Wie aus Winston Vinstons wurde – Im Land der falschen Namen

„Why did you choose Latvia?“ Diese Frage musste ich zu Beginn meines Auslandssemesters in Liepaja öfter beantworten als die nach meinem Vornamen. In der Tat können viele Letten scheinbar nicht begreifen, wieso sich Menschen aus anderen Ländern freiwillig der Kälte des winterlichen Baltikums aussetzen. Dabei sind sie doch sonst ein so stolzes Volk, die Letten. An gefühlten hundert Feiertagen im Jahr hat jedes Haus per Gesetz Flagge zu zeigen, während dies für Schulen, Museen und andere staatliche Einrichtungen sowieso das ganze Jahr über obligatorisch ist. Volkstanz ist in Lettland quasi Nationalsport und im Chor Volkslieder zu singen ein weitverbreitetes Hobby. Auch ihre Sprache ist den Letten sehr wichtig: Erst im letzten Jahr hat sich die große Mehrheit der Bevölkerung in einem Referendum gegen die Einführung des Russischen als zweite Amtssprache ausgesprochen (die russische Minderheit stellt ca. 29% der Gesamtbevölkerung dar). Somit ist und bleibt Lettisch einzige offizielle Sprache und auch als Austauschstudierender merkt man schnell, dass es sich lohnt, Vokabeln zu lernen, denn des Englischen sind außerhalb Rigas eher wenige mächtig.

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Angesichts der dramatischen Geschichte Lettlands scheint ein solcher Patriotismus kaum verwunderlich, war das Land doch jahrhundertelang Spielball verschiedener Okkupationsmächte und kämpfte lange um seine nationale Unabhängigkeit. Eine Sache werde ich den Letten, nationales Bewusstsein hin oder her, jedoch wohl nie verzeihen: Die Latvinisierung von Personenname. So heißt Winston Churchill hier offiziell Vinstons Čērčils und Gerhard Schröder wird tatsächlich als Gerhards Šrēders tituliert. Auch auf all meinen offiziellen Dokumenten der lettischen Universität steht mein Name in lettischer Form und niemand nennt mich hier bei meinem deutschen Namen. Doch andere Länder, andere Sitten und so bleibt wohl nur der Weg der namentlichen Anpassung.

Dies ist jedoch nicht der einzige Punkt, indem sich die Letten sehr von anderen Nationen unterscheiden. Auch Studieren ist hier anders, sind doch die Kurse meist kleiner als in Deutschland und das Verhältnis zwischen Dozierenden und Studierenden dadurch oftmals familiär geprägt. Allgemein werden hier eher praxisbezogene Inhalte vermittelt und nach dem Absolvieren eines vierjährigen professionellen Bachelorstudiengangs besitzt der Studierende nicht nur einen akademischen Grad, sondern auch eine berufliche Qualifikation, die in Deutschland etwa mit einer abgeschlossenen Ausbildung gleichzusetzen wäre.

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Insgesamt ist Lettland nicht nur ein sehr stolzes, sondern auch ein sehr leeres Land: nur etwas mehr als zwei Millonen Menschen leben hier, das sind weniger als in der deutschen Hauptstadt. Vor allem im Winter können die weiten Felder und Wälder den Eindruck vermitteln, hier existiere weit und breit kein Leben. Erst wenn im März oder April der letze Schnee gefallen ist und die Temperatur langsam über den Nullpunkt steigt, lassen sich wieder Menschen blicken, die sich in Mehrzweckhallen und Schulen zusammenfinden, um gemeinsam Volkslieder zu singen.

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Tatsächlich stellt das rückläufige Bevölkerungswachstum, stark bedingt durch die Abwanderung vieler junger Letten ins Ausland, das Land vor eine große Herausforderung. Dabei bemüht sich Lettland sehr, seinen Teil zur europäischen Identität beizutragen. Die Einführung des Euro 2014 birgt für viele die Hoffnung, dass sich die wirtschaftliche Attraktivität des Landes steigern möge, und auch Rigas Auszeichnung als Kulturhauptstadt im selben Jahr soll helfen, Lettland stärker in den Fokus der Weltöffentlichkeit zu rücken. Dabei ist wichtig zu anzumerken, dass es hierbei nicht um das Baltikum im Ganzen geht, sondern um Lettland an sich, welches jedoch von vielen nur im Kontext des Ersteren wahrgenommen wird. Wie oft wurde ich im Vorfeld meines Auslandsaufenthaltes gefragt, wann es denn endlich los nach Litauen ginge und ob Vilnius oder Tallinn lettische Hauptstadt sei.

