Vienna calling – Wien in fünf Punkten erklärt: Punkt 4

Punkt 4: Nationalismus – Kinder auf einem Panzer scheinen nicht immer ein Grund zur Besorgnis zu sein, oder vielleicht doch?

Während in Deutschland der Nationalstolz ganz gut (außer zur Fußball-WM) aus der Öffentlichkeit vertrieben worden zu sein scheint, wird er in Österreich in einigen Situation doch sehr gerne ausgelebt. Das wohl beste Beispiel hierfür ist der Nationalfeiertag

– „der was? Ach, da haben wir frei? Na super!“

Parlamentsgebäude - eines der zahlreichen repräsentativen Bauten entlang des "Rings"

Wien ist natürlich eine tolle Stadt, es gibt aber einige Plätze, die man vor allem am Wochenende eher meiden sollte, quasi die Innenstadt, denn diese ist überfüllt von Touristen, die einen anrempeln (es sei denn man rempelt als erstes, es ist ein harter Existenzkampf, man mag es kaum glauben) und deren Kameras, vor die man automatisch läuft. Am vollsten ist die Stadt jedoch am Nationalfeiertag und diesmal tatsächlich von den Wienern selbst. An sich eine ganz nette Veranstaltung, erinnert einen so ein bisschen an den Johannisfest am Rhein, überall gibt es leckere Süßspeisen, die Eltern sind mit ihren Kindern da, Musik aus Lautsprechern und Panzer – „Ähm, was?“ Ok, zugegeben, das scheint wohl doch nicht so wie der Johannisfest zu sein. Zwischen den Menschenmassen finden auf einmal Truppenübungen statt, das Bundesheer verteilt Flyer und Kinder toben auf Panzern rum, während die Eltern die selbigen dabei fotografieren.

Ein Panzer als Spielwiese vor der Hofburg

Gewissermaßen bin ich froh, dass diese Inszenierung doch nur einmal im Jahr in solchen Ausmaßen stattfindet. Danach kann man die ständigen Etikettierungen auf den Lebensmitteln mit „Garantiert aus Österreich“ (als würde ich das Wasser nicht trinken oder die Kartoffeln, pardon Erdäpfel nicht essen, wenn sie aus einem anderen Land stammen) nur noch belächeln. Lustig, aber irgendwie auch traurig.

 

Jelena Menderetska

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Wien