Lehrtipps: Prozess des Lehrens

heutiges Thema: Vor-lernen

Durch Zuhören kann man nicht lernen - nur etwas verstehen. Mein Kollege formulierte es so: "Man kann zwar eine Vor-lesung halten, aber keine Vor-lernung."

Viele Lehrende machen den Fehlschluss zu glauben, wenn sie etwas erklärt haben, ist es auch schon gelernt. Man erkennt das an ihren - die Enttäuschung widerspiegelnden - Bemerkungen über die Prüfungsergebnisse: "Aber das hab' ich doch gebracht!"

Viele Studierende machen den Fehlschluss zu glauben, wenn sie etwas erklärt bekommen und (sogar) verstanden haben, ist es auch schon gelernt.

Lernen muß man selbst, es ist ein individueller Aneignungsprozeß, der ganz unterschiedlich vor sich geht. Sieht man vom sturen Pauken ab, ist das Verstehen der Anfang zum Lernen. Danach gibt es - je nach Thema und Individuum - unterschiedliche Wege. Einer vermag vielleicht Dinge, die er einmal verstanden hat, auch gleich zu behalten. Eine andere muss sie vielleicht erst noch einmal selbst durcharbeiten. Beide stehen aber vor dem Problem der Vergessenskurve, die ein systematisches Wiederholen einfordert, wenn das Verstandene dauerhaft behalten werden soll.

Wie können wir unseren Studierenden helfen? Wir können ihnen Hilfen anbieten, mit denen sie den Stoff persönlich "durchkneten" und sich aneignen können, also Beispiele, andere Sichtweisen, Übungsaufgaben. Und wir sollten regelmäßig kurze Wiederholungselemente vorsehen, um gegen die Vergessenskurve anzugehen. Das fördert zugleich Aufmerksamkeit und Motivation, und es vermittelt, dass uns der Lernprozess unserer Studierenden nicht gleichgültig ist.

Der Standpunkt "Ich trage den Stoff vor, lernen muss jeder selbst. Das geht mich nichts an!" ist weit verbreitet - und vor allem sehr praktisch, weil er manche Mühen erspart. Ich finde, dass wir es uns aber nicht so einfach machen können.


heutiges Thema: Vereinfachen

Eine der wichtigsten Aufgaben der Lehrenden besteht darin, den Stoff didaktisch aufzubereiten. Ist das Thema komplex, ist der Zugang für Anfänger schwierig. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, ein komplexes Thema zunächst ganz drastisch zu vereinfachen, so dass zunächst das Grundprinzip deutlich wird. In manchen Fällen war es nötig, so stark zu vereinfachen, dass man - wenn man nur diesen Teil der Vorlesung gehört hätte - sagen würde: So ein Quatsch, das ist doch viel komplizierter! Davor habe ich mich nicht gescheut, denn in einem zweiten, manchmal auch dritten Schritt folgte dann die Erweiterung: Das war das Grundprinzip, nun ist es aber tatsächlich noch etwas komplizierter, wir müssen nämlich folgendes bedenken ....

Es gehört ein wenig Mut dazu, die Didaktik so stark in den Vordergrund zu stellen. Die Akzeptanz hat mir aber gezeigt, dass dies ein guter Weg ist, in den Wald hineinzuführen.


heutiges Thema: Reaktion auf Fragen (1)

Die Reaktion auf studentische Fragen hat zwei Aspekte: die emotionale Reaktion - also (1) die Reaktion auf der Beziehungsebene - und die eigentliche Antwort - also (2) die Reaktion auf der Sachebene.

Unsere emotionale Reaktion beginnt lange vor der verbalen Antwort, bereits beim Zuhören: körperliche Zuwendung, Blickkontakt, freundliche und offene Miene, Kopfnicken geben dem Studenten das Gefühl, dass sein Problem ernst genommen wird.

Für Dozenten mit rascher Auffassungsgabe ergibt sich die Schwierigkeit, den Kern der Frage längst verstanden - und die Antwort schon parat - zu haben, während der Student noch immer mit der Formulierung seines Problems kämpft. Man neigt dann dazu, sich abzuwenden, seine Papiere zu ordnen, mit Gegenständen zu spielen, den Blickkontakt abzubrechen - alles negative emotionale Reaktionen. Dagegen sollten Sie bewusst angehen.

Auch die eigentliche Antwort enthält emotionale Aspekte. Einleitungsfloskeln wie ja, gut, aha, richtig, das ist interessant - wirken positiv, wenn sie nicht stereotyp eingesetzt werden. Auch die Färbung der Stimme kann einen positiven Kontakt unterstützen, der von selbst eigentlich immer entsteht, wenn im Hintergrund der Gedanke steht: Dieser Student ist ein Kollege in der Wissenschaft; er ist in diesem Punkt gerade noch nicht so weit wie ich; aber eines Tages wird er weiter sein als ich - denn sonst geht Wissenschaft ja nicht voran.


heutiges Thema: Reaktion auf Fragen (2)

Die Reaktion auf studentische Fragen hat zwei Aspekte: die emotionale Reaktion - also (1) die Reaktion auf der Beziehungsebene - und die eigentliche Antwort - also (2) die Reaktion auf der Sachebene.

Auf der sachlichen Ebene kann es zwei Probleme geben:

a. Man weiß, dass man zu dieser Frage etwas weiß, aber man erinnert sich

nicht sofort daran.

b. Man weiß keine Antwort auf diese Frage.

a) ist ein Zugriffsproblem. Wiederholen Sie die Frage mit Ihren eigenen Worten. Das ist allemal gut, weil dann alle Zuhörer die Frage mitbekommen und der Fragesteller erfährt, ob und wie Sie seine Frage verstanden haben. Das Wiederholen der Frage gibt Ihrem Gehirn Zeit, den Zugriff zur Antwort zu finden. Die laut ausgesprochenen Schlüsselworte helfen dabei.

b) Wenn Sie - evtl. trotz Verfahren a) - keine Antwort wissen, reden Sie nicht um den Brei herum. Studenten haben ein feines Gespür für "viele Worte - keine Antwort". Ihre Kompetenz wird keinen Schaden nehmen, wenn Sie sich Zeit zum Nachdenken / Nachschlagen ausbedingen, etwa bis zur nächsten Stunde. Das Versprechen müssen Sie allerdings zuverlässig einlösen.

Alternativ dazu können Sie zwei Studenten darum bitten, die Antwort z.B. in der Bibliothek nachzuschlagen. (Beauftragen Sie zwei. Das nimmt den Druck von dem einen, schützt ihn vor dem Vorwurf, Streber zu sein und verhindert Vergessen oder "zufälliges" Abwesendsein.)


heutiges Thema: Messprotokoll

"Ich red' mir den Mund fusslig, es hilft einfach nichts! Wie oft hab' ich schon über den Sinn eines Messprotokolls geredet, was heisst geredet? - gepredigt habe ich mit Händen und Füßen! Genutzt hat es nichts!"

