Interdisziplinäre deutsch-polnische Sommerakademie 2021

Das Deutsche Polen-Institut lädt vom 25. bis 28. August 2021 zu einer interdisziplinären Sommerakademie nach Darmstadt ein.

Die Akademie bietet Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die Möglichkeit, ihre aktuellen Forschungsprojekte (Abschlussarbeiten, Dissertationen, Post-Doc-Forschung) zu präsentieren und miteinander und mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten zu diskutieren. Die eingeladenen Dozierenden bieten zwei Methoden-Seminare an.

  • Prof. Dr. Magdalena Marszalek: Gespräch/Interview in literarischem Dokumentarismus und oral history (Literatur- und Kulturwissenschaften)
  • Prof. Dr. Stefan Garsztecki: Geschichtspolitik und kollektives Gedächtnis in Polen (Politikwissenschaft)

Hauptarbeitssprache ist Deutsch, nach Absprache kann auch auf Polnisch oder Englisch präsentiert werden. Während der Sommerakademie gibt es die Gelegenheit zu Recherchen in den umfangreichen Bibliotheks- und Archivbeständen des Deutschen Polen-Instituts. Das Rahmenprogramm, in dem Kultur und informeller Austausch im Mittelpunkt stehen sollen, greift thematische Anregungen der Sommerakademie auf.

Bewerbung bis zum 13.7.2021 unter www.sommerakademie-polen.de.

Änderungen des Programms aufgrund der Corona-Pandemie vorbehalten. Die Sommerakademie wird von der Sanddorf-Stiftung Regensburg gefördert (endgültige Zusage ausstehend).

Akademischer Auslandsaufenthalt an der Keele University in Großbritannien

Man bekommt einen Brief (in meinem Fall eine E-Mail), packt seine Koffer und darf dann in einem alten britischen Schloss studieren. Was sich hier nach dem Anfang einer Harry Potter ähnlichen Beschreibung anhört, wurde für mich im Wintersemester 2019/2020 und Sommersemester 2020 an der britischen Keele University Realität.

Durch meinen Einstieg über die Restplatzvergabe ins Erasmus-Programm beschränkte sich meine Anmelde- und Vorbereitungsphase auf ein Minimum - Auszug aus meiner Wohngemeinschaft, ein paar notwendige Formalitäten, die Beantragung eines Reisepasses (dieser wurde von der Universität trotz des Schengener Abkommens zusätzlich gefordert) sowie das Packen meiner Koffer.

Der Arbeitsbereich Global Opportunities der Keele University (vergleichbar mit der Abteilung Internationales an der JGU) nahm nach kurzer Zeit Kontakt zu mir auf und informierte mich u.a. über eine Facebook Gruppe zur formlosen Kommunikation und zum schnellen Austausch zwischen den Incoming-Students.

TIPP: Facebook ist in Großbritannien im Vergleich zu Deutschland eine deutlich wichtigere Kommunikationsplattform, ohne die man Gefahr läuft, weniger mitzubekommen. Arbeits- und Wohnheimgruppen, Societies sowie Clubs nutzen Facebook als Hauptkommunikationsplattform. Viele haben WhatsApp nutzen es allerdings wenig. Andere Messenger-Dienste spielten in meinem Umfeld keine Rolle. Wenn man keine entsprechende Flatrate besitzt, sollte man sich frühzeitig um eine britische SIM-Karte kümmern, um Kosten zu sparen. Darüber hinaus wird der Besitz einer britischen Telefonnummer unumgänglich, wenn man beispielsweise beim Friseur seine Telefonnummer in der elektronischen Kundenakte hinterlegen möchte oder die online Bestellfunktion eines Lieferdienstes nutzen will.

Der weitere Austausch mit der Abteilung Global Opportunities der Keele University beschränkte sich auf wenige Mails, die mich u.a. herzlich willkommen hießen, ggf. über nachzureichende Dokumente und das folgende Vorgehen informierten.

Der Austausch mit der Abteilung, aber auch allen Dozierenden war für mich überraschend formlos. Während an der JGU eine formale Kommunikation via E-Mail gefordert wird, wird man in Großbritannien mit Vornamen angeschrieben und duzt auch seine Dozierenden. Allgemein pflegt man einen sehr freundschaftlichen und ebenwürdigen Umgang.

Von Frankfurt intl. Airport über Manchester Airport nach Keele

Einige Wochen vor meinem Ryanair Flug von Frankfurt a.M. nach Manchester nahm eine kleine Gruppe britischer Studierender Kontakt zu mir auf, die unentgeltliche Busfahrten von umliegenden Flughäfen nach Keele organisierten. Dazu benötigten sie die Flugnummer, den Namen des Zielflughafens und die geplante Landezeit meines Flugs (Datum der Ankunft wurde frühzeitig vorgegeben).

TIPP: Vom Gedanken an eine emissionsärmere Reise mit der Bahn musste ich aus logistischen und finanziellen Gründen leider Abschied nehmen. Die Bahnfahrt wäre mit häufigem Umsteigen mit viel Gepäck, der Angst den Anschlusszug zu verpassen und sehr hohen Preisen verbunden gewesen. Um zusätzliche Kosten bei Ryanair zu sparen und die unterschiedlichsten Rabatte auch über den Auslandsaufenthalt hinaus nutzen zu können, lohnt sich evtl. der Erwerb einer Erasmus-Student-Network-Karte (siehe dazu: https://esncard.org). Diese ist beispielsweise an der Goethe Universität in Frankfurt a.M. erhältlich. Ich habe sie mir in England von der Leeds University per Post zuschicken lassen. Der Nutzen der Karte hängt von der individuellen Reiseplanung ab.

