Das Dekanat des FB 07 hat einen Studierendenwettbewerb ausgeschrieben:
Hier der Wortlaut der Ausschreibung:
Liebe Studierendenschaft des FB 07,
das digitale Sommersemester 2020 geht zu Ende. Für das Dekanat ist dies Anlass, mit Ihnen auf die Monate März bis Juli 2020 zurückzuschauen, in denen das Jahr einen für uns völlig unerwarteten Verlauf genommen hat. Erinnern Sie sich noch an die Schlagzeilen am Jahresanfang? Die bedrückenden Bilder von den Waldbränden in Australien? Der Versuch des Trump-Impeachment? Der
Anschlag in Hanau, bei dem neun Mitbürger ermordet wurden? Und nun ja, wir machten zu dieser
Zeit an der JGU noch, was man halt so macht an einer Universität: Lehrveranstaltungen, Gastvorträge, Prüfungsvorbereitungen, Fachschaftsabende, Referate schreiben und korrigieren, Gruppenarbeit, Sprechstunden, Bibliotheksbesuche, Essen in der Mensa, Workshops, Gremienarbeit usw., und freuten uns – wie immer – auch schon ein wenig auf die vorlesungs-, aber keineswegs universitätsfreie Zeit mit Prüfungsabschlüssen, Exkursionen, Grabungen, Hausarbeiten, Forschungsprojekten, Recherchen in Archiven und Bibliotheken usw. Schon damals mischten sich in das mediale Rauschen erste Bilder aus dem fernen China, wo ein Virus namens Covid-19 die Stadt Wuhan in den kompletten Stillstand gezwungen hatte. Im Februar und März ging dann eigentlich alles sehr schnell: der erste europäische Infektionsherd im italienischen Städtchen Codogno, Ausweitung auf Bergamo, Erklärung der Lombardei zur zona rossa ... Absage der Prüfungen an der JGU am 17. März, am 24. März ging schließlich – wie ganz Deutschland – auch unsere Universität in den Notbetrieb.
Und da waren wir plötzlich alle – Studierende, wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal – im ‚Homeoffice.‘ Anders als der deutsche Begriff ‚Heimarbeit‘ hört sich ‚Homeoffice irgendwie noch schick und urban an. Dann wurde das erste digitale Semester überhaupt ausgerufen, das verspätet am 20. April begann.
Wir alle – Sie, die Studierenden, wir, das Universitätspersonal – sind Zeitzeugen der Pandemie 2020 geworden, die die Universitäten praktisch auf der ganzen Welt zu “Lehre auf Distanz” gezwungen
hat. Der italienische Terminus “insegnamento a distanza” bringt den Sachverhalt nämlich viel besser zum Ausdruck als “digitale Lehre.” Und ja, es lief besser als erwartet. Aber wir wissen doch alle: Diese Formulierung drückt ein Erstaunen aus, dass man das doch irgendwie wider Erwarten hinbekommen hat, bedeutet aber nicht, dass es rundum gut war. Vielmehr war es eigentlich wie immer: Es gab gute und schlechte Seiten, man machte ungewohnte Erfahrungen, darunter manche, auf die man gerne hätte verzichten können, denn die Umstellung von Präsenzlehre auf digitale Lehre von einem Tag auf den anderen war nicht nur die Chance, sich tapfer dem Digitalitätsdefizit an deutschen Bildungsinstitutionen zu stellen, sondern auch – das sollte man nicht unterschlagen – eine enorme Belastung für Körper und Seele.
Insbesondere die Erstsemester wurden um all das gebracht, was die Universität und ihr Flair ausmacht, um das gemeinsame Lernen und Lehren, den Kontakt zu den Commilitones und nicht zuletzt um den Beginn eines neuen Lebensabschnitts, der zumeist auch mit einem Ortswechsel verbunden ist. Auch diejenigen, die in diesem Semester die Abschlussprüfungen absolvierten, mussten ihre Masterarbeiten unter sehr eingeschränkten Bedingungen schreiben und konnten sich auch nicht würdig von ihrer Alma Mater verabschieden oder von uns verabschiedet werden.
Auf der Habenseite ist sicher zu verbuchen, dass wir uns selbst und die anderen alle einmal zwangsläufig von einer anderen Seite kennengelernt haben und wir unser gewohntes Tun an der Universität (und auch sonst) aus einer anderen, ungewohnten Perspektive betrachten mussten. Vielleicht hat die Situation Ihnen, den Studierenden, einen heilsamen kritischen Blick auf das eigene Studium und dessen Konstellationen eröffnet; die Dozierenden hingegen haben durch die Unterbrechung der Routine einen Raum für Reflexion darüber gewonnen, wie unsere komplexen Inhalte noch besser vermittelt werden können und möglicherweise auch an Elementen digitalen Unterrichts Geschmack gefunden.