Die Kollegin aus der Physik war richtig verzweifelt, und ich konnte sie gut verstehen, denn mir war es genauso gegangen (Lehrmail 67). Ein Messprotokoll in einem Praktikum zu schreiben, ist eben doch eine Trockenübung. Wenn der Student da mal etwas vergisst, etwas ungenau beschreibt, na ja, was passiert schon? Er erinnert sich, wie es war, erfindet einen plausiblen Wert usw. Wie soll da ein Verständnis für echte wissenschaftliche Arbeit, für sorgfältiges, gewissenhaftes Protokollieren entstehen?

Ich versuchte also, die Kollegin zu trösten. Da meldete sich der Kollege aus dem Maschinenbau: "Wir haben da ein ganz einfaches Mittel. Wir lassen die Gruppen ihre Messprotokolle austauschen - also die Gruppe A muß das Messprotokoll von Gruppe B auswerten und umgekehrt. Wie im richtigen Leben. Da werden die Messungen, die jemand macht, ja auch oft von anderen Leuten ausgewertet."

Die Kollegin strahlte: "Das ist gut! Das probier ich aus!"

"Ich denke, die Idee könnten wir auch ganz gut in unserem Fach nutzen", ließ sich der Jurist vernehmen, "da kommt es in der Praxis ja häufig vor, dass ein Richter einen Fall übernimmt, in den er sich aufgrund der bisherigen Unterlagen einarbeiten muss."

Vielleicht gibt's ja noch mehr, die etwas mit dieser Idee anfangen können …


Eröffnung 1

Jeder neue Redner ist für seine Zuhörer ein unbeschriebenes Blatt. Unbewusst führen sie Buch über ihn und verzeichnen darin Plus- und Minuspunkte. Der Anfang, die Eröffnung einer Veranstaltung hat dabei besonders große Bedeutung. Wir sollten sie - im Sinn einer Ouverture -aktiv gestalten. Cicero nennt drei Ziele der Einleitung:

  • Wohlwollen erringen: Wenn uns das Publikum liebt, ist das nicht nur gut für uns. Geht es uns auf der Bühne gut, strahlt das zurück auf die Studenten: in einer positiven Atmosphäre sind sie aufnahmebereiter und arbeiten effizienter mit.
  • Aufmerksamkeit erregen: Die meisten unserer Zuhörer sind mit ihren Gedanken woanders (die Freundin ist sauer, wo sind denn meine Aufzeichnungen, eigentlich würde ich gerne eine rauchen,...). In der Einleitung müssen wir sie auf uns und unser Thema fokussieren.
  • Wissbegier wecken: Unsere Zuhörer haben i. a. einen Schreibtisch voller Arbeit, d.h. sie müssen in der Einleitung den Eindruck erhalten, dass sich ihre zeitliche Investition in diese Veranstaltung lohnt. (Diesen Anspruch muss man dann auch erfüllen, d.h. man hat eine hohe Verantwortung für die Zeit seiner Zuhörer).

Cicero gilt auch heute noch.

Eröffnung 2 - Ankommen

Es ist 10 Uhr 15 - langsam trottete Professor Schlafner zum Rednerpult, kramte in seinen Unterlagen, gähnte und begann mit leiser Stimme... Was dann kam, weiß nicht mehr, bin eingeschlafen).

Gegen 11 Uhr 15 - mit raschem Schritt und erhobenen Hauptes kam Professor Icks in den Hörsaal; das Bühnenlicht strahlte auf; er blieb in der Mitte stehen, blickte uns alle an und sagte "Ich begrüße Sie zur xyz-Vorlesung! Sie erinnern sich, dass wir das letzte Mal ... " Ich erinnerte mich.

Inszenieren Sie Ihren Auftritt! Für wiederkehrende Veranstaltungen sollten sie ihn sogar "ritualisieren", um auch non-verbal die Botschaft zu vermitteln: Jetzt geht's hier los! Also: Türe zumachen oder Bühnenlicht anmachen oder Folie zeigen oder Thema an die Tafel schreiben (schafft ziemlich schnell Ruhe, siehe "Urverhalten der Schüler"). Früher klopften die Studenten, wenn der Professor hereinkam. Ein Superritual! Aber das ist leider vorbei.

Suchen Sie zuerst den Platz auf, von dem aus Sie alle Studenten in den Blick nehmen können - "kommen Sie an", werden Sie einen Moment innerlich ruhig, atmen Sie aus, sammeln Sie sich - und schauen Sie Ihre Studenten (freundlich) an.

Warten Sie mit dem Begrüßungssatz bis Ruhe eingekehrt ist, notfalls helfen Sie nach mit "Bitte nehmen Sie Platz!", aber sprechen Sie Ihre Begrüßungsworte niemals in einen allgemeinen Tumult (Reden, Taschenkramen) hinein. Als Dozent sind Sie aufgefordert, "die Zügel in die Hand zu nehmen". Das erwarten Ihre Studenten von Ihnen.

Sprechen Sie ein paar Einleitungssätze, die auf keinen Fall wesentliche Punkte Ihrer Ausführungen enthalten. Ihre Studenten müssen sich jedes Mal wieder zuerst in Ihre Sprech- und Redeweise hineinhören, das dauert ein paar Sätze lang.

Eröffnung 3 - Wegweiser

Wo sind wir hier eigentlich? - Das ist die erste Frage, wenn wir uns beim Wandern orientieren wollen. Ein paar Wegweiser sind da ganz hilfreich. Besonders schwierig ist es am Anfang einer Wanderung, wie jeder erfahrene Wanderer weiß.

So ist es auch in unseren Veranstaltungen. Unsere Zuhörer erwarten von uns eine Hilfe zur Orientierung - und das ganz besonders am Anfang der Veranstaltung. Um den Überblick zu behalten, müssen sie wissen, wo sie sich befinden, wo das, was wir vortragen werden, einzuordnen ist. Daher müssen wir für sie Wegweiser zur Orientierung aufstellen. Dann können Sie sich mit Hilfe ihrer - jeweils ganz persönlich strukturierten - geistigen Landkarte zurechtfinden.

Wo sind wir hier? - Im Vortrag beantworten wir das meist so, dass wir auf der geistigen Landkarte von den großen Orientierungspunkten ausgehen, die alle kennen, und dann das kleine Dorf suchen, von dem aus unsere Exkursion startet. In der fortlaufenden Lehrveranstaltung beschreiben wir den Weg, den wir bisher gemeinsam gegangen sind und finden so den Punkt, an dem die heutige Wanderung beginnt.

Wohin gehen wir? - Die Wanderung wird Freude machen, wenn wir die zu erwartenden Schönheiten beschreiben und schildern, wie wir dorthin kommen werden. Übertragen heißt das: unsere Zuhörer werden motiviert, uns zuzuhören, unsere Studenten "lernen besser".