Am Flughafen in Manchester musste ich mich zunächst etwas durchfragen, um den Sammelpunkt des Abholteams zu finden, konnte diesen allerdings Dank gut informierter Sicherheitskräfte schnell finden. Anschließend gab es die Möglichkeit das Gepäck beaufsichtigt am Sammelpunkt abzustellen und während einer kurzen Wartezeit mit anderen Incoming-Students ins Gespräch zu kommen oder sich etwas zu essen zu kaufen.

An diesem Zeitpunkt hatte ich noch etwas Scheu mich auf Englisch mit anderen Studierenden zu unterhalten, was vor allem mit der irrationalen Angst nicht gut genug Englisch sprechen zu können bzw. peinliche Fehler zu machen zu begründen ist. Daher unterhielt ich mich zunächst nur mit einer deutschen Studentin, die ich durch meine Fachkoordinatorin im Fach Geschichte kennengelernt hatte. Diese informierte mich zuvor darüber, dass ich nicht der einzige Geschichtsstudierende sei, der nach Keele ginge, sodass wir uns bereits vor dem Auslandsaufenthalt einmal getroffen hatten, um uns gegenseitig die Angst vor dem bevorstehenden Abenteuer zu nehmen, indem wir unsere Fragen klärten und uns von unseren bisherigen Vorbereitungen erzählten.

Bezüglich der Angst Englisch zu sprechen, kann ich nur festhalten, dass sie absolut unbegründet war. Zum einen habe ich feststellen dürfen, dass es noch andere Studierende gab, deren englisch schlechter war als meines. Dies ist zwar nur ein schwacher Trost, jedoch hat es mir persönlich am Anfang geholfen dies zu bemerken. Zum anderen wurde man von den britischen Studierenden meist mit Komplimenten überhäuft, wie gut man ihre Muttersprache beherrsche, auch wenn dies aus subjektiver Sicht anders war. Es sorgte aber dafür, dass ich weniger Scheu hatte englisch zu sprechen und bereit war auch Fehler in Kauf zu nehmen. Im akademischen Kontext durfte ich ebenfalls immer wieder feststellen, dass viele Dozierende mich freundlich und ohne vorzuführen korrigierten bis ich mit der Zeit immer selbstsicherer wurde und sich ein Sprachgefühl entwickelte.

TIPP: Der verpflichtende Erasmus-eigene Online-Sprachtest findet an der Keele University keine Beachtung. Stattdessen gibt es in der ersten Woche (vor offiziellem Semesterbeginn) eine kurze Sprachprüfung, welche aus einer Hörverstehens- und einer Leseverstehensübung zusammengesetzt war, um zu prüfen, ob man einem Seminar oder einer Vorlesung tatsächlich inhaltlich folgen kann. Sollte man durchfallen besteht das Angebot einfachere Kurse zu belegen und einen zusätzlichen Englischkurs für internationale Studierende zu besuchen. Dieser ist auch freiwillig wählbar, ist aber dann durch einen anderen Kurs zu ersetzten. Ich hatte den Test zwar problemlos bestanden, wollte das Angebot jedoch trotzdem in Anspruch nehmen. Rückblickend hätte ich es nicht benötigt, sehe es aber auch nicht als Zeitverschwendung. Neben einem akademischen Wortschatz lernt man in dem Kurs den Aufbau eines Essays sowie Referate gemäß den universitätseigenen Vorstellungen. Wenn man dies nicht in Anspruch nehmen möchte, kann man auch Dozierende um die Erläuterung der lokalen Formalitäten bitten oder das fächerspezifische Handbuch auf dem Server der Universität KLE (vergleichbar mit LMS an der JGU) nutzen. Sollte man darüber hinaus noch Änderungen oder Fragen zu seiner Kurswahl haben, so findet kurz nach Ankunft in Keele eine verpflichtende Veranstaltung statt, bei der man solche Anliegen ansprechen kann.

Wohnen an der Keele University

Neben der Option sich privat eine Wohnmöglichkeit zu organisieren, bestand die Möglichkeit sich für die Wohnheime auf dem Campus der Universität zu bewerben. Erasmusstudierenden wird, anders als den britischen Studierenden unabhängig vom Fachsemester ein vorrangiges Recht auf Wohnheimzimmer eingeräumt. Dazu sei allerdings angemerkt, dass die Wohnheime auf dem Campus vergleichbar mit den Wohnheimen in Mainz deutlich teurer sind als private Zimmer. Die Vorteile eines Wohnheimzimmers bestehen vor allem darin, dass das gesamte Unileben auf dem Campus stattfindet, man sich die stressige Wohnungssuche spart, kurze Wege zu allen Veranstaltungen hat und direkt mit anderen Studierenden im Wohnheim in Kontakt kommt und so eine kleine Gemeinschaft bildet. Darüber hinaus ist die nächstgelegene Stadt (Newcastle under Lyme, nicht zu verwechseln mit der Partymetropole Newcastle upon tyne) einige Kilometer entfernt und da es kein Studiticket gibt, müssen Fahrtkosten zur Universität selbst getragen werden.

