quälten, kann ich nur wenige Tage später darüber lachen.

Schließlich wusste auch Hesse weiter: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben". Und ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr Bologna mich verzaubert hat. Es sind die kleinen Gassen und die alten Bogengänge, die sich durch die Stadt ziehen, die matten, warmen Verputzfarben an den Gebäuden, die antiken Bauwerke, die vielen Kirchen. Es ist die Melodie der italienischen Sprache und natürlich auch der Duft von Pizza und Pasta in den Straßen.

Ein Blick, der verzaubert: Aussicht vom Torre degli Asinelli, einem der Wahrzeichen von Bologna, etwa 100 Meter über der Stadt. (Foto: Janine Arendt)

Bologna ist die siebtgrößte Stadt Italiens und Namensgeber des auch Mainzer Studenten wohl gut bekannten Bologna-Prozesses zur Reformierung und Vereinheitlichung des Europäischen Hochschulraums. Bologna ist aber auch eine sehr lebhafte Stadt. Etwa ein Viertel der fast 400 000 Einwohner sind Studenten, viele kommen - genau wie ich - aus dem Ausland.

Ein Auslandssemester bedeutet Gemeinschaft

So ist es nicht nur die Stadt, sind es nicht nur die kulturellen Besonderheiten oder die kulinarischen Highlights, die mich begeistern. Es ist ganz allgemein der Zauber von Erasmus, der mich immer noch mit einem breiten Grinsen durch die Stadt laufen lässt. Es sind die vielen Möglichkeiten, abwechslungsreiche Kurse an der Uni zu besuchen, auf die ich mich jetzt freuen darf, neue Blickwinkel kennenzulernen und Gleichgesinnte zu treffen. Reisen zu unternehmen, Kulturen kennenzulernen und das alles gemeinsam zu feiern.

Bei mir dauerte es keine 5 Minuten bis ich im Büro für Exchange Students die ersten Kontakte knüpfen konnte. Ich hatte gerade eine Nummer gezogen, um meine Anreisebestätigung unterschreiben zu lassen und mir die ersten Infos über meine neue Uni abzuholen, als mich eine Australierin ansprach: „Hi! Are you an exchange student as well?". Wir studieren beide am selben Lehrstuhl „Lettere e Beni Culturali" und für uns beide ist es das erste Auslandssemester. Beide voller Vorfreude und beide völlig aufgeregt. Seitdem haben wir gemeinsam an der Einführungsveranstaltung teilgenommen, uns mit anderen Studenten verabredet, Kontakte geknüpft und – was in Italien ganz wichtig ist – caffè getrunken. Es ist wahr: Ein Auslandssemester bedeutet Gemeinschaft. Und das wohl von Anfang an.

Arkaden an der Piazza Santo Stefano: Viele Wege in Bologna stehen mir offen. (Foto: Janine Arendt)

Natürlich heißt der Zauber von Erasmus auch Herausforderungen anzunehmen, aus schlechten wie aus guten Erfahrungen zu lernen und das Beste daraus zu machen. Für mich spielt das gerade in meinem Wohnheim eine Rolle oder wenn ich noch von sprachlichen Schwierigkeiten konfrontiert werde. Aber auch diese Wege will ich gehen und die Erfahrungen werde ich hier irgendwie gerne machen und in diesem Blog darüber berichten.

Meine Kurse an der Uni beginnen erst in ein paar Tagen. Solange habe ich noch Zeit, mich etwas mehr von der Stadt verzaubern zu lassen, Pizza und Pasta zu essen, meine Lieblingsplätze im schönen Bologna auszumachen und mich in der neuen Umgebung einzuleben. Ich freue mich auf alle neuen Eindrücke und hoffe, dass der Zauber von Erasmus noch lange anhalten wird!

Janine Arendt