Turku – Stadt der Möglichkeiten

Was haben ein Kreuzfahrtschiff, Lenin und Paavo Nurmi gemeinsam? Ganz einfach: Wer sich geschickt anstellt, der erhascht in Turku einen Blick auf alle drei. Dort werden nämlich nicht nur riesige Vergnügungskreuzer gebaut, die später alle Weltmeere befahren und den mit fruchtigen Cocktails befüllten Passagieren im Rentenalter eine Mordsgaudi bieten. Auch Wladimir Iljitsch Lenin ist dort eine Statue gewidmet, die die Finnen von der Sowjetunion während des Kalten Krieges für Ihre Treue als Handelspartner geschenkt bekamen. Über diese Auszeichnung haben sich die Finnen so sehr gefreut, dass sie die Statue in der fünftgrößten Stadt Finnlands zwischen einigen sehr hochgewachsenen und sichtbehindernden Hecken aufstellten, die scheinbar nie jemand schnitt. Da es sich jetzt allerdings um eine der letzten Lenindenkmale außerhalb Russlands handelt, werden die Büsche wieder regelmäßig getrimmt. Zudem  ist dem finnischen Langläufer Paavo Nurmi eine Statue östlich des Aurajoki gewidmet. Der joggte das kleine Völkchen und deren junge Nation nach dem Ersten Weltkrieg regelrecht in das Bewusstsein der Welt, indem er zwischen 1920 und 1928 acht olympische Goldmedaillen gewann.

Aurajoki mit Kathedrale von Turku im Hintergrund
Aurajoki mit Kathedrale von Turku im Hintergrund

Das alles sind Dinge, die ich vor meinem Erasmusaufenthalt in Turku von August 2012 bis Mai 2013 nicht wusste. Es sind jedoch Dinge, die mich bis ans Ende meines Lebens begleiten werden, genauso wie meine dort entwickelte, seltsame Vorliebe für salzige Lakritze und Kartoffelaufläufe und viele andere wunderbare Erfahrungen. Doch warum schreibe ich diesen Blogeintrag, wo ich doch schon längst wieder im (verhältnismäßig) warmen und dichtbesiedelten Deutschland angekommen bin? Weil ich möchte, dass möglichst viele andere auch ihre Möglichkeit wahrnehmen, ein ähnliches Abenteuer wie ich zu erleben. Damit das ganze für euch reibungslos über die Bühne geht, hier fünf essenzielle Tipps:

  1. Bewerbt euch rechtzeitig um eine Wohnung. Das Turun Ylioppilaskyläsäätiö (sowas wie das Studierendenwerk) bietet zahlreiche Wohnungen an. Ich habe im Student Village gewohnt, das sich direkt neben der Uni befindet und von dem man munkelt, dass in den Gemeinschaftsküchen ab und an - verbotenerweise – Partys stattfinden, bei denen das ein oder andere schale Finnische Bier getrunken wird. Für Spätbewerber gibt es auch noch Wohnungen, die sind allerdings eher mit dem Adjektiv ‚ländlich‘ zu charakterisieren. Das bedeutet in Finnland mitten in der Pampa.
  2. Macht euch nicht zu viele Sorgen um euer Learning Agreement. Das lässt sich auch vor Ort noch ändern. Die Uni Turku bietet für Austauschstudierende zahlreiche Kurse in englischer Sprache und zu allen möglichen Themen an. Der vielbeschworene ‚Blick über den Tellerrand‘ ist Teil jedes Erasmusaufenthalts und kann in Turku nicht nur in den hervorragenden Mensen, sondern auch akademisch verwirklicht werden. Ernsthaft, das Essen der Mainzer Zentralmensa sieht dagegen aus wie Hundefutter.
  3. Geht auf Reisen. Die Jungs und Mädels vom Erasmus Student Network organisieren alle möglichen Trips zu günstigen Preisen. Ob Lappland (da wohnt der Weihnachtsmann!), Russland (da sind die Städte riesig!), Schweden (da gibt es mehr zu sehen als im heimischen Ikea!) oder Estland (da ist der Alkohol bill… ähm, Tallinn hat eine wunderbare mittelalterliche Altstadt!), alles eine Reise wert.
  4. Zieht euch warm an. Das ist wörtlich gemeint. Im Januar sind teilweise -25 Grad.
  5. Fragt nach. Ein finnisches Sprichwort sagt:  „Ei kysyvä tieltä eksy. - Wer fragt, verirrt sich nicht.“ Das gilt nicht nur in Finnland selbst, wo fast alle Leute gutes Englisch sprechen. Auch die Fachkoordinatoren und die International Offices der Uni Mainz und Turku sind sehr kompetent und helfen meist unkompliziert weiter.
Gefrohrene Ostsee bei der Überfahrt nach Tallinn
Gefrohrene Ostsee bei der Überfahrt nach Tallinn

Jetzt bleibt mir eigentlich nur noch zu hoffen, dass IHR euch für Turku entscheidet. Ich hatte dort eine tolle Zeit und habe viele neue und interessante Leute getroffen. Es gibt viel zu entdecken und zu erleben. Auch wenn das jetzt etwas kitschig klingt, aber ich habe mich eigentlich nie wohler gefühlt als in Turku. Gebt den Finnen eine Chance, sie werden euch garantiert nicht enttäuschen! In diesem Sinne:

Viel Erfolg beim bewerben und Moi Moi,

Maximilian Franz

 

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Turku