TIPP: Uber ist in Großbritannien deutlich günstiger, flächendeckender vertreten und allgemein attraktiver als in Deutschland. Kurzum ist es häufig die beste Wahl, wenn man nicht auf öffentliche Verkehrsmittel setzen kann oder will. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass eine Kreditkarte in Großbritannien von großem Nutzen ist. Sie ist nicht nur, als Zahlungsmittel für Verkehrsmittel üblich, sondern auch die kleine Bäckerei auf der Ecke akzeptiert Kreditkarten. Einige Dienstleistungen können nur mit Kreditkarte in Anspruch genommen werden. Barzahlungen sind eher die Ausnahme als die Regel.

Rundumfoto meines Wohnheim Zimmers mit eigenem Waschbecken im Wohnheim Lindsay Hall. Gemeinschaftstoiletten, -duschen und Küche befanden sich auf dem Flur.

 

Unterricht

Die Unterrichtsgestaltung in Keele unterscheidet sich in vielen Punkten von der JGU. Zum einen sind alle Unterrichtsformate (ausgenommen Vorlesungen) in deutlich kleineren Gruppen organisiert und man profitiert somit vor allem von der studentischen Fachdiskussion, die meist auf Grundlage von Hausaufgaben stattfand. Dies bedeutete folgerichtig auch einen zusätzlichen Vor- und Nachbereitsungsaufwand, der neben mehreren kleineren Abgaben während des Semesters eine ungewohnte Routine darstellte.

Diese Herausforderung wurde durch die Hilfsbereitschaft meiner internationalen und nationalen Kommiliton*innen erheblich erleichtert.

TIPP: Leider gibt es an der Keele University kein TextCafe, wie an der JGU. Sodass mir die sprachliche Kontrolle von befreundeten Muttersprachler*innen vor der Abgabe zusätzliche Sicherheit gab. Da alle Prüfungsleistungen anonym eingereicht werden, können und dürfen die Dozierenden Nicht-Muttersprachler*innen nicht gesondert benoten. Die Benotung von geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern wird im Bachelorstudiengang, anders als in Naturwissenschaften in Keele im besten Fall mit 75 von 100 Punkten benotet. Über 75 Punkte seien, so die Leiterin der Abteilung Global Opportunities, auch für nationale Studierende sehr unüblich, was Incoming-Students zunächst abschreckt, aber bei der Anrechnung in Deutschland berücksichtigt werden kann.

Zudem hatte die universitätseigene Bibliothek rund um die Uhr geöffnet und bot eine angenehme Arbeitsatmosphäre, die zu nächtlichen Lerneinheiten einlud und in meiner Freundesgruppe vor Ort wurden diese in der Prüfungsphase als gemeinsame Lerneinheiten zelebriert.

Die anfängliche Illusion in einem Schloss zu studieren muss ich an dieser Stelle leider zerstören. Unterrichte finden ausschließlich in moderneren Gebäuden auf dem Campus statt. Keele Hall (so heißt das Schloss auf dem Campus) ist ein Veranstaltungsort, der von Studierenden überwiegend für schöne Fotos genutzt wird. Allgemein besteht die Ortschaft Keele neben ein paar wenigen Wohnhäusern und einem Pub ausschließlich aus zur Universität gehörenden Gebäuden, Sportanlagen und Grünflächen.

 

Kulturelles und sportliches Angebot an der Universität

An der Keele University sind Societies und Clubs ein zentraler Bestandteil des sozialen Miteinanders und dieses sollte unbedingt wahrgenommen werden. Dafür gibt es für jede Interessegruppe entsprechende Gemeinschaften, die man zuvor online recherchieren oder alternativ auf einer Messe zum Beginn des Wintersemesters kennenlernen kann (da alle nationalen Studierenden in Großbritannien zum Wintersemester anfangen, findet diese Messe nicht im Sommersemester statt). Gerade Sportclubs sind allerdings meist mit Kosten verbunden, die unterschiedlich hoch ausfallen können. Für internationale Studierende, die nur ein Semester in Keele bleiben, gibt es eine ermäßigte Gebühr.

Der zentrale Vorteil an diesem Angebot ist die Aufnahme in eine soziale Interessensgemeinschaft an der Universität, die sich regelmäßig trifft und die Entstehung von langfristigen Freundschaften unterstützt. Diese Gemeinschaften sind vergleichbar mit jenen, die man aus amerikanischen Highschool Filmen kennt.

Ich wollte einen typisch britischen Sport ausprobieren und entschied mich daher für Rugby. Der Sport hatte mich so nachhaltig begeistert, dass ich nach meiner Heimkehr in Mainz in einen Rugby Club eintrat.

 

Außeruniversitäre Auslandserfahrung

Neben den Möglichkeiten, die mir an der Universität geboten wurden, war es mir ein Anliegen auch in Kontakt mit Menschen zu kommen, die in keinem direkten Kontakt mit der Universität standen. Da die britischen Studierenden in meinem Umfeld primär mit anderen Studiereden zu tun hatten, suchte ich durch Rugby diesen Zugang, der mir in der Retrospektive als hervorragende Entscheidung in Erinnerung blieb.

Mit dem regionalen Rugby Verein in Newcastle under Lyme bereiste ich jeden Samstag England. Diese Spieltage wurden zu überregionalen Roadtrips mit interessanten Menschen, die mir vor allem die britische Kultur nochmal auf eine andere Weise näher brachten.

