Zehn Stunden Lernzeit verteilt über zehn Wochen ist genauso effektiv wie zehn Stunden lernen an einem Tag. Stimmt’s? Hier erfahren Sie die Antwort auf diese Frage:
Was war die Ausgangsfrage? Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung an den Hochschulen werden auch neue Lehrformate, wie Online Vorlesungen immer beliebter. Online Vorlesungen setzen jedoch eine hohe Eigenverantwortlichkeit der Studierenden voraus, da sie sich den Lernstoff selbst über das Semester hinweg einteilen müssen. Daher stellt sich die Frage, wie Studierende mit dieser Herausforderung umgehen und welche Lernstrategien sich als erfolgversprechend herausstellen.
Was wurde untersucht? Die Autoren untersuchten das Lernverhalten von 424 Studierenden in einer Online Vorlesung über den Verlauf eines Semesters. Am Ende des Semesters wurde die Gesamtanzahl der Minuten berechnet, die die Studierenden online auf der Lernplattform verbracht haben. Die Einteilung der Lernzeit über die Wochen wurde als Maß des verteilten Lernens einbezogen. Studierende, die in mehreren Wochen online gelernt haben, erzielten dahingehend höhere Werte als Studierende, die beispielsweise lediglich in den letzten beiden Wochen vor der Klausur gelernt hatten. Außerdem hatten die Studiereden die Möglichkeit online Selbsttests zu bearbeiten um ihr eigenes Wissen zu überprüfen. Die Summe der bearbeiteten Selbsttests wurde ebenfalls am Ende des Semesters erfasst.
Was kam raus? Die Gesamtzeit, die die Studierenden mit dem Lernen online verbracht haben, hatte keinen Einfluss auf die Note in der Abschlussklausur. Stattdessen zeigte sich, dass Studierende, die ihr Lernen über das Semester hinweg verteilten und häufiger die Selbsttests nutzten, besser abschnitten als solche, die diese beiden Lernstrategien nicht anwendeten. Zudem zeigte sich, dass Studierende, die bereits in der Schule gute Noten hatten (gemessen durch den Abiturdurchschnitt) bessere Noten schrieben. Außerdem waren gewissenhafte Studierende im Vorteil. Diese verteilten ihr Lernen besser über das Semester und waren dadurch erfolgreicher.
Was können Sie mitnehmen? Die Ergebnisse der Studie sprechen eine klare Sprache: Es kommt nicht auf die Gesamtzeit an, die man für das Lernen aufwendet, sondern darauf, wie man diese nutzt! Dabei ist es besonders wichtig sich das Lernen über die Zeit zu verteilen und das eigene Wissen regelmäßig zu überprüfen, sodass etwaige Wissenslücken frühzeitig erkannt werden. Diese Lernstrategien sind übrigens unabhängig des Lernkontexts hoch effektiv und für alle Lerner gleichermaßen wirksam! Besonders die weniger gewissenhaften unter Ihnen sollten daran denken frühzeitig mit dem Lernen anzufangen.
Hier geht’s zum Originalartikel:
Theobald, M., Bellhäuser, H., & Imhof, M. (2018). Identifying individual differences using log-file analysis: Distributed learning as mediator between conscientiousness and exam grades. Learning and Individual Differences, 65, 112-122. https://doi.org/10.1016/j.lindif.2018.05.019
Hier noch ein Literaturtipp, wenn Sie noch mehr über effektive Lernstrategien erfahren möchten:
Dunn, D. S., Saville, B. K., Baker, S. C., & Marek, P. (2013). Evidence-based teaching: Tools and techniques that promote learning in the psychology classroom. Australian Journal of Psychology, 65, 5–13. https://doi.org/10.1111/ajpy.12004
Autorin: Maria Theobald