Eine Deutsche in Valencia – oder die spanische Gelassenheit

¡Buenos días a todos!

Ich denke, es dürfte wohl keinem Studenten das Gefühl allzu fremd sein, immer mehr leisten zu müssen. Für jede Veranstaltung müssen Lektüren vorbereitet werden - Referate oder Präsentationen, die einem noch weit bis in die Abendstunden am Schreibtisch sitzen lassen. Und bei der ganzen Arbeit kommt einem dann auch eigentlich die rechte Lust am Studium langsam abhanden. Genauso fühlte ich mich, als ich im Juli/August mein 4. Semester abschloss. Die Jagd nach den guten Noten hatte mich ganz schön erschöpft und ich war froh, Semesterferien zu haben. Auch die Aussicht, am 15. September wieder in die Uni gehen zu müssen, diesmal zwar in Spanien, ließ mich anfangs nicht vor Freude jubeln.

Nachdem ich mich aber an die spanische Bürokratie und den ungewöhnlichen frontalen Unterrichtsstil gewöhnt habe, muss ich mich im Nachhinein für meine anfängliche Skepsis bei der Universität Valencia entschuldigen. Denn gegenteilig zu Deutschland muss ich hier in Valencia lediglich drei Fächer belegen.

Erstaunlicherweise hat dies aber nicht dazu geführt, dass man den gesamten Tag am Strand liegt und Siesta hält, nein, man gibt sich trotzdem die größtmöglichste Mühe - um des Studiums willen. 🙂 Und trotz jeder Menge Fiestas gelingt einem das auch mehr oder minder gut!

 

Diese Gelassenheit findet man aber nicht nur im Unterricht, sondern in jeglichen Bereichen. So kann es durchaus vorkommen, dass man trotz offiziellen Öffnungszeiten ein oder zwei Stündchen vor dem Büro/Einkaufsladen/Sekretariat/oder ähnliches warten muss, oder die Person in der Schlange vor einem ein kurzes halbstündiges Gespräch mit dem Postbeamten über den vergangenen Feiertag hält. Auch mein persönlicher Ansprechpartner hatte zu Beginn des Semesters wider Erwarten eine halbe Woche länger Urlaub gemacht – natürlich ohne dies der verwunderten Uni-Verwaltung mitzuteilen.

Und ja, ich muss zugeben, zuerst hat mich die bedingungslose Gelassenheit fast wahnsinnig gemacht. Inzwischen aber weiß ich nicht mehr, wie ich es im straff organisierten und immerzu rasanten Deutschland ausgehalten habe. Zwar ist meine Gelassenheit noch nicht ganz vollendet und so ausgereift wie bei den Spaniern, aber ich werde mich weiter bemühen, dies noch auszubauen.

In diesem Sinne verabschiede ich mich,

 

Hasta Luego, Judith Perisic

Veröffentlicht am | Veröffentlicht in Valencia