Darüber hinaus besuchte ich mit meinem internationalen Freundeskreis unter anderem die Touristenhochburgen London und Edinburgh, für ein Konzert die Universität in Manchester, für einen Museumsbesuch Birmingham und zum Wandern den „Snowdonia National Park“ in Wales, der uns als Ausflugsziel ausdrücklich von einem Dozenten empfohlen wurde.

In einem ergänzenden unbenoteten Seminar für internationale Studierende mit dem Titel „British Culture“ wurden uns von der sehr engagierten Dozentin auf humorvolle Weise Eigenheiten der britischen Gesellschaft nähergebracht. Ohne dem Inhalt etwas vorweg greifen zu wollen, kann ich die Belegung dieses freiwilligen Moduls nur wärmstens empfehlen (in meinem Beifach Philosophie konnte ich die Belegung für Studium Generale anrechnen lassen).

 

Die Ankunft von Covid-19 in Keele und unserer Wahrnehmung

Das schnell mediendominierende Virus Covid-19 beeinflusste unseren Alltag zunächst eher schleppend. Da es sich bei der Keele University um eine eher kleine Universität mit fast schon familiärem Charakter handelte und alle Studierenden in Facebook-Gruppen organisiert waren, wurden wir erstmals durch die Diskussionen in diesen Gruppen auf die Ernsthaftigkeit des Virus aufmerksam. Während die meisten Studierenden schnell die Schließung der Universität zum Schutz Aller forderten, ließ die Reaktion der Universität auf sich warten. In den folgenden Tagen entschieden einige Dozierenden eigenmächtig ihre Veranstaltungen abzusagen, bis die Universität deren Handeln schließlich legitimierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Abteilung Internationales der JGU bereits alle Studierenden darüber informiert, dass eine Rückkehr auf eigenen Wunsch keine Nachteile beinhaltet. Nachdem die deutschen Medien dann über Grenzschließungen im Süden Deutschlands berichteten, entschied ich nach Rücksprache mit meinen Eltern und Freunden den nächsten Flug zurück nach Deutschland zu nehmen. Zusammen mit zwei amerikanischen Studentinnen, die sich ebenfalls für die Heimkehr entschieden haben, brach ich um drei Uhr morgens zum Flughafen auf und informierte die JGU und meine Fachkoordinatorin über meine Entscheidung, die diese sehr verständnisvoll aufnahmen. Nach der Rückkehr nach Deutschland dauerte es anschließend noch zwei Tage bis die Universität in Keele alle Studierenden bat schnellstmöglich den Campus zu räumen. Darüber hinaus wurde das Lehrangebot unverzüglich digital und asynchron zur Verfügung gestellt und darauf hingewiesen, dass im Sinne der mentalen Gesundheit kein Zwang zu weiteren Abgaben und Prüfungen bestand. Auch im Folgenden bemühte sich die Universität um die mentale Gesundheit der Studierenden.

 

Rückblick: Ein Jahr nach der Rückkehr nach Deutschland

Vermutlich dadurch, dass durch die Corona-Pandemie die Nutzung von Videokonferenzen in den Alltag Aller rückte, aber auch durch den allseitigen Wunsch nach weiterem Kontakt, finden noch heute regelmäßige Videokonferenzen zwischen meiner internationalen Freundesgruppe und mir statt. Langfristig sehe ich den Auslandsaufenthalt daher nicht nur als akademische Erfahrung, sondern auch als Möglichkeit zu sozialem länderübergreifendem Austausch, der zu anhaltenden Freundschaften führt.

Aus akademischer Sicht hat der Auslandsaufenthalt mir geholfen meine Art Hausarbeiten zu schreiben zu optimieren und mein Interesse für angelsächsische Geschichte geweckt, welches ich auch zukünftig weiter verfolgen möchte.

Verfasst von Richard Manuel Moreno

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Keele

Online Summer School: “The Baltic States and its Neighboring Powers”

About the course

The University of Latvia offers a multidisciplinary course that focuses on topical issues in a present day society. The course will provide insight on how the ‘big neighbors’ influence the development of small countries such as the Baltic States.You will discover what happens when a small country has big neighbouring countries. How far do their influences stretch? Besides impacting the history and culture of a country, what other effects occur? You will explore topics such as business ethics and corruption, humour as a communication tool, manipulation of social groups, emotions and their impact on large groups, influence of music, the history and cultural heritage of the Russian Old Believers, the Soviet ethnic policy and its consequences for Latvia, influence on music, etc.

Outside the lectures, students will have ample opportunity to partake in the online social programme and online visits to study-related companies.

Students will be able to successfully complete the course and obtain 4 ECTS through submitting a paper within a month after the course ending.

This course is also part of a joint programme with the Utrecht University and the University of Tartu "European Encounters: The Baltics in the European Union". Students are able to join one (two or even all three) of our joint summer programmes and earn 4 ECTS per Course.


Mehr Informationen:

https://www.lu.lv/en/studies/more-than-studies/summer-schools/the-baltic-states-and-its-neighboring-powers/

and here:

Weiterlesen "Online Summer School: “The Baltic States and its Neighboring Powers”"

Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung: CHANGING EUROPE. Young people shaping Europe

2020 has seen deep changes in the way people live, work and meet. Covid-19 and its pandemic spread have led to massive interventions by governments on various levels. In the EU for instance most member states installed regulations in spring that inhibited

  • freedom of movement, as Schengen states reinstated their borders for a period of time;
  • cross-border trade, leading to shortages of vital goods elsewhere in the world.