Dass alles so einigermaßen funktioniert hat, liegt daran, dass die Studierenden und die Lehrenden an einer Universität ein gemeinsames Projekt des Lehrens, Lernens und Forschens verfolgen, auch wenn das manchmal vor lauter Berufsorientierung des heutigen Studiums in den Hintergrund rückt. Ohne diese gemeinsam ‚dritte Sache‘ wäre es nicht “besser als erwartet” gelaufen.
Diese Pandemie hat die Universitäten stark und nachhaltig getroffen, weil sie allein wegen des hohen täglichen Personenaufkommens (bei der JGU rund 35 000 Menschen) die prädestinierten ‚Hotspots‘ sind. Das war vielleicht in den Medien nicht so berichtenswert wie die Auswirkungen in anderen Bereichen, aber wer, wenn nicht wir, hat Ressourcen mit solchen Herausforderungen umzugehen?
Nun kommt eine weitere Aufgabe auf uns zu, nämlich sich in der aktuellen Phase damit abzufinden, dass fast das ganze öffentliche Leben zur ‚Normalität‘ (falls es diese wirklich geben kann) zurückkehrt, wir aber mit größter Wahrscheinlichkeit auch im WS 20/21 noch nicht zu einem Normalbetrieb zurückkehren werden. Das ist nicht einfach, aber eigentlich doch: Gerade wir an den Universitäten wissen ja, dass die Wissenschaft täglich etwas Neues über Covid-19 lernt, ... und wir müssen nun einfach noch etwas Geduld haben. Mit Sicherheit wird uns die Pandemie noch eine ganze Weile begleiten, aber wir werden mit ebensolcher Sicherheit uns in kleinen Schritten einem für alle lebbaren Universitätsalltag nähern. Auch das kommende Semester wird ein Experiment sein, nämlich ein “Hybridsemester” aus viel Lehre auf Distanz und wenig Lehre in Präsenz, das wir alle diesmal mit Planung und Kreativität angehen werden, um besonders für die Studienanfängerinnen und Studierenden vor dem Abschluss einen persönlichen Kontakt wenigstens in eingeschränkter, improvisierter Form wieder zu ermöglichen.
Gehen Sie bitte davon aus, dass wir für Ihre erschwerte Studiensituation Verständnis haben und wir
Ihnen, wo immer nötig, mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Gerne würden wir mehr über ihre Erfahrungen hören, etwa wie Sie die Lehr- und Prüfungssituationen erlebt haben, wie sich Ihre Probleme mit der Technologie gestalteten, wo Sie Verbesserungsmöglichkeiten sehen oder welche Ideen Sie haben, wie man die Lehre auf Distanz oder Halbdistanz als fruchtbare Präsenz besonderer Natur gestalten kann.
Denn wir alle – die Studierenden und Lehrenden des FB 07 für Geschichts- und Kulturwissenschaften – haben gerade wichtige Erfahrungen gesammelt, die wir produktiv für eine bessere Gestaltung unserer Zukunft nutzen wollen und müssen. Denn diese Pandemie fordert in der Tat eine ganz besondere Form von ‚Geschichtsschreibung‘ ein.
Damit sollten wir jetzt schon anfangen, und zwar in Form einer eigens dafür eingerichteten Homepage, auf der wir Ihre Impressionen und Erfahrungsberichte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Schriftliche Beiträge, Podcasts, Videos, und künstlerische Umsetzungen, Gruppen und Einzelbeiträge, die das studentische Leben und die Lehre auf Distanz dokumentieren, sind gleichermaßen willkommen. Bitte schicken Sie Ihre Beiträge bis zum 15. Oktober 2020 an gupte@uni-mainz.de.
Wir werden sie einerseits laufend auf unserer Homepage publizieren, andererseits die schönsten Beiträge auf der nächsten Zeugnisfeier vorstellen und Ihren Einsatz honorieren.
Für den Wettbewerb hat der Fachbereich folgende Preise ausgelobt:
1. Preis: 1 x 750 €
2. Preis: 2 x 500 €
3. Preis: 2 x 250 €
Wir freuen uns auf Ihre Beiträge! Bleiben Sie gesund, bleiben sie motiviert!
Es grüßt Sie die Dekanatsleitung des FB 07.