Stellen wir Wegweiser für sie auf! Es sind übrigens drei, die genau diese drei Fragen beantworten: Woher kommen wir? - Wo sind wir? - Wohin gehen wir?

Eröffnung Beginn - Wegweiser II

Nicht ganz zufrieden mit der letzten Lehrmail war Johannes Ehrlenspiel. Er schreibt:

Sie verlieren sich m.E. zu sehr in der Metaphorik des Wanderns. Grundsätzlich habe ich Ihre Botschaft natürlich verstanden, doch wünschte ich mir konkretere Handlungsanweisungen: Wie führe ich den Zuhörer vom Allgemeinen zum Speziellen? Wie sehen "Wegweiser" genau aus? Ich kann's mir denken: "Wir haben dies und jenes gelernt/ besprochen/ gemacht, haben demnach ein Zwischenziel erreicht (warum ist es eins?) und werden uns nun (warum?) in folgender Richtung weiterbewegen."

Welche Unterrichtsmittel könnte man für solche telelogischen Gerüste einsetzen?

Positivbeispiel Prof. Schmidbaur (Anorganische Chemie, TUM): Er malte (er verwendete fast nie Folien) am Anfang seiner brillanten Vorlesungen oft das Periodensystem in Auszügen an die Tafel. Zitat: "Wir habe neulich das Li abgehandelt (durchstreichen), kamen gestern zum Na (durchstreichen) und machen heute aus folgenden Gründen das K." Ich dachte mir oft "wie banal", doch dann setzte sich die Lokomotive in Bewegung, und es wurde ein Krimi: Chemische Elemente wurden zu widerstreitenden Figuren, Moleküle wollten ihre Identität nicht preisgeben und die Pointe: Die aktuelle Publikation XY hat nun den "Täter" entlarvt (Sachverhalt aufgeklärt). "Ich schreibe Ihnen die Referenz an die Tafel, wenn Sie mir versprechen, sie in der Bibliothek zu lesen und nicht schon wieder zu kopieren."

Hätten wir, lieber Herr Bartscherer, lauter solche Dozenten, wären Sie diesbezüglich wohl arbeitslos.

Der Einstieg

Zum klassischen Auftakt einer Lehrveranstaltungsstunde gehören Gliederung und Wiederholung.

Die Gliederung dient der Orientierung, die Wiederholung zugleich der Sicherung des Gelernten. - Das ist immer richtig, wichtig und unverzichtbar.

Trotzdem können Sie auch einmal anders anfangen, Abwechslung motiviert: Ein Aufhänger aus Presse, Fernsehen, aktuellem Geschehen. Ein interessantes Fallbeispiel, dessen Lösung vielleicht noch offen bleibt.

Ein Aufgreifen von Erfahrungen der Studenten; aus dem täglichen Leben, aus ihrer beruflichen Praxis, aus gemeinsamen (Exkursions-) Erlebnissen. Ein handfestes Modell zum Thema. Die Entwicklung einer kognitiven Landkarte (Mindmap), also eines Schemas, das die Komplexität des Themas abbildet.

Wenn der Einstieg so präsentiert wird, dass er während der Stunde stehen bleiben kann, haben Sie ein "sichtbares Thema", auf das Sie immer wieder handfest Bezug nehmen können.

Bedarfsabfrage

Kein modernes Erwachsenen-Seminar, in dem nicht zu Beginn eine Runde abläuft: Was erwarten Sie von dieser Veranstaltung? Was ist die Begründung dafür?

Erwachsene lernen primär unter "praxisbezogenen Verwendungsgesichtspunkten". Angebote, die daran vorbeigehen, werden rasch abgelehnt, weil Erwachsene gelernt haben, dass sie nicht alles machen können, dass sie auswählen müssen - im einfachsten Fall nach dem Motto: Was kann ich damit anfangen?

In der Universität gilt die Frage "Was kann ich damit praktisch anfangen?" in der Regel als unfein. Der echte Forscher ist an allem interessiert; erst einmal muss man die Grundlagen legen; das wird man später sehen; zu viel Theorie ist nie falsch... sind einige gängige Antworten. Da ist natürlich etwas Richtiges dran. Trotzdem kommt man nicht darum herum, dass die Einsicht in eine Verwendbarkeit des Stoffes die Lerneffizienz drastisch verbessert. Ganz einfach, weil sich der Student engagiert, motiviert fühlt.

Wenn man den Stoff souverän beherrscht, kann man so vorgehen, dass man seine Studenten am Anfang fragt, was interessiert, daraus ein Thema entwickelt und so zum "Stoff" hinführt. Mildere Variante: mehrere Probleme zur Auswahl stellen, das ausgewählte dann behandeln und von diesem aus zur Theorie kommen.

Der Ausstieg

Für das Ende einer Lehrveranstaltungsstunde gilt die klassische Regel: systematische Zusammenfassung und Ausblick auf die nächste Stunde. Das ist immer richtig und sehr gut.

Ab und zu ein wenig Abwechslung kann aber nicht schaden. Wie wäre es mit einer kleinen Lernkontrolle? Etwa drei Kern-Fragen, als Folie angeboten; jeder Student schreibt die Lösungen in sein Heft; anschließend präsentieren Sie die richtigen Lösungen.

Oder: Sie schließen mit einem praktischen Fallbeispiel, das zum Thema passt und zugleich den Transfer in die Realität fördert. Das motiviert auch die "frühen Taschenpacker", in den letzten Minuten aufzupassen.

Elegant ist auch der Rückgriff auf den Einstieg, eventuell unterstützt durch Verwendung des gleichen Mediums.

Schließlich können Sie auch ein wenig Feedback einfordern: Teilen Sie Zettel aus mit "Was ich an dieser Stunde gut fand:" - "Was ich nicht gut fand:" - "Meine Idee, es besser zu machen:", und lassen Sie sie - ausgefüllt – an der Tür in eine Schachtel legen.

Lehrgespräch

Ich war von meinem neuen Kollegen fasziniert. Praktikum: Zwei Studenten hatten ihm eine Frage gestellt, weil sie nicht weiterwussten. Er sagte ihnen nicht einfach, was sie tun müssten. Mit sagenhafter Geduld und unermüdlichem Nachfragen holte er vielmehr aus ihnen selbst die Antwort heraus. Ja, er ließ sie sogar einen Irrweg selbst erkennen, indem er auf ihre Gedanken einging und weiterführende Fragen stellte, bis sie von selbst den richtigen Weg fanden.