The consequences followed suit:

  • shut down and break down of many companies let to job losses;
  • the young generation lost out as schools and universities shut down and online tutoring did not match quality and inclusive standards;
  • migrants and refugees stranded in the EU were forgotten in the public eye.

At the same time EU’s institutions had to put on track their plans for the challenges of climate change and the imminent Brexit. The biggest challenge however for the EU will be to win back and reinforce trust in its ability to guard the democratic rights of its people, i.e. freedom of opinion, free media and protection of an independent judiciary, all of which are under threat already in some EU member states.

You are cordially invited to discuss these critical points and develop solutions to reinforce the democratic principles of the EU. Following the workshop you will have the opportunity to directly present your demands and proposals in an open dialogue with Katarina Barley, Vice President of the European Parliament and other MoEP.

More here: https://www.fes.de/regionalbuero-rheinland-pfalz-saarland/artikelseite-regionalbuero-rheinland-pfalz-saarland/default-74887369ba.

Austauschprogramm für angehende Fremdsprachenlehrkräfte

Der Pädagogische Austauschdienst (PAD)  hat dieses Jahr wieder Plätze im Austauschprogramm für angehende Fremdsprachenlehrkräfte, die Erfahrungen an Schulen und Hochschulen im Ausland sammeln möchten, für das Schuljahr 2021/22 ausgeschrieben.

Beim internationalen FSA-Austausch können Studierende aus Deutschland die Deutschlehrkräfte an einer ausländischen Bildungseinrichtung unterstützen und so ihre Kenntnisse über Sprache und Kultur des Gastlandes vertiefen sowie einen Einblick in das dortige Bildungswesen und seine Unterrichtsmethoden erhalten. Das Programm richtet sich vor allem an Lehramtsstudierende der fremdsprachlichen Fächer Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch. Für einige Zielländer können sich auch Lehramtsstudierende anderer Fächerverbindungen oder Studierende anderer Abschlüsse mit entsprechenden Sprachkenntnissen bewerben.

Die Bewerbungsphase für das Austauschjahr für 2021/22 ist eröffnet und endet zum 06.01.2020 (ausgenommen USA - zum 11.11.2019). Nähere Informationen zu dem Programm, den Voraussetzungen, der Finanzierung und dem Bewerbungsverfahren finden Sie unter www.kmk-pad.org/fsadia bzw. in der angehängten Infobroschüre.

Aufgrund der nicht vorhersehbaren Entwicklung der Pandemie kann eine Garantie zur Durchführung des Programms 2020/21 für die jeweiligen Zielländer zwar nicht gegeben werden. Der PAD und seine Programmpartner tun jedoch alles dafür, das FSA-Programm auch im Austauschjahr 2021/22 durchzuführen, sofern es die äußeren Rahmenbedingungen erlauben.

Erinnerungen an einen polnischen Winter

Eine Grand Tour durch Europa

Man sagt, dass Reisen bildet. Im Falle eines Auslandssemesters schlägt man also zwei Fliegen mit einer Klappe: Man bereist nicht nur ein fremdes Land, sondern studiert auch noch an einer Universität. Rein rechnerisch betrachtet erweitert sich der persönliche Horizont also doppelt. Alleine der mehrmonatige Aufenthalt in einem fremden Land, dessen Sprache und Kultur einem anfangs vielleicht nur oberflächlich bekannt vorkommen, zwingt einen dazu, sich neu anzupassen. Möglicherweise beschäftigt man sich nach einer kurzen Zeit der Eingewöhnung mit den Eigenheiten der Einheimischen und eignet sich neue Arten und Weisen des Lebens an. Möglicherweise lernt man sogar die anfangs so komplizierte Sprache kennen und kann am Ende seines Auslandsaufenthaltes nicht nur ein paar Brocken, sondern ganze Sätze sprechen. Eignet man sich möglicherweise sogar den Humor der Menschen an, so ist man im Land angekommen. In jedem Fall erlernt man mehr Eigenständigkeit. Man kehrt reifer nach Hause zurück, verspürt eigentümliches Heimweh und schließlich fühlt man sich, blickt man auf alles zurück, auch ein wenig als europäischer Kosmopolit. Letzteres ist natürlich anmaßend zu behaupten, aber eine Prise Wahrheit steckt sicherlich in diesem Ausdruck.

Der Hauptmarkt in Krakau (Rynek Główny) in winterlicher Atmosphäre.

Es ist schon etwas länger her, dass ich mich dazu entschied im Wintersemester 2017/18 meine eigene Erasmus-Erfahrung zu machen. Ich erinnere mich jedoch gut daran, dass ich vor der schweren Wahl stand, ein studienbezogenes Praktikum zu ergattern oder den Sprung zu wagen und für mehrere Monate ins Ausland zu gehen. Natürlich hat man anfangs Angst vor dem Ungewissen. Man kappt für mehrere Monate alle heimischen Verbindungen, findet sich in einer ungewohnten Umgebung wieder und ist im schlimmsten Fall auch noch ganz alleine. Überlebt man das überhaupt?