Doch angesichts seiner Widerstandsfähigkeit und Stärke, die Lettland in der Vergangenheit wiederholt unter Beweis stellen musste, bleibt wohl zu erwarten, dass das Land auch kommende Hürden erfolgreich nehmen wird. Irgendwann werden die Menschen wissen, wo Lettland liegt und welche Sprache dort gesprochen wird. Wenn mich heute jemand fragen würde, wieso ich mich für Lettland entschieden habe, würde ich sagen: ”For Latvia’s sake. That’s why.”

Ruth Karner

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Model European Union Mainz

Bereits zum vierten Mal findet in diesem jahr in Mainz die “Model European Union Mainz” statt, eine EU-Simulation für Studierende mit 80 bis 90 Teilnehmern aus ganz Europa. Thematisch werden kontroverse Gesetzesinitiativen der Kommission behandelt. Die Teilnehmer werden die Rolle von Rats- und Kommissionsmitgliedern, Journalisten und Parlamentariern einnehmen und eines der 27 Mitgliedsstaaten repräsentieren oder unterschiedlichen Fraktionen angehören. In Fraktionssitzungen, informellen Treffen, Pressekonferenzen oder auch im Plenum soll debattiert, diskutiert und verhandelt werden. Dadurch sollen die Strukturen europäischer Entscheidungsfindung kennen gelernt werden. Die Simulation wird über drei Tage gehen und komplett in englischer Sprache stattfinden. Termin ist der 3.-6.7. Derzeit läuft die Anmeldung. Aktuelle Infos dazu und zum Bewerbungsverfahren auf der MEUM-Homepage http://meumainz.cwsurf.de/. Es wird ein Teilnahmebeitrag für Unterkunft und Verpflegung erhoben, aber für Mainzer Teilnehmer gibt es einen Rabatt, da diese ja keine Unterkunft brauchen.

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ERASMUS-Stipendien 2013/14

…. the early bird gets the worm…..

Es gibt noch einige Restplätze für einen ERASMUS-Aufenthalt im Studienjahr 2013/14  (Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Österreich, Polen, Rumänien, Ungarn, Zypern). Studienbeginn: zumeist Wintersemester 2013. Studiendauer: ein oder zwei Semester. Eine Nominierung für Bulgarien, Griechenland, Rumänien und Ungarn ist auch dann möglich, wenn Sie noch kein studientauglichen Kenntnisse der Landessprache zum Zeitpunkt der Bewerbung nachweisen können. Die Plätze in Irland und Großbritannien sind belegt.

Falls Sie Interesse haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Pia Nordblom: nordblom@uni-mainz.de.

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Prüfungen in Glasgow

Erstmal vorweg: Die Prüfungsphase läuft in Glasgow komplett anders ab als in Mainz.

Die Prüfungstermine für das erste Semesters standen erst Mitte November und damit erst circa 4 Wochen vor der Prüfungen fest was daran liegt, dass die Prüfungstermine zentral geregelt werden.

Nach dem Ende der teaching period in der letzen Novemberwoche hatten wir inklusive dem Wochenende 4 Tage Zeit um für die Prüfungen zu lernen. Am Ende des zweiten Semesters ist diese sogenannte ‚Revision Period‘ um einiges länger, da die teaching period Ende März endet und die Prüfungen erst Ende April losgehen.

Am Tag der Prüfung sollten wir im Idealfall 30 Minuten vorher am Prüfungsort eintreffen. Circa 10 Minuten vor den Prüfungen wurden wir in den Prüfungsraum gelassen. In diesem standen ausschließlich Einzeltische auf denen Tischnummern vermerkt waren. Vor dem Beginn der Prüfung mussten wir dann jeweils einen Zettel mit dem Namen, Matrikelnummer, Tischnummer und Prüfungsname ausfüllen. Das Papier für die Klausur wurde uns von der Uni gestellt.

Die Klausuren werden hie rin Glasgow völlig anonymisiert geschrieben: Es wird zwar der Name auf den Prüfungszettel geschrieben jedoch wird dieser Teil dann abgeklebt, damit der Korrekteur die Klausur völlig objektiv bewerten kann.