Das Lehrgespräch, der "Vortrag" auf der Basis didaktischer Fragen, so dass die Studenten "selbst drauf kommen", erfordert hohe Souveränität bezüglich des Stoffes und hohes didaktisches Geschick. Es ist allerdings auch äußerst wirksam, weil es die Einbahnstraße des reinen Vortrags vermeidet, geistige Mitarbeit erfordert und den Studenten ein Erfolgsgefühl vermittelt: "Da sind wir jetzt selber drauf gekommen!"

Es gehört Übung dazu und viel Geduld. Deshalb wird meist der bequemere Weg gewählt: "Machen Sie das so und so ..." - "Das ist falsch, Sie müssen x-Quadrat einsetzen."

Hilfreich ist es, sich für bestimmte wiederkehrende Themen einen roten Faden von zielgerichteten Fragen zurechtzulegen. Danach geht man zunächst vor, verbessert ihn "online" und später wenn man dann souveräner wird, wird man ganz von alleine variieren.

Abschweifen

Hochschuldidaktisches Seminar; intensive Arbeitsatmosphäre; es geht um das Thema "Wie motiviere ich meine Studenten?" Plötzlich zeigt der Moderator auf einen von uns Teilnehmern: "Woran denken Sie jetzt gerade?" - Roter Kopf - aha, der Kollege hat nicht aufgepasst!

Der Moderator wiederholt diese Abfrage im Laufe des Seminars noch mehrmals, und uns wird allmählich klar, dass das eigentlich ganz normal ist: Wir sind nicht ständig konzentriert beim Thema, selbst wenn wir - wie in unserem Fall - hochinteressiert sind.

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass etwa 30% der Studenten dem Geschehen in der Lehrveranstaltung momentan nicht folgen. Sie schweifen ab, sind mit eigenen, anderen Gedanken beschäftigt. Das ist in einem gewissen Umfang ganz normal, es hat nichts mit lustlosen Studenten zu tun.

Die 30% sind ein zeitliches Mittel, es sind also momentan immer wieder andere Studenten. Wenn ich es um-interpretiere, bedeutet es trotzdem, dass jeder einzelne Student nur etwa 70% von dem, was ich als Dozent anbiete, aufmerksam verfolgt.

Als Dozent habe ich aber schon die Vorstellung, dass immer alle meiner - interessierten - Studenten 100% online sind. Das stimmt also nicht! Schon aus diesem Grund müssen wir als Dozenten wichtige Dinge wiederholen, etwa aus einer anderen Sicht; und vor allem anhand der Gliederung immer wieder darstellen, wo wir gerade sind. Nur so geben wir den Abgedrifteten eine Chance, wieder hineinzufinden.

Endlose Debatte?

Als die Debatte immer chaotischer wurde und eine Lösung des Problems in immer weitere Ferne rückte, schritt der Diskussionsleiter zur Tafel: "Das ist unser Problem", er malte ein Quadrat, "und das ist unsere Diskussion", er umzog das Quadrat mit einem Kreis.

"Damit eine Diskussion vorankommt, ist es gut zu wissen, welche Kategorien von Redebeiträgen es gibt. Da sind zunächst die rein sachlichen Informationen." Er schrieb "sachlich" oben an den Kreis. "Dann gibt es Argumente dafür und solche, die dagegen sind." Links vom Kreis schrieb er "dagegen", rechts "dafür". "Schließlich gibt es auch rein emotionale Äußerungen, und die sind auch ganz wichtig für eine gute Debatte." Unten am Kreis erschien "emotional".

Ein schwungvoller Pfeil führte aus dem Kreis nach rechts heraus zu dem Wort "kreativ". "Das sind solche Beiträge, die eine neue Lösungsvariante vorschlagen, das Problem auf eine andere Ebene stellen, kurzum, die uns aus der bisherigen - vielleicht zu engen - Debatte herausführen können.

Damit wir zu einem guten Ergebnis kommen, sollte unsere Debatte all diese Arten von Beiträgen enthalten. Das bedeutet aber auch, dass es genügt, wenn jeder Aspekt einmal gesagt wird; nicht jeder muss alle Aspekte ausführen oder gar wiederholen." Sprach's und führte die Diskussion streng nach diesem Muster: Sachinfos, dafür, dagegen, Emotionen und kreative Beiträge. Die Lösung kam in Sicht.

Maschinengewehr

Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass wir sehr viel schneller sprechen können, als der Zuhörer das Gesprochene aufnehmen kann. Einer unserer Moderatoren demonstriert das mit einem komplizierten Satz, den er wie ein Maschinengewehr mit großer Geschwindigkeit auf seine Zuhörer abschießt. Am Ende sitzt man da und fragt sich: He - was, bitte, war der Inhalt? Doch bleibt keine Zeit zum Nachsinnen, es geht schon weiter! – Noch viel schneller können wir visuelle Informationen abschicken. Jeder kennt die "Folienschleuderer".

Schneller sprechen, schneller zeigen - das schafft mehr Stoff je Minute! Mancher glaubt, das Problem der großen Stoffmenge damit lösen zu können.

Er vergisst: Informationsvermittlung geht langsam - jedenfalls auf der Seite des Empfängers, der das Neue hören (oder sehen), verstehen und einordnen, vielleicht auch aufschreiben muss. Sie geht noch viel langsamer, als wir uns das gemeinhin vorstellen. Setzen Sie sich einmal zu einem - ganz "normal" schnellen - Kollegen in die Lehrveranstaltung, und beobachten Sie die Studenten. Auch bei guten Kollegen - eine sehr lehrreiche Erfahrung!

Ich habe nach dieser Erfahrung meinen vorzutragenden Stoff drastisch gekürzt - auf echte zwei Drittel des Vorherigen und habe auf meine Studenten geachtet: Kommt die Mehrheit wirklich mit? – Ich will kein Maschinengewehr sein, weil es sinnlos ist, meine Studenten zu "erschießen".

Fragen in der Vorlesung

Der Wunsch, die Studenten in der Vorlesung zu Fragen zu ermuntern, ist allgemein. Man erhofft sich davon eine aktivere Mitarbeit. Andererseits können Zwischenfragen den Ablauf einer Erklärung, einer geschlossenen Darstellung empfindlich stören, ja das didaktische Ziel völlig unerreichbar machen.

Hier hilft es, wenn bestimmte Zeitblocks zum Fragen installiert werden. Die Aufforderung, Fragen zu stellen, wird zusätzlich durch einen Ortswechsel markiert: Nach einer Informationsphase am Ort 1 wechselt der Dozent also an den Ort 2 und fordert von dort aus auf, Fragen zu stellen, die er dann auch beantwortet.

Nach Abschluss des Frageblocks kehrt der Dozent wieder an den Ort 1 zurück, nimmt damit wieder die Position des Informanten ein und macht dadurch deutlich, dass jetzt keine Fragen mehr gestellt werden sollen, damit der folgende Informationsblock nicht unterbrochen wird.