Der große Schritt nach Osten

Ich entschied mich also dafür, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und dem Nest zu entfliegen. Meine Wahl war jedoch - wie so vieles in meinem allzu langen Studium - spontan und von selbstverschuldeten, nicht allzu günstigen Umständen begleitet. Ich fand mich also in der Restplatzvergabe wieder. Mein anfänglicher Wunsch, meine Zeit an einer westeuropäischen, hogwarts-gleichen und traditionserfüllten Universität zu verbringen, verpuffte auch ziemlich schnell nach einem kurzen Blick in die Liste der noch möglichen Aufenthaltsorte. Ungarn und Polen. Meines Erachtens, so dachte ich damals, weder westeuropäisch noch traditionserfüllt, doch die einzige Chance, ein Auslandssemester zu machen. Schlussendlich entschied ich mich für die Jagiellonen-Universität im polnischen Krakau, wohl auch weil ich polnische Wurzeln habe und das Land und die Sprache einigermaßen kenne. Ein ganz großer Schritt mit Stützrädern sozusagen.

Ein Blick auf die vereisten Ufer der Weichsel.

Im Spätsommer 2017 startete dann die Organisationsphase. Auch wenn es nur ein paar Monate waren, so erforderte der Auslandsaufenthalt eine große Bandbreite an Planung. Glücklicherweise bekam man von der Erasmus-Abteilung seiner Universität eine beträchtliche Starthilfe: Checklisten, Tipps und Reisehinweise, Step-by-Step-Anleitungen und Workshops. Kam einem die Flut an Informationen dennoch zu viel vor, erhielt man Rückhalt von der Erasmus-Koordinatorin, die, trotz der Tatsache, dass sie alle Fäden in der Hand haltend im Stress zu versinken drohte, dennoch Zeit für jeden Studenten investierte und alleine vom Fakt begeistert zu sein schien, dass man sich für Erasmus entschieden hatte.

Polnische Gastfreundschaft

Mein eigentliches Erasmus-Semester startete Anfang Oktober. Schon Ende September landete ich jedoch nach einem Flug mit einer Billig-Airline auf dem Krakauer Flughafen. Anders als die typische Studentenschaft entschied ich mich nicht dazu, eine WG im Stadtzentrum oder dem hippen Kazimierz zu beziehen, sondern erhielt über Umwege Kontakt zu Freunden meiner polnischen Cousine, die mir eine Stube außerhalb des Stadtzentrums vermieteten. Während das etwas ältere polnische Ehepaar im oberen Stockwerk wohnte, teilte ich mir das untere Geschoss mit einer Polin mittleren Alters, die dort ebenfalls wohnte. Niemand sprach Englisch und über die nächsten Monate hinweg sah ich es als persönliche Herausforderung an, meine angestaubten Kenntnisse im Polnischen zu vertiefen. Schnell wuchs ich in die kleine Gemeinschaft ein. Ich erhielt Tipps, wie ich mich in der Stadt zurechtfinde, wo es gute Lokale und Einkaufsmöglichkeiten gibt und welche Sehenswürdigkeiten wirklich sehenswert sind. Regelmäßig wurden wir von den Vermietern auch zum Essen eingeladen, ich lernte die Familie meiner Mitbewohnerin kennen und als das Semester vorbei war, fühlte ich mich selbst als eines der Familienmitglieder.

Ein versteckter Straßenzug im abendlichen Kazimierz.

Um ehrlich zu sein, war ich länger hin und hergezogen, dort zu bleiben und auf die Vorteile einer innerstädtischen WG zu verzichten oder zusammen mit Erasmus-Menschen oder gar polnischen Studenten die Innenstadt zu erleben. Ich entschied mich jedoch für ersteres und nahm die Busfahrten und die außerstädtische Lage in Kauf. Mit der Zeit gewöhnte ich mich dran, lernte meinen Kiez kennen und witzelte in meiner Gruppe darüber, dass ich unweit eines Gewerbegebietes wohnte, dessen Hauptattraktion ein Hallenbad und eine Shoppingmall waren.

Universitärer Alltag im Zeichen von Erasmus

Mein eigentliches Studienjahr war entspannt. Ich belegte fünf vormittägliche Kurse und war viermal in der Woche an der Universität. Ich studierte damals schon im Masterstudiengang Geschichte. Die dortige Historische Fakultät war im Vergleich zu anderen Fakultäten ziemlich klein, das Mobiliar und die Einrichtung des Gebäudes etwas veraltet, doch einen gewissen Charme ausstrahlend. Meine Kurse waren durchweg englisch und auf das Erasmus-Programm zugeschnitten. Ich belegte unter anderem eine Vorlesung über die englische Reformation, ein Seminar über die europäische Erinnerung an den Holocaust und eine Übung über die polnische Gesellschaft, dargestellt über Dokumentationen und ethnographische Studien. Im Vergleich zu vielen Seminaren und Vorlesungen, die ich an meiner Heimatuniversität belegte, erinnere ich mich noch lebhaft an alle in Polen belegten Kurse. Das hat sicherlich auch etwas mit dem Auslandserlebnis an sich zu tun, doch bin ich auch der festen Überzeugung, dass es die einzigartigen und sympathischen Charaktere der Professoren und Dozenten waren, die mich die Veranstaltungen an der Krakauer Universität nicht vergessen ließen. Auch der Aufwand, mit dem man für Prüfungen lernte, die aus Klausuren, Essays oder kleinen Hausarbeiten und Präsentationen bestanden, war im Vergleich zu den heimatlichen Verhältnissen kleiner. Dieser Umstand bringt mich direkt zum nächsten Punkt.

