heutiges Thema: Es ist für alle so bequem!
Für Studenten ist es sehr bequem, Vorlesungen zu konsumieren, lautstark nach perfekten Skripten zu rufen - sie sogar über die Evaluierung durchzudrücken - und dieses vorgekaute Zeug dann für die Prüfung auswendig zu lernen. O-Ton: Jetzt zieh ich mir den Stoff rein und in der Prüfung kotz ich ihn dann wieder aus.
Viele Dozenten erfüllen die von ihnen solchermaßen erwartete Rolle: Es ist einfach sehr bequem, die Vorlesung ohne große Vorbereitung nach dem Skript mehr oder weniger "vorzulesen" und sich in der Prüfung im wesentlichen auf Reproduktion, Wiederkäuen des Gelernten zu beschränken. Das ist einfach und schnell zu korrigieren, da gibt es keinen Ärger, weder mit den Studenten, noch mit den Kollegen oder dem Studiendekan.
Es ist sehr bequem, in einer Lehrmail über diese Dinge zu meckern, denn man erreicht diejenigen, die so handeln, mit ziemlicher Sicherheit nicht. Sie aber bestimmen das Umfeld, in dem unsere Lehre stattfindet - sonst wäre es, mit wenigen Ausnahmen, nicht so katastrophal, wie es wirklich ist.
Können wir etwas tun? - Ja: in unserem Bemühen um gute Lehre nicht nachlassen. Den Wert guter Lehre zu erkennen, ist ein langfristiger Prozess, daraus Konsequenzen zu ziehen, geht auch nicht so schnell - es wird noch Jahre dauern.
Nicht nachlassen!
heutiges Thema: Rechtschreibfehler
zum Fasching: Die Bcuhstbaenrehenifloge in eneim Wrot ist eagl
pps. FKARFNRUT, 23. Sptbemeer 2004
Ncah enier nueen Sutide, die uetrn aerdnem von der Cmabirdge Uinertvisy dührruchgeft wrdoen sien slol, ist es eagl, in wlehcer Rehenifloge Bcuhstbaen in eneim Wrot sethen, Huaptschae, der esrte und ltzete Bcuhstbae snid an der rhcitgien Setlle. Die rsetclhien Bshcuteban kenönn ttoal druchenianedr sien, und man knan es tortzedm onhe Poreblme lseen, wiel das mneschilhce Gherin nhcit jdeen Bcuhstbaen enizlen leist, snodren das Wrot als gnazes. Mti dme Pähonemn bchesfätgein shci mherere Hhcochsluen, acuh die aerichmkianse Uivnäseritt in Ptstbigurh. Esrtmlas üebr das Tmeha gchseibren hat aebr breteis 1976 - und nun in der rgchitien Bruecihhsetnafoelngbe - Graham Rawlinson in sieern Dsiestraiton mit dem Tetil "The Significance of Letter Position in Word Recognition" an der egnlsicehn Uitneivrsy of Ntitongahm.
Irgendwie gibt einem das schon zu dneken!
Sprachgeschichte von "Forschung" und "Lehre"
"Forschung" geht auf die indogermanische Wurzel "perek" zurück: "wühlen, aufreißen"; heute noch in unserem Wort "Ferkel". Das kleine Schwein, das im Boden wühlt, ist also der Wort-Vorläufer des heutigen Forschers. Die Bedeutung hat sich von "wühlen" über das mittelhochdeutsche "Furchen-ziehen, pflügen" zum heutigen "suchen, forschen" gewandelt. Forschen kommt also vom Ackerbau her.
"Lehre" gehört zusammen mit unserem heutigen "List" zur Wortfamilie "leisten", das ist ursprünglich "Fußabdruck, Spur" - vgl. "des Schusters Leisten" - und dann auch "Jagd". "Lernen" ist also "einer Spur nachgehen, einem Wild nachspüren".
"Lehren" ist in diesem Sinne: "jemanden nachspüren lassen, zum Nachspüren verhelfen".
Didaktische Theorien
Jeder Dozent hat - und braucht - für seine Lehre eine irgendwie geartete Vorstellung davon, wie Lehre "richtig ist", wie sie funktioniert. Er hat eben seine eigene Theorie über Lehren und Lernen - oft unreflektiert. Viele dieser Theorien sind unbewiesen oder sogar wissenschaftlich widerlegt.
Zum Beispiel:
- Der Lehr"stoff" (welch verräterisches Wort!) kann weitergegeben, gewissermaßen umgefüllt werden. - Daher das Wort "eintrichtern".