Vorlesungskritik im Seminar

Bei Seminarvorträgen sollen Studenten nicht nur ein spezielles Thema bearbeiten, sondern auch lernen, einen Vortrag zu halten. Es hilft ihnen, wenn die Art des Vortrags in einer kurzen Kritik besprochen wird.

Vor der ersten Veranstaltung sollte der Seminarleiter einige einführende Worte sagen. Etwa, dass Kritik - im Gegensatz zum allgemeinen Empfinden - etwas ist, das positive und negative Elemente enthält. Nur zu leicht nimmt man die positiven Aspekte eines Vortrags als selbstverständlich hin. Weiterhin sollte erwähnt werden, dass die Veranstaltungskritik nicht dazu dient, jemanden niederzumachen, sondern dass der Vortrag als allgemeines Beispiel dafür dient, wie man etwas machen kann oder nicht machen sollte. Aus einem schlechten Vortrag kann man eine Menge lernen. Schließlich: Veranstaltungskritik ist eine persönliche Stellungnahme, ein "gut" oder "schlecht" im absoluten Sinne gibt es fast nie.

Am zweckmäßigsten veranstaltet man die Kritikrunde nach dem Vortrag und vor der fachlichen Diskussion. Fünf Minuten genügen. Zunächst erhält der Vortragende Gelegenheit, darüber zu sprechen, wie es ihm beim Vortrag ergangen ist. Anschließend äußern sich die Zuhörer und vergessen nicht, als erstes die bemerkenswert guten Aspekte anzuführen, bevor sie die weniger gelungenen ansprechen. Dabei sollten sie sagen, wie sie persönlich etwas empfunden haben. (Also nicht: "Die Gliederung war schlecht." sondern eher "Ich empfand die Gliederung als nicht geeignet.") Auch sollte eine Begründung und ein Verbesserungsvorschlag gegeben werden. (Also noch besser: "Ich empfand die Gliederung als nicht geeignet, weil...")

Folienchaos?

Wer kennt das nicht: die verzweifelte Suche nach der richtigen Folie, mit der man die Frage des Diskussionsredners so hervorragend beantworten kann? Wühl, wühl,.. wo ist sie nur? Eigentlich braucht man für einen Vortrag vier Ablageplätze, etwas größer als DIN A4, nämlich für Manuskript und Manuskriptablage, für Folien und Folienablage. Also mindestens zwei Plätze für die Folien, damit man sie der Reihe nach vom Stapel abnehmen und auf den Ablagestapel weglegen kann. Zwei flache Schachteln sind die einfachste Ausführung.

Platz dafür ist bei den Overheadprojektoren erstaunlicherweise nicht vorgesehen. (Man könnte sich ja unter den Flügelbrettern rechts oder links – so welche da sind - Ablagefächer vorstellen.)

Einfaches Stapeln sichert allerdings die Reihenfolge nicht dauerhaft. Besser ist ein Ringbuchsystem, in dem man blättern kann. Ich arbeite mit Sichthüllen, die fest in das Ringbuch (mit 4 Ringen) geklemmt und oben und linksseitig offen sind, so dass ich die Folien leicht entnehmen kann. Jede Folie ist hinterlegt mit einer Kopie der Folie auf weißem Papier - als Original und als Platzhalter in der Hülle.

Nur wenn Sie glasklare Sichthüllen verwenden, dürfen Sie die Folien zum Projizieren in den Hüllen lassen. Dabei wird allerdings der gelochte Rand mitprojiziert, was sehr unschön aussieht. Optimal sind die – wegen ihrer rechteckigen Randbegrenzung sehr angenehmen - Flip-Frames. In beiden Fällen müssen Sie die Sichthüllen allerdings aus dem Ringbuch ausklammern.

Es wird auch eine Dokumentenmappe als Ablage empfohlen. Damit habe ich schlechte Erfahrungen, denn die Folien rutschen zu leicht heraus.

Die Powerpoint-Fans werden kichern, haha, nehmt doch Powerpoint, da hat man alles übersichtlich zur Auswahl auf dem Bildschirm. Das ist wahr und gut für alle, die souverän damit umgehen können. Ich habe da allerdings auch schon sehr wirre Aktionen gesehen ..... und zur Sicherheit nimmt man auch bei Powerpoint-Präsentationen die Folien mit.

Ent-wickeln

Ein wesentlicher Vorteil des persönlichen Vortrages ist der, dass man gedankliche Entwicklungen wirklich "entwickeln" kann, vor allem, wenn man sie durch entsprechende bildliche Darstellungen unterstützt. Ein Buch kann meist nur das fertige Endbild zeigen; nur selten ist es ihm möglich, den schrittweisen Aufbau eines Diagramms, eines Bildes, einer Struktur aufzuzeigen.

Hierin liegt ein großer Wert des Vortrags, der Vorlesung! Man verspielt ihn, wenn man einfach eine fertige Folie auflegt. Ich empfehle statt dessen die gute alte Tafel, es geht aber auch auf dem Overhead-Projektor. Von der leeren Fläche bis zum fertigen Endbild wächst das Bild sukzessive mit den Erklärungen - visuelle und auditive Information verstärken sich. Die Abfolge bleibt in den Köpfen der Studenten eingraviert und kann später, z. B. bei einer Wiederholung, ganz leicht durch eine fertige (!) Folie wieder abgerufen werden. Die Studenten wissen dann viel mehr als das Endbild zeigt, sie wissen um die Zusammenhänge.

Wenn man mit der leeren Fläche anfängt, kann man eigentlich auch nichts vergessen, denn man muss ja die Elemente aufzeichnen, die Begriffe notieren, über die man spricht.

Wer jetzt ruft: "Aber ich habe doch so wenig Zeit!", sei an die E-Mail "Zu viel Stoff‘ erinnert - und daran, was die Vorlesung erreichen soll.

Mitschreiben

Sollen unsere Studenten in der Lehrveranstaltung mitschreiben? Heute gibt's doch Kopierer, das Mittelalter ist längst vorbei! - Das ist wahr; aber warum kritzeln wir eine Formel, eine Zeichnung noch einmal neu aufs Papier, obwohl sie gedruckt vor uns steht?

Schreiben ist eine sehr wirksame Arbeitstechnik, um sich etwas an-zu-eignen. Dadurch, dass ich es hand-werklich, in meiner mir eigenen Handschrift, in meiner mir eigenen Anordnung schreibe, wird es mir zu eigen, es geht in meinen Besitz über.

Mitschreiben gibt es als bloßes Abschreiben, etwa von der Tafel - das ist schon ganz gut. Viel anspruchsvoller wird es, wenn nicht das (Tafel-) Bild, sondern das gesprochene Wort wesentliche Informationen trägt. Dann besteht Mitschreiben aus Zuhören, Extrahieren des Wesentlichen und Niederschreiben. Ein Mitlesen in einem vorgefertigten Skript ist keinerlei (!) Äquivalent für diesen Prozess, weil das Hand-Werk fehlt.