Mitten im verschneiten Park Bednarsiego auf der anderen Seite des Weichselufers.

Die Wahrheit ist, dass man während eines Auslandsaufenthaltes sehr viel Freizeit hat. Mehr Freizeit als während des regulären Semesters zu Hause,das meist im Stress unterzugehen scheint. Tatsächlich hatten wir Erasmus-Studenten so viel Zeit, dass wir die Wochenenden häufig für Städtetrips nutzten. Ich selbst besuchte Wrocław (damals hieß das noch Breslau), Gdańsk (Danzig), das verschneite Zakopane und besuchte über Weihnachten meine Familie in Warschau. Über Silvester nahm ich den zwischen Warschau und Berlin verkehrenden Expresszug und besuchte ein paar Freunde in der deutschen Hauptstadt. Eine meiner letzten Stationen war das zu der Zeit wunderbar verschneite Prag. Die abendliche Stille in der uns so unbekannten Altstadt bleibt mir bis heute in Erinnerung.

Auch während des laufenden Semesters reiste man viel und unternahm Exkursionen. Wir besuchten das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz, unternahmen einen nachmittäglichen Ausflug in die in den 1950ern unter der kommunistischen Herrschaft entstandenen Planstadt Nowa Huta oder nahmen die Gelegenheit war, um die in der Nähe befindliche Salzmine Wieliczka zu besuchen, die im Mittelalter und der Neuzeit einen Grundstein für den Reichtum der polnischen Könige darstellte und Krakau so zu einem zentralen Ort des Handels machte.

Tauwetter

Man sagt das Reisen bildet. Meiner Auffassung nach trifft das im Falle von Erasmus zu. Jetzt, nachdem fast drei Jahre vergangen sind, seitdem ich nach meinem Semester in Polen wieder deutschen Boden unter den Füßen spürte, habe ich das Gefühl, dass mich diese paar Monate für mein Leben mehr oder minder geprägt haben. Sicherlich ist es übertrieben zu behaupten, dass ich der anfangs erwähnte europäische Kosmopolit geworden bin, der die europäische Flagge über die Schultern wirft. Ich habe auch nie so richtig an den Erasmus-Meetings teilgenommen, den internationalen Kochkursen, Dating-Cafés und Karaoke-Abenden. Und dennoch blieb in mir persönlich etwas von diesem Aufenthalt haften. Und das wird es auch noch in zehn Jahren.

Erasmus verschafft einem die Möglichkeiten,

Der Autor in einem seiner lichten Momente. Aufgenommen in einer typisch polnischen Bar irgendwo in Kazimierz.

über den Tellerrand zu schauen und zu erspähen, was es sonst noch für Möglichkeiten gibt. Im Studium, wie auch im Leben. Am Ende stellt man sich vielleicht sogar die Frage, ob man nicht wiederkommt. Oder gar in diesem Land, das man kennenlernen durfte, zukünftig lebt und arbeitet. Ich für meinen Teil habe Krakau seither im Rahmen einer kleinen Reunion mit meinen dort geschlossenen Bekanntschaften zwei oder dreimal besucht. Ich lernte die Stadt so gut kennen, dass sie mir fast schon langweilig geworden ist. Und ich sage das mit Stolz, denn ich fühle mich jedes Mal, wenn ich dorthin zurückkehre, fast schon wie ein Einheimischer. Ich glaube, es sind genau diese Erfahrungen, die man außerhalb der Universität erhält, die die Quintessenz des Erasmus-Austauschprogramms darstellen.

Reisen bildet eben.

Verfasst von Alexander Michel im Mai 2020

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Krakau

Studieren im deutsch-französischen Kontext: Der M. A. Geschichte im integrierten Studiengang Mainz-Dijon

Der M. A. Geschichte im integrierten Studiengang Mainz-Dijon

Fast ein Jahr nachdem ich meinen Master in Geschichte abgeschlossen habe, möchte ich meine Erfahrungen in einem deutsch-französischen Studienprogramm, dem integrierten Studiengang zwischen der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und der Université de Bourgogne in Dijon, teilen und die Herausforderungen aufzeigen, denen man in einem deutsch-französischen Studium begegnet. Dafür werde ich heute in einem ersten Blogeintrag am Beispiel des von mir gewählten Masters erklären, was man unter einem integrierten Studiengang versteht und wie er aufgebaut ist.


Mehr unter: https://stadtleben.hypotheses.org/133.

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Dijon

Nachrückerplätze im Erasmus+-Programm

AKTUELL: Das Historische Seminar bietet noch ERASMUS-Plätze für NachrückerInnen im Studienjahr 2020/21 an. Insbesondere stehen noch zwei Plätze in Glasgow (je 9 Monate) mit Stipendien zur Verfügung. Bei Interesse wenden Sie sich bitte umgehend an Dr. Pia Nordblom (nordblom@uni-mainz.de).

Auslands-FSJ während des Studiums?

Seit mittlerweile einem halben Jahr mache ich einen Freiwilligendienst in der Gedenkstätte Majdanek im Südosten von Polen. Wie bin ich dahin gekommen?

Alternativer Text
So sehe ich auf meinem Mitarbeiterausweis aus.