Die Klausuren dauern, je nach Level des Kurses, zwischen einer und vier Stunden und (zumindest meine geisteswissenschaftlichen Klausuren) bestanden ausschließlich aus Essayfragen: Wir mussten Textpassagen oder Bilder kommentieren oder zum Beispiel ein Essay zum Verlauf des Civil War schreiben.

Die Klausuren zählen allerdings nicht so wie in Mainz zu 100% sondern es gehen noch andere Leistungen in die letzendliche Note ein: in meinem einen Seminar zählt die Klausur 30%, während die zwei Essays insgesamt 70% zählen. In einem anderen Kurs zählt die Klausur 60% und die restlichen 40% setzen sich aus der Essaynote, der Seminar Paper Note und der mündlichen Mitarbeit im Kurs zusammen.

Persönlich habe ich dies als sehr angenehm empfunden, da man so auch wenn man mal einen schlechten Tag hat gute Chancen hat den Kurs trotzdem zu bestehen. Durch die mündlichen Noten ist außerdem natürlich eine rege Teilnahme im Seminar gewährleistet.

Die Prüfungsergebnisse haben wir dann wenige Tage nach dem Start des neuen Semesters am 7. Januar erhalten. Leider haben wir hierbei lediglich die Gesamtnote erfahren, sodass man in einigen Kursen nicht nachvollziehen konnte welche Noten man in den jeweiligen Teilabschnitten erreicht hat.

Wie auch bei den Kursen gibt es in diesem System der Prüfungen Vor- und Nachteile. Für uns internationalen Studenten war es natürlich nicht so schön, die Prüfungstermine zwecks Flugbuchung erst so kurzfristig zu erhalten; auf der anderen Seite war es sehr angenehm einige Tage zur Prüfungsvorbereitung  zu haben.

Cheers aus Glasgow!

Lea Röhr

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Kurse in Glasgow

Kurz nachdem ich die Zusage für die University of Glasgow bekommen habe, war ich auch schon kräftig damit beschäftigt das Learning Agreement mit Leben zu füllen. Da ich das Learning Agreement auf der Basis des Course Catalogue des Vorjahres ausgefüllt habe, musste ich als ich schließlich in Glasgow angekommen bin einige Veränderungen vornehmen.

Vor Ort haben wir dann auch erfahren, dass wir lediglich drei Kurse á 20 ECTS Punkten belegen dürfen. Nur drei Kurse zu belegen erschien uns allen am Anfang wie ein leichtes Unterfangen aber schon nach wenigen Wochen waren wir alle froh, dass wir nur diese drei Kurse hatten: Obwohl man grundsätzlich nicht besonders viele Semesterstunden hat (in beiden Semestern hatte ich 10-12 Semesterwochenstunden) verbringt man trotzdem sehr viel Zeit mit der Vor- und Nachbereitung der Kurse. In der Regel findet von einem Kurs dreimal die Woche zur selben Uhrzeit eine einstündige Vorlesung statt. Zusätzlich gibt es noch alle 1-2 Wochen ein einstündiges Seminar. In dem Seminar sind immer ca. 8-12 Studenten anwesend und dadurch das in manchen Seminaren die mündliche Mitarbet bewertet wird und auch zur Endnote beiträgt entsteht meistens ein sehr interessantes und reges Unterrichtsgespräch. Die Vorbereitung der Seminare kann  (natürlich je nach Intensivität) auch mal einen ganzen Tag in Anspruch nehmen, was zwar sehr anstrengend ist aber wodurch man natürlich selber auch sehr viel mehr mitnimmt. Ungefähr bis zur Mitte des Semesters musste ich bisher in jedem Kurs ein Essay abgeben. Dieses darf höchsten 1500 Wörter haben. Am Anfang dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass diese Essays eine große Herausforderung darstellen werden aber mittlerweile habe ich erkannt, dass es um einiges schwerer ist alle seine Gedanken in 1500 Wörtern zusammenzufassen als auf 8 Seiten wie wir es ja in Mainz oft machen müssen. Ziemlich schnell (meist nach 1-3 Wochen) findet dann eine Tutorstunde statt, in der man persönlich mit dem Seminarleiter über das Essay redet und dieses zurückbekommt.