Mitschreiben in diesem Sinne können die meisten unserer Studenten nicht. Von der Tafel abschreiben: ja; ein gesprochenes Wort für wichtig halten: niemals! Siehe "Das Urverhalten aller Schüler" (Lehrmail 38).

Wenn sie Mitschreiben lernen sollen, müssen wir sie dazu anleiten, im Verlauf unserer Veranstaltung einen richtigen, kleinen Lehrgang mit ihnen machen, ganz elementar; - und uns vielleicht auch einmal eine ihrer Mitschriften anschauen.

Das geht zu weit? Kindergarten? - Ich glaube nicht, denn ich weiß, wie hand-werklich ich selbst arbeite.

Die Sprechmaschine

Wer vielen Studenten immer wieder dasselbe sagen muss, sehnt sich vielleicht nach einer Sprechmaschine.

In unserem Experimentierpraktikum geben wir den (Zweier-) Gruppen jedes Mal eine Geräteeinführung, die mit den Apparaten vertraut machen und Bedienungsfehler verhindern soll. Das lässt sich auch mit Kassettenrecordern und Kopfhörern machen. Vorteile:

Man erzeugt einmal eine optimale Version, die man per Band immer wieder zur Verfügung hat.

Während die Studenten die Anweisungen abhören, sind ihre Augen und Hände völlig frei; sie können also nach Anweisung handeln, etwas ausprobieren usw., gerade so, als ob jemand hinter ihnen stände und ihnen Anweisungen gäbe.

Die Dozenten sind frei für wichtigere Dinge.

Erfahrungen des Lehrpersonals: super! Auch die Studenten finden das Verfahren gut.

Heilige Tafel

In der Vorlesung schreibt der Dozent an die Tafel - sonst niemand. Die Studenten erleben daher die Tafel als einen Ort, auf dem stets "die Wahrheit" steht und der nur von "der Autorität" beschrieben werden darf.

Das ist ihnen so sicherlich nicht bewusst und uns, die wir die Tafel ganz selbstverständlich benutzen, wohl auch nicht.

"Den Lernprozess des Studenten als Moderator unterstützen" könnte heißen, dass wir auch einmal ein kleines Brainstorming einbauen, bei dem jeder Student einen Beitrag leisten kann. Wird dieser Beitrag dann an die Tafel geschrieben, erlebt der Student, dass auch er "Autorität" wird und ur "Wahrheits"-findung beitragen kann. Ein wichtiger Beitrag zur Stärkung seines Selbstwertgefühls.

Wenn Sie mit dem Overheadprojektor arbeiten: Es gilt eigentlich ganz das Gleiche: Heilige Projektionsfläche.

Optische Rhetorik

Was Rhetorik will, wissen wir oder glauben wir zu wissen: Mit Worten etwas gut vermitteln. Optische Rhetorik tut das mit optischen Mitteln, sie visualisiert.

Ein Beispiel: Visualisieren kennen wir aus Vorlesung, Übung oder Vortrag: Mit Beamer, Overheadfolien, Dias oder der Tafel … Sehr selten wird die Methode bei Besprechungen angewandt, je vornehmer umso weniger. Aber gerade da hat die Methode gewaltige Potentiale. Wer eine Diskussion graphisch darstellt, als Blockbild, als Mindmap, als Liste - wie auch immer, bringt ein starkes Strukturelement in die Gesamtdiskussion ein. Herumlabern über Nebensächliches wird schon sehr viel schwerer, wenn ein Blick auf die Tafel oder das Flipchart zeigt, was das eigentliche Thema ist.

Die Kunst, eine Diskussion zu visualisieren, ist schwer. Blitzschnell muss man sich überlegen, wie ein neuer Gedanke in das Gesamtbild eingefügt werden kann, ob er durch die Art der Darstellung dominant wird, vielleicht nur ein Randthema bleibt und so fort. Die Macht der bildlichen Darstellung ist groß. Sie gut und zielführend zu nutzen – das wäre vielleicht so etwas wie optisch reden zu können.

Bilder im Kopf

Große Luftblasen, die in der Flüssigkeit aufsteigen … Halt! - nicht so schnell! Sprechen Sie bitte einmal ganz langsam und bewusst: "Große Luftblasen, die in der Flüssigkeit aufsteigen ..."

Merken Sie den Unterschied? Wie gro-o-o-ß die Luftblasen plötzlich werden? Und wie sie in der Flüssigkeit auf-(!)-steigen? - Sie sehen sie vor sich? Dann ist es genau richtig für das Sprechen in Ihrer Lehrveranstaltung. Stellen Sie sich das, was Sie mit Worten beschreiben, während des Sprechens ganz real vor, dann wird Ihre Sprache von selbst ausdrucksvoll - und eindrucksvoll für Ihre Studenten, denen Sie damit die Aufnahme Ihrer Gedanken erleichtern.

Immer schneller?

Olympia hat bei manchem die Frage aufkommen lassen: Geht es eigentlich immer noch schneller? - Offenbar nicht, schließlich kann man nicht ankommen, bevor man losgelaufen ist.

Es gibt also eine natürliche Grenze.

Studenten müssen, wenn sie in unseren Lehrveranstaltungen mitarbeiten, Denkprozesse ausführen. Ich stelle sie mir zerlegt vor in kleinste elementare Denkschritte und behaupte: Die Zahl der elementaren Denkschritte, die der Mensch Student in einer bestimmten Zeit ausführen kann, ist endlich, sie hat einen Grenzwert. Der Student kann nicht in Nullkommanix alles gedacht haben.

Wenn es eine solche Grenze gibt, sollten wir sie auch beachten. Die Wissensvermittlung durch immer schnelleren Input zu beschleunigen, kann nicht funktionieren. Mitdenken braucht - auch in seiner schnellsten Form - eine merkbar endliche Zeit. Und sie ist nach meinen Beobachtungen sehr (!) viel länger als wir das als Dozenten gerne hätten.

Beobachten Sie sich einmal selbst beim Denken von etwas Neuem – Sie werden erstaunt sein, wie "langsam" Sie sind - selbst wenn Sie schnell sind.

Blickkontakt und Kompetenz

Das steht in allen Büchern, und jeder Trainer achtet darauf: Denken Sie an den Blickkontakt!

Ich habe lange dazu gebraucht, wirklich frei in das Publikum zu schauen, ganz gleich, ob im Hörsaal oder im Seminarraum. Irgendwie macht man's nicht von sich aus. Die Redesituation kam bei unseren Vorfahren offenbar nicht vor; wir haben kein ererbtes, natürliches Verhalten.