- Der Stoff "bleibt hängen". - Wissen hat danach Klebe-Eigenschaften oder es bedarf eines besonderen Klebstoffes, der das Wissen im Gehirn anpappt.
- Wenn man alles vorgetragen, alles "gebracht hat", haben die Studenten auch alles verstanden.
- Studenten brauchen ein gedrucktes Skript. Es ist Voraussetzung für eine gute Lehre.
- Gute Lehre ergibt sich aus guter Forschung.
- In Seminaren müssen Referate gehalten werden. Wenn man eine Folie auflegt, geht der Inhalt schnurstracks in die Köpfe der Studenten über.
Didaktische Alltagstheorien - es gibt noch mehr davon. Aber: Wir wissen es besser.
Brauchen wir Edutainment?
Jede Menge Spaß und Unterhaltung - das Lernen ein einziges Vergnügen? Edutainment suggeriert, dass mit Lernen, mit geistiger Arbeit keine Anstrengung verbunden sei. Wer sich abquält, macht etwas falsch. Es muss einem alles ganz leicht zufliegen, nur dann ist es richtig. Ich glaub's nicht. Lernen - und dabei meine ich Lernen im umfassendsten Sinn - ist Arbeit und oft genug harte Arbeit. Es findet zu großen Teilen auf dem Sitzfleisch statt, davon befreit keine Spaßideologie und kein Vergnügungslernen.
Also: Lernen gleich malochen?
Wenn Lernen Freude macht, fällt es leichter und ist effizienter. Das ist eine gesicherte Erkenntnis der Lernpsychologie - die wir allerdings in der Praxis nicht weiter beachten. Warum eigentlich nicht? Ein wenig mehr Fröhlichkeit, ein wenig mehr Spiel, ein wenig mehr Freude in unseren Lehrveranstaltungen ... Lässt sich da gar nichts machen, um unseren Studenten das Lernen zu erleichtern?
Jemand schrieb zum Unterschied zwischen Spaß und Freude: Spaß ist Freude ohne Sinn. - Vielleicht liegt das Problem darin.
Spielen an der Universität?
"Macht Spiel aus dem Ernst!" so Gerhart Hauptmann. Warum verwendet die Universität das Spielen so wenig in ihrer Ausbildung?
Ich vermute, es liegt am Wort. Spiele werden mit Kindern verbunden, Erwachsenenspiele - wie Kartenspielen - mit Freizeit und Vergnügen. Da kann es sich doch nicht um etwas Ernsthaftes handeln!
Übersehen wird, warum Kinder spielen. Wieder und wieder bauen sie einen Turm aus Bauklötzen, solange bis er stehen bleibt, bis sie diese Herausforderung, diese Aufgabe beherrschen.
Das kann auch für Erwachsene nicht schlecht sein. Spielen als sorgloses Training in einem geschützten Raum - für Aufgaben der Realität. Wenn wir dieses Spielen nützlich organisieren, sollte schon etwas zu lernen sein. Wer Seminare mit Erwachsenen aus Wissenschaft oder Wirtschaft macht, wird immer wieder davon überrascht, wie freudig und begeistert Spiele akzeptiert und angenommen werden - und wie viel dabei gelernt werden kann.
In der außer-universitären Erwachsenenbildung geht es inzwischen gar nicht mehr um die Frage, ob man spielen soll, sondern: wie?
Können Sie in Ihre Lehrveranstaltungen hin und wieder ein Spiel einbauen?
Die 20-Minuten-Regel
Unsere Studenten sind Erwachsene. - Eine neuere Erkenntnis aus der Erwachsenenbildung lautet: Lernen sollte aus einem Wechsel von Information und aktiver Verarbeitungstätigkeit bestehen. Dabei sollten die Phasen der Information nicht länger als 20 Minuten, die Phasen der Übung nicht weniger als 20 Minuten dauern.
Und was machen wir? - Wir halten 90 Minuten Vorlesung - am Stück, möglichst ohne Pause, damit es bald vorüber ist (und viele Studenten wollen das so). Wir halten gesonderte Übungen, bei denen es obendrein mit der Abstimmung zur Vorlesung hapert. Dazu kommt: Die Vorlesung hält der Ordinarius - Signal: das ist das Eigentliche! - die Übung halten die Assistenten - Signal: Das ist wohl eher zweitrangig. (Und dabei ist es doch meistens umgekehrt!)
Warum verzahnen wir Information und Übung nicht direkt, wenn das nachweislich effizienter ist? 90 Minuten aufgeteilt in 20 Minuten Vorlesung - 40 Minuten Übung - 20 Minuten Auswertung und Diskussion - je 5 Minuten für Ein- und Ausstieg, Überblick.