Servus, i bims

Ich heiße Stefan Strietzel, bin 25 Jahre alt und studiere an der JGU Geschichte und Buchwissenschaft im Bachelor. Nachdem ich in der Schulzeit neben etwas Englisch nur Latein und Alt-Griechisch lernen „durfte", habe ich an der Uni das Sprachenlernen nachholen wollen. Irgendeine slawische Sprache sollte es werden, weil alle anderen Französisch und Spanisch machen. Ein netter Dozent der osteuropäischen Geschichte (der es mittlerweile in die Hauptstadt geschafft haben soll) empfahl mir den Intensivkurs am Mainzer Polonicum. Damals hatte ich keinen Bezug zu Polen, war einmal mit der Schule in Krakau und der Gedenkstätte Auschwitz gewesen. Einige Jahre später sitze ich zum x-ten Mal im Berlin-Warschau-Express, habe zwei Semester Erasmus-Studium in Toruń hinter mir und Dutzende Kurzaufenthalte in Polen.

Irgendwas Praktisches zwischen Bachelor und Master

Als das Ende des Bachelors absehbar wurde, war klar, dass irgendwann der Master kommt. Aber etwas Praktisches wollte ich nach vier Jahren Studium machen, vielleicht sogar was Sinnvolles, am besten in Polen. Aber wer nimmt einen BA-Historiker mit mittelmäßigen Polnischkenntnissen? Anfang November 2018 sitze ich auf Toilette und denke über diese Frage nach. Vielleicht kann man eine Art FSJ auch im Ausland machen...vielleicht muss ich dafür nicht gerade mein Abi gemacht haben und 18 sein...? Ich tippe "FSJ Polen" bei Google ein und stoße auf Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF).

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. organisiert einjährige Freiwilligendienste und kurzzeitige Sommerlager in Ländern, die besonders unter dem Nationalsozialismus gelitten haben. Die über 100 Projektstellen verteilen sich auf West- und Osteuropa, die USA und Israel. Die Freiwilligen arbeiten in unterschiedlichen Projekten – von der historisch-politischen Bildungsarbeit in Gedenkstätten und Jugendbegegnungsstätten bis zur Sozialarbeit in Einrichtungen für Senioren, Obdachlose und Menschen mit Behinderung. Hier gibt es mehr Infos.

Beim Bewerbungsseminar

Zwei Monate später sitze ich im Stuhlkreis mit einer Handvoll 18 Jähriger, die gerade Abi machen. Ich bin auf dem Info- und Bewerbungsseminar von ASF und alles andere als der „typische ASFler". Schon auf der Zugfahrt zum Auswahlseminar in der Nähe von Berlin wurde ich von einem anderen Bewerber gesiezt. Das ist die Generation, die nach 2000 geboren und trotzdem schon volljährig ist. Glücklicherweise sind die meisten mit 18 schon weiter als ich dachte. Und glücklicherweise habe ich mir etwas Pubertät bewahrt und kann auch mit jüngeren Leuten Spaß haben.

Wir werden in Kleingruppen eingeteilt, zwei Betreuer_innen leiten Diskussionen ein, geben Reflexionsaufgaben, beobachten uns dabei. Wir bekommen Zettel und Stifte ausgeteilt, sollen verschiedene Dinge zeichnen, wer uns in unserem Leben stark beeinflusst hat, wie wir auf ASF gekommen sind, irgendeine dritte Frage. Ich denke mir nicht viel beim Zeichnen, ist wahrscheinlich nur für uns, um uns die Fragen, die gleich mündlich besprochen werden, nochmal zu vergegenwärtigen. Ich male mit Edding ein Strichmännchen, das einen alten Freund darstellen soll, eine Toilette und ein Handy mit "FSJ Polen" im Google-Suchfenster, und eine Ente.

Natürlich sollen wir alle unsere Zeichnungen vorstellen und damit die Fragen beantworten. Von den anderen kommen teilweise sehr persönliche und reflektierte Antworten, ein Mädchen spricht über die schwierige Beziehung zu den Großeltern mit NS-Vergangenheit. Ich halte einen Zettel mit Strichmännchen, Toilette und Ente in den Händen und muss schlucken. Als ich dran bin, quetsche ich jedes Bisschen Bedeutsamkeit aus den Bildern und Anekdoten heraus. Bin ich jetzt raus? Nach mir kommt ein Junge, der meint, Helmut Schmidt habe ihn stark beeinflusst. Er sagt das mit einer Altersgewissheit, die in Kombination mit seinen 18 Jahren etwas absurd wirkt. Er ist bei den Jusos. Vielleicht habe ich doch nicht so schlecht abgeschnitten.

Und tatsächlich, ich erhalte einige Monate später eine Zusage für die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Lublin-Majdanek in Polen. Und Überraschung, drei Hausarbeiten und eine Bachelorarbeit in meinem eigentlich letzten Semester sind zu viel. Die Bachelorarbeit verschiebe ich auf meinen Aufenthalt in Lublin. Zack, Auslands-FSJ während des Studiums.

Moral der Geschichte

Vielleicht wollt Ihr auch eine Art Gap Year zwischen Bachelor und Master einlegen? Es gibt verschiedene Organisationen, die Freiwilligendienste in Deutschland und abroad anbieten. Mit Studium und vielleicht vorhandenen Sprachkenntnissen seid Ihr im Vergleich zu vielen Abiturient_innen fast schon überqualifiziert. Also losgegoogelt! Und wenn Ihr gerade auf Toilette sitzt, erwähnt das nicht unbedingt bei der Bewerbung.

 

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