Dazu kam, dass ich mich schlecht konzentrieren konnte, wenn ich das Publikum intensiv anschaute. Zu intensiv darf man es also auch nicht machen. Das ist ein gutes Beispiel für alle Veränderungen, die wir mit uns vorhaben. Es gibt dabei vier Stufen:

  • unbewusste Inkompetenz (man weiß noch nicht einmal, dass man Blickkontakt haben sollte);
  • bewusste Inkompetenz (jetzt hat man es wenigstens erfahren);
  • bewusste Kompetenz (man bemüht sich, aber das Bemühen stört das ganze übrige Geschäft);
  • unbewusste Kompetenz (das ist die Endstufe; durch stetes Üben ist einem der Blickkontakt ganz selbstverständlich geworden; er geschieht ganz natürlich und unbewusst).

Der Weg dahin ist weit, aber nicht aussichtslos.

Fehlerkultur

Die Angst, etwas Falsches zu sagen, etwas, das nicht "die richtige Lösung" ist, sitzt tief in unseren Studenten - aber auch in vielen von uns. Gerade von Dozenten wird erwartet, dass sie alles wissen und alles richtig machen, ja fast unfehlbar sind. Und weil wir dieses Bild gerne pflegen, wird es von unseren Studenten als Verhaltensziel wahrgenommen. Als gute Nachahmungstäter sagen sie dann lieber nichts, "bevor sie sich blamieren.

Die Schule bringt uns fatalerweise bei, dass Fehler etwas Schlimmes sind: "Fehler ist, was der Bestrafung vorausgeht."

Fehler werden von Menschen gemacht, auch von äußerst intelligenten Menschen, z.B. von Studenten und Dozenten. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum ein hochwertiger Denkapparat gerade diesen Fehler gemacht hat, wo und warum er vom logischen Weg abgewichen ist. Daraus muss sich doch etwas gewinnen - das ist: lernen - lassen!

Eine vernünftige Fehlerkultur gibt zu, dass Fehler etwas ganz Normales sind. Insgeheim haben wir sie auch schon längst für uns entwickelt: Wir können mit unseren Fehlern umgehen, wir haben Kontrollen entwickelt, um sie zu vermeiden. Aber wir trauen uns nicht, das öffentlich zu zeigen oder zuzugeben.

Warum eigentlich nicht?

Ich denke manchmal, ob es nicht nützlich wäre, zunächst ganz ernsthaft eine "falsche", aber naheliegende Lösung darzustellen, anhand der Kontrollen aufzuzeigen, dass die Lösung falsch sein muss, zu zeigen, wo der Denkfehler liegt und dann erst die "richtige" Lösung zu bringen. Es kostet Zeit, würde aber manchem Studenten Zutrauen zu sich selbst und zu seinen eigenen Ideen geben.

Der Papierflieger

Alle Augen im Hörsaal folgen ihm, majestätisch fliegt er eine große Kurve und landet vor den Füßen des Dozenten. Die Aufmerksamkeit ist weg - was tun?

  • Dozent A: "Hören Sie sofort mit diesen Kindereien auf, sonst verlasse ich den Saal und stelle die Vorlesung ein!"
  • B: Geht zum Flieger, hebt ihn auf, faltet ihn auseinander und studiert ihn intensiv - äußert sich dann mit enttäuschter Stimme: "Ach, ich dachte, Sie schicken mir einen Beitrag zu unserem Thema..."
  • C: "Sie wollen Ingenieur werden und schaffen es nicht einmal, den Flieger hier sauber auf der Theke landen zu lassen?"
  • D: Hebt den Flieger auf und wirft ihn zurück. Kritischer Blick: "Vorne ein klein bisschen zu schwer!"
  • E: Beachtet den Flieger nicht. - Und sagt damit auch etwas, denn auch für ihn gilt Watzlawicks Axiom "Man kann nicht nicht-kommunizieren!"

Stricken

Nach einem Leserbrief in der FAZ schlägt ein Professor seinen Studenten vor, dass er in der Prüfung auch stricken (und frühstücken) werde; er habe dazu extra stricken gelernt. Dann würde man sehen, wie sich das auf die Konzentrationsfähigkeit auswirke.

"Stricken beruhigt ungemein, da kannst Du so richtig gut zuhören dabei", so meine Tochter.

Was ist davon zu halten?

Mich als Dozenten beruhigt es nicht, ich bin genervt und kann mich nicht konzentrieren. Mit Kaffetrinkern und demonstrativen Zeitungslesern geht es mir ähnlich. Es stört auch mein Selbstwertgefühl. Schließlich gebe ich mir große Mühe, eine gute Veranstaltung zu halten. Wenn mir dann in dieser Form vermittelt wird, dass sie etwa einem Kinobesuch oder einer langweiligen Fernsehshow entspricht, bin ich gekränkt.

Andere Dozenten finden gar nichts dabei.

Meine Lösung: miteinander reden. Genau das sagen, was man empfindet und eventuell bitten, das Stricken, Frühstücken, Zeitunglesen einzustellen.

Meine Tochter hat das Stricken übrigens aufgegeben, seit ihr das Wollknäuel unter allen Sitzen hindurch bis vorne auf die Bühne gerollt ist.

Die Fachsprache

Die Studentin sah mich schuldbewusst (!) an "Eigentlich muss ich das ja schon längst wissen, aber was ist das eigentlich: ein Drehmoment? Ich meine, was muss ich mir darunter vorstellen?"

Jedes Fach hat seine eigene Fachsprache. Fachleute unterhalten sich in dieser Fachsprache, einem geschlossenen System wohl definierter Begriffe. Ein Fachwort benutzen sie wie ein vereinbartes Codewort für etwas sehr Komplexes, eben den Begriff An dem Wort hängt gewissermaßen noch in ganzer Sack voll Vorstellungen, Informationen, Definitionen und Verknüpfungen mit dran.

Für die Studenten besteht die Schwierigkeit darin, in dieses geschlossene System von Fachworten "hineinzukommen". Die mit einem neuen Fachwort verknüpften Assoziationen müssen sich ja erst bilden. Dazu kann ich das Fachwort nur mit bereits bekannten Fachworten definieren oder – viel besser ist: und - mit Alltagsworten, Beispielen und Analogien umschreiben und zwar so lange, bis das Fachwort begriffen wird, d. h. zum Begriff wird.

Da wir selbst den mit dem Fachwort verbundenen Begriff längst verinnerlicht haben, machen wir diese Neueinführung meist viel zu wenig ausführlich. Es gibt wohl nichts Schlimmeres für den Novizen, als dass er die Definition eines Begriffes - womöglich nur in allgemeinster mathematischer Formulierung – vorgesetzt bekommt und dann sofort mit dem zugehörigen Fachwort weitergearbeitet wird, so als ob es schon immer bekannt sei.