Neben den Essays und der mündlichen Mitarbeit geht außerdem die Klausur am Ende des Semesters in die Note mit ein. Darin sehe ich im Großen und Ganzen eigentlich nur Vorteile, da man eine schlechtere Klausurennote mit einem sehr guten Essay einigermaßen ausgleichen kann.

Generell haben mir die Kurse in Glasgow sehr viel Spaß gemacht und mir ist es auch persönlich viel leichter gefallen einer einstündigen Vorlesung zu lauschen als wie in Mainz einer 90minütigen. Dadurch das so wenige Studenten in den Seminaren sind, entsteht eine gute Lernatmosphäre, die zum Austausch von Gedanken und Sichtweisen animiert.

Was ich außerdem positiv anmerken muss, ist das in jedem Kurs ein 'Example Essay' hochgeladen wird wo nochmal genau erklärt wird was in den einzelnen Fragen drankommen kann. Dadurch hat man eine sehr genaue Vorstellung davon was man in der Klausur beherrschen muss und was eher nicht so wichtig ist.

Es ist also deutlich das die Kurse in Mainz und Glasgow sich grundlegend unterscheiden. Ich bin der Meinung, dass beide 'Systeme' ihre Vor-und Nachteile haben aber das manche Dinge nicht einfach so an der jeweils anderen Uni umsetzbar sind.

Cheers aus Glasgow !

Lea Röhr

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Eine Deutsche in Valencia – oder ist denn schon Weihnachten?

Bei warmen 22 Grad mitten im Dezember fällt es einem doch nicht ganz so leicht, weihnachtliche Gefühle und Gedanken aufkommen zu lassen.

Natürlich wird auch in Spanien nicht an der kitschigen Weihnachtsdekoration gespart. Aber man muss sich erst an das Bild gewöhnen, dass diese bei 20 Grad in der Sonne an den Stadtpalmen hängt und man sich nebenan im Café einen Eisbecher bestellt. Angesichts des Kälteeinbruchs in Deutschland, mag man sich aber nicht beschweren, allein aus Solidarität zu Freunden und Familie. 🙂

Nicht nur das Jahr, sondern auch das Semester neigt sich nun dem Ende entgegen und die Klausuren stehen vor der Tür. Demnach sind auch alle Erasmusstudenten mehr oder weniger damit beschäftigt, zu lernen. Trotzdem gibt es aber kein anderes Gesprächsthema zur Zeit unter den Erasmusstudenten als die Weihnachtszeit bei der Familie. Wann fliegt man zurück, mit welcher Fluglinie, wie viele Stunden Aufenthalt hat man zu ertragen, usw... Dementsprechend groß war auch die Besorgnis, als die spanische Fluglinie Iberia ankündigte, kurz vor der Weihnachtszeit zu streiken. Man mag es sich kaum vorstellen, dutzende Erasmusstudenten gestrandet, spätestens auf Mallorca. Gut, dort herrscht mit Sicherheit kein Mangel an Feiermöglichkeiten, aber als wirklicher Ersatz dient es auch nicht. 🙂

Dann aber kam vor einigen Tagen die erleichternde Nachricht, dass Iberia aus Rücksicht nun doch nicht streikt. Nun steht der Heimreise von vielen nichts mehr im Wege!

 

In diesem Sinne,Feliz Navidad a todos!

Judith Perisic

 

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Eine Deutsche in Valencia – oder die spanische Gelassenheit

¡Buenos días a todos!

Ich denke, es dürfte wohl keinem Studenten das Gefühl allzu fremd sein, immer mehr leisten zu müssen. Für jede Veranstaltung müssen Lektüren vorbereitet werden - Referate oder Präsentationen, die einem noch weit bis in die Abendstunden am Schreibtisch sitzen lassen. Und bei der ganzen Arbeit kommt einem dann auch eigentlich die rechte Lust am Studium langsam abhanden. Genauso fühlte ich mich, als ich im Juli/August mein 4. Semester abschloss. Die Jagd nach den guten Noten hatte mich ganz schön erschöpft und ich war froh, Semesterferien zu haben. Auch die Aussicht, am 15. September wieder in die Uni gehen zu müssen, diesmal zwar in Spanien, ließ mich anfangs nicht vor Freude jubeln.

