Informationssammlung vor Ort
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Die deutschen Diplomaten, die in der Regel Osmanisch sprachen oder über eigene Dolmetscher verfügten, waren vor Ort oft gut vernetzt. Nur so konnten Sie ihrem dienstlichen Auftrag, der Förderung deutscher (vor allem wirtschaftlicher und militärischer) Interessen vor Ort, gerecht werden. Dadurch waren sie früh und intensiv mit dem sich radikalisierenden Vorgehen des Bündnispartners gegen die Armenier konfrontiert. Über die Konsulate, die das Land in einem dichten Netz durchzogen, standen sie in engem Kontakt zu den zahlreichen deutschen Militärs, Missionaren, Unternehmen sowie Hilfs- und Bildungseinrichtungen, die vor Ort tätig waren und über die Armeniergräuel vor ihren Augen berichteten. Vielfach forderten die im Nahen Osten lebenden Deutschen ihre Vertreter aus humanitären, religiösen, militärischen oder wirtschaftlichen Überlegungen auf einzugreifen. Auch Repräsentanten der Armenier selbst versuchten, die Diplomaten für sich zu gewinnen.
Sammelstelle aller eingehenden Informationen war die kaiserliche Botschaft in Konstantinopel, die von Botschafter Hans von Wangenheim und ab November 1915 von Paul von Wolff-Metternich geleitet wurde. Hier wurden die Berichte der Auslandsdeutschen und der Konsuln gesammelt, ausgewertet, zusammengefasst und an das Auswärtige Amt sowie an Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg weitergeleitet. Dabei half den deutschen Konsuln das Privileg, das osmanische Telegraphennetz benutzen zu dürfen. Gleichzeitig wurden die deutschen Diplomaten jedoch von der jungtürkischen Regierung mit Fehlinformationen versorgt, die gerade in der Frühphase der Vernichtung nicht hinterfragt, sondern sogar als glaubwürdiger als die Berichte aus den deutschen Konsulaten eingeschätzt wurden. So hieß es, die Deportationen gingen auf Fehlverhalten der lokalen Behörden zurück oder seien eine militärisch notwendige Reaktion auf armenische Aufstände in Frontnähe. Durch die zahlreichen Berichte war Botschafter Wangenheim aber spätestens im Juli 1915 klar, dass die jungtürkische Regierung „tatsächlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu vernichten“.
Begrenzte Intervention
Die anfängliche Bereitschaft der deutschen Diplomatie, der jungtürkischen Regierung zu glauben, hatte einen einfachen Grund: Primäres Ziel deutscher Diplomatie war es, das Waffenbündnis mit dem Osmanischen Reich zu erhalten. Ein erster Protest wurde im Juli noch recht vorsichtig formuliert: Die deutsche Botschaft verwies auf das Leid vieler Unschuldiger und forderte, „Leben und Besitz der vertriebenen Armenier zu schützen“ und „die Durchführung der von den Kriegsgerichten (…) gegen Armenier bereits verhängten oder zu verhängenden Todesurteilen aufzuschieben“.
Diese Vorsicht währte jedoch nur kurz. Gegenüber seinem amerikanischen Kollegen sprach der deutsche Botschafter im August von „acts of horror“. Der Reichskanzler wies den neuen Botschafter Wolff-Metternich am 10. November schließlich an, sich „bei jeder sich bietenden Gelegenheit und mit allem Nachdruck (…) bei der Pforte zu Gunsten der Armenier“ einzusetzen. Der Botschafter baute den (allerdings rein verbalen) Druck auf das jungtürkische Komitee schrittweise auf. Am 7. Dezember berichtete er nach Berlin:
„Ich habe die Armeniergreuel im Laufe der letzten Woche mit Enver Pascha, mit Halil Bey und heute mit Djemal Pascha ernstlich besprochen und darauf hingewiesen, dass Unruhe und Empörung auch im befreundeten Ausland und in Deutschland weite Kreise ergriffen habe (…) Ich habe eine äusserst scharfe Sprache geführt.“
Er machte den Vorschlag, die Jungtürken mit einer Veröffentlichung in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung” öffentlich unter Druck zu setzen. Obwohl sein Vorgesetzter im Auswärtigen Amt