Der Studentin konnte ich helfen. Meine Erklärungen, die sich zunächst an der klassischen Lehrbuchdefinition orientierten, halfen ihr aber nicht. Erst als ich ganz anschaulich mit Händen und Bleistiften experimentierte und sogar ein neues Hilfswort erfand ("so eine Art Drehkraft"), begann sich bei ihr eine Vorstellung zu diesem Fachwort zu bilden. In Kürze wird sie "Drehmoment" ebenso selbstverständlich benutzen wie alle "Fach"-leute.

Bedienungsanleitung

Im Praktikum, im Labor haben es unsere Studenten oft mit Geräten zu tun, die sie nicht kennen. Meist legen wir die offizielle Bedienungsanleitung dazu - die weder gelesen noch beachtet wird und mit der wir in der Regel auch nicht zufrieden sind.

Ich habe praktisch alle Bedienungsanleitungen neu geschrieben und immer wieder zu hören bekommen "Endlich mal eine brauchbare Bedienungsanleitung!".

Mein Grundprinzip 1: Die Funktionen der Bedienungselemente erklären, damit der Student auch im Störfall reagieren kann. Also auch keine unbegründeten Anweisungen wie "Auf keinen Fall den Knopf P verstellen!!" Mein Grundprinzip 2: Dreispaltiger Aufbau auf DIN A4-quer. Erste Spalte: Handlungsanweisung; zweite Spalte: Erklärung dazu; dritte Spalte: evtl. Ergänzungen.

Ein Beispiel:

Erste Spalte: Einschalten: grünen Knopf drücken. Zweite Spalte: grüne Lampe leuchtet während des Betriebs. Dritte Spalte: Mit dem grünen Knopf aktiviert man ein Relais, das den Strom für das Gerät einschaltet; das Relais arbeitet in Selbsthalteschaltung, das heißt, wenn der Strom ausfällt, fällt das Relais ab und kann sich nicht von selbst wieder einschalten: das Gerät bleibt ausgeschaltet und muss mit dem grünen Knopf wieder gestartet werden.

Der Anfänger liest alles, der Experte liest nur noch die 1. Spalte, alle Zwischenzustände sind möglich.

Fragen er-warten

"Gibt es dazu noch Fragen? Nein, wir kommen zum nächsten Kapitel!"

Studenten brauchen mindestens 30 Sekunden, um Fragen zu formulieren. Der Prozess in ihrem Kopf ist ja umfangreich: Aha, ich soll eine Frage stellen. Was hat er eigentlich erzählt? Ja, ja, das war ... Und was habe ich da nicht verstanden ... ? Wie frage ich ihn das jetzt am besten? - Wer das in 30 Sekunden schafft, ist sowieso schon ganz gut! Ganz zu schweigen von dem tief eingewurzelten: Was werden die anderen denken, wenn ich mich exponiere?

Der normale Dozent wartet nach der Aufforderung, Fragen zu stellen, 3 Sekunden. Wer länger wartet, fühlt sich nach weiteren 3 Sekunden unwohl, nach 10 Sekunden wird er unruhig, nach 20 erfolgt Schweißausbruch …. Und die Studenten? - Sie sind höchst lernfähige Systeme, sie lernen ganz schnell: Hier muss man gar keine Fragen stellen, der Dozent beantwortet jede Frage selbst. Und zur Zufriedenheit aller gibt es für niemanden Probleme: Der Dozent braucht sich vor keiner gefährlichen Frage zu fürchten, der Student sich nicht anzustrengen oder gar zu exponieren.

Warten Sie wirklich 30 Sekunden (mitzählen), in freundlich einladender Haltung und Mimik. Wenn dann noch keine Frage kommt, helfen Sie den Studenten, die Schwelle zu überwinden: "Ich vermute, dass der Punkt …. schwierig war. Ich hab ihn als Student auch nicht gleich verstanden. Wer kann seine Probleme mit diesem Punkt einmal formulieren?"

Nähe und Ferne

Wessis sind arrogant, Ossis unterwürfig und distanzlos. Dass diese Vorurteile auch mit verschiedenen Kommunikationskulturen zu tun haben, zeigt O. G. Klein in seinem Buch "Ihr könnt uns einfach nicht verstehen".

Beispiel Blickkontakt: Ostler beschweren sich, dass Westler im Gespräch oft Desinteresse spüren lassen. Westdeutsche sagen umgekehrt, dass Ostdeutsche aufdringlich guckten. Tatsächlich schauen Ostdeutsche dem Gesprächspartner länger in die Augen als Westdeutsche. Diesen kommt ein solcher "zu langer" Blick als unangemessen vertraut oder herausfordernd vor. Der für den Westler normale Rhythmus von Hin- und Wegschauen ist für den Ostler wiederum zu kurz, um in "richtigen" Kontakt zu kommen. Ganz ähnlich ist es mit dem Körperabstand. Westler stehen zwischen 10 und 30 cm weiter weg von ihrem Gesprächspartner als Ostler. So kommt es bei den einen rasch zum Gefühl "kalter Distanz" und bei den anderen zu "beklemmender Nähe".

Wie schwierig ist es doch, einander zu verstehen - von dem, was man sagt, ist ja bisher noch gar nicht die Rede!

Abgabetermin

Für viele Studenten ist die pünktliche Abgabe einer Arbeit ein Problem. Ein Grund ist, dass sie - vor allem bei größeren Arbeiten - mit der Zeitplanung nicht klar kommen. Das ist nicht verwunderlich, denn wo sollen sie umfangreiche Erfahrungen erworben haben? Mancher hat in der Schule auch nie "die Härte der realen Welt" erfahren: oft wurde ein Termin wieder und wieder hinausgeschoben, wenn man noch nicht fertig war. Da kommt das harte Vorgehen eines Lehrstuhls als böse Überraschung, das zu manchem Ärger führen kann.

Was ist zu tun? - Ich halte es für sinnvoll, Zeitplanung und Einhalten von Terminen im Studium zu trainieren. Also sollten Sie

a) den Abgabetermin klar und frühzeitig bekanntgeben;

b) die Studenten auffordern, einen Zeitplan zu erstellen;

c) wenn möglich, den Zeitplan besprechen;

d) Zwischentermine mit festen Arbeitszielen vereinbaren;

e) klare Angaben dazu machen, was passiert, wenn der Abgabetermin nicht eingehalten wird;

f) die Einhaltung des Zeitplanes und das zielgenaue Fertigstellen der Arbeit als einen Teil der gesamten Aufgabe darstellen.

Als Sanktionen für verspätetes Abgeben bieten sich an:

a) ein Bonus für zeitkorrekte Abgabe, z. B. raschere Korrektur, bessere Note;

b) ein (ansteigender) Malus für verspätete Abgabe (gilt aus pädagogischen Gründen als nicht so gut).

Die Begründung lautet in beiden Fällen: Wer verspätet abgibt, hatte mehr Zeit für die Bearbeitung und hat ein Ziel der Aufgabe nicht erfüllt, nämlich die Einhaltung des Zeitplanes.