Nachdem ich mich aber an die spanische Bürokratie und den ungewöhnlichen frontalen Unterrichtsstil gewöhnt habe, muss ich mich im Nachhinein für meine anfängliche Skepsis bei der Universität Valencia entschuldigen. Denn gegenteilig zu Deutschland muss ich hier in Valencia lediglich drei Fächer belegen.

Erstaunlicherweise hat dies aber nicht dazu geführt, dass man den gesamten Tag am Strand liegt und Siesta hält, nein, man gibt sich trotzdem die größtmöglichste Mühe - um des Studiums willen. 🙂 Und trotz jeder Menge Fiestas gelingt einem das auch mehr oder minder gut!

 

Diese Gelassenheit findet man aber nicht nur im Unterricht, sondern in jeglichen Bereichen. So kann es durchaus vorkommen, dass man trotz offiziellen Öffnungszeiten ein oder zwei Stündchen vor dem Büro/Einkaufsladen/Sekretariat/oder ähnliches warten muss, oder die Person in der Schlange vor einem ein kurzes halbstündiges Gespräch mit dem Postbeamten über den vergangenen Feiertag hält. Auch mein persönlicher Ansprechpartner hatte zu Beginn des Semesters wider Erwarten eine halbe Woche länger Urlaub gemacht – natürlich ohne dies der verwunderten Uni-Verwaltung mitzuteilen.

Und ja, ich muss zugeben, zuerst hat mich die bedingungslose Gelassenheit fast wahnsinnig gemacht. Inzwischen aber weiß ich nicht mehr, wie ich es im straff organisierten und immerzu rasanten Deutschland ausgehalten habe. Zwar ist meine Gelassenheit noch nicht ganz vollendet und so ausgereift wie bei den Spaniern, aber ich werde mich weiter bemühen, dies noch auszubauen.

In diesem Sinne verabschiede ich mich,

 

Hasta Luego, Judith Perisic

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In Cork with Cumann Staire!

Cork ist toll! Die Busfahrt dahin allerdings nicht- Wenn es sonst heißt alle Straßen führen nach Rom, trifft das in Irland auf Dublin zu. Alles andere sind einspurige Landstraßen, und die irischen Busfahrer geben gerne Gas bis zum Anschlag, nur um dann im nächsten Moment volle Kanne in die Eisen zu steigen. Aber die 4,5 Stunden Busfahrt haben sich gelohnt!
Der Name Cork kommt übrigens aus dem Irischen Wort "Corcaigh" was so viel wie "Sumpf" bedeutet. Das kommt nicht von ungefähr, denn das umliegende Land ist recht feucht, Corks Hauptstraßen waren alles Kanäle. Das sieht man auch heutzutage noch an einigen der Häuser, da über einer kleineren runden Tür in Straßenhöhe für die Boote Treppen zu der eigentlichen Haustür hinaufführen. Und An Cumann Staire ist die hießsige Geschichtsfachschaft (http://www.cumannstaire.com).

Die Innenstadt sah wunderschön aus, da sie überall schon die Weihnachtsbeleuchtung aufgehangen haben- auch wenn das für meinen Geschmack noch ein bisschen zu früh war.
Den Abend haben wir dann in diversen Pubs verbracht.
Am Samstag hat uns Dónal (der Vorsitzende von An Cumann Staire, der hießigen Geschichtsfachschaft) dann eine vierstündige mehr oder weniger historische Tour durch Cork gegeben.
Angefangen haben wir mir der Church of St. Anne im Stadtteil Shandon, die praktischerweise direkt neben unserem Hostel war. Diese ist auch als der "viergesichtige Lügner" bekannt, da früher alle vier Uhren auf ihrem Turm verschiedene Uhrzeiten anzeigten. Den Glockenturm kann man besteigen (was ein bisschen abenteuerlich war) und man darf sogar Lieder mit den Glockenspielen. Von mir gab es eine glorreiche Darbietung von "Schlaf, Kindlein, Schlaf" (das hat Dónal für mich ausgesucht, da es das einzige deutsche Lied war), die anderen spielten "Amazing Grace" und "Blowing in the Wind". Und die Aussicht von ganz oben über die gesamte Stadt war fantastisch!
 
Im Anschluss haben wir uns noch eine andere sehr schöne Kirche angeguckt, bevor es dann zum University College Cork (UCC) ging. Es gab dort sehr viele alte, erfurchteinflößende Gebäude. Meine erste Assoziation war ebenfalls Harry Potter, anscheined haben das die (ehemals) britischen Unis gemeinsam.
Aula Maxima im Quadrangle 
Und wie man sieht: In Irland scheint auch mal die Sonne 😉
anach haben wir uns noch die nahegelegene St. Fin Barre's Cathedral angesehen. Ihr Wahrzeichen ist ein goldener Engel, der zwei Trompeten spielt auf der rückwärtigem Dach der Kathedrale. Dieser wurde einmal gestohlen und es wurden 100.000 Lösegeld gefordert. Der Stadtrat legte diese in einem Umschlag auf dem Friedhof bereit, doch der Dieb nahm sich "nur" 5.000 heraus und gab die Statue zurück. Dies wird ihr mehr oder weniger als kleines Wunder angesehen- die spinnen die Iren!

Am Sonntag haben wir uns dann noch das Grab von George Boole, dem großen Mathematiker (der unter anderem das Binärsystem, das ich in der 5.Klasse nicht verstanden habe, entwickelt hat), angesehen und einen schönen ausgedehnten Spaziergang durch einen riesigen Park unternommen.
Abends kamen wir dann gegen Acht wieder in Galway an und haben das Wochenende bei einem gemütlichen Pint im O'Donell's bzw. im Salthouse ausklingen lassen- zumindest diejenigen von uns, die nicht im Stehen eingeschlafen sind  😉
Slán,
Annika Stendebach

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Gedanken am lettischen Unabhängigkeitstag. Darf’s noch etwas Mayonnaise dazu sein?

Fackeln. Flaggen. Die Nationalhymne. Der Präsident spricht vor dem Freiheitsdenkmal. Und die Masse – schaut unbeeindruckt. Vielleicht sind einige ein wenig verklärt und besinnlich. Dann bewegen sich tausende von Menschen in Richtung Daugava, und um exakt 21 Uhr beginnt das Feuerwerk. Volkstümliche lettische Musik erklingt. Und plötzlich: Ein Anflug von Lachen, Staunen und Freude. Ein ungewohnter Anblick, bei diesen sonst eher zurückhaltenden, ja manchmal fast emotionslos wirkenden Letten. Sie feiern ihren Nationalfeiertag: den Unabhängigkeitstag.

In den letzten dreieinhalb Monaten habe ich von Lettland und seinen Bewohnern (sowohl von den permanenten als auch von den temporären) einiges gelernt:
Da wäre zum Einen diese überaus merkwürdige und nicht eben einfach zu lernende Sprache [Vergleiche hierzu auch den lesenswerten Eintrag meines Kommilitonen]. Gerade anfangs habe ich gelernt, wie man sich mit einem bemerkenswert verwirrenden Mischmasch aus Russisch, Lettisch, Englisch und Zeichensprache verständigen kann, wenn die Sprachbarriere auch unüberwindbar schien.
Da wäre zum Zweiten die wichtige Lektion, dass man geringe Distanzen nicht unterschätzen sollte:
150km auf Lettlands Straßen; dafür sollte man annähernd vier Stunden einkalkulieren. So kann sich auch ein kleines Land wie Lettland doch erstaunlich ausdehnen...
Da wäre außerdem die streitbare lettische These, dass Mayonnaise wirklich zu jedem Gericht passe.

Das wichtigsten aber, was Lettland, die Letten und ERASMUS mich gelehrt haben: Was es heißt, Europäer zu sein. Wenn man mit einer bunten Gruppe von ERASMUS-Studenten zusammen kocht, wird die Italienerin über die lettische Mayonnaisen-Obsession schimpfen, während der Belgier prinzipiell nichts gegen die Mayonnaise einzuwenden hat, die lettische jedoch nun mal keinen Vergleich zur belgischen darstelle;
wenn der Deutsche sich unter den Fackeln und Flaggen am lettischen Unabhängigkeitstag zuerst ein wenig unwohl fühlt, während die Französin die bei den Letten die Begeisterung vermisst; stellt man fest: Wir sind so unterschiedlich – aber wir teilen gemeinsam die Erfahrung, anders und fremd in diesem Land zu sein. Durch die Erfahrung der gemeinsamen Fremdheit erkennen wir dann doch, wie ähnlich wir uns eigentlich sind.

Und ich glaube, auch die Letten wissen im Grunde, dass Mayonnaise nicht zu jedem Gericht passt.

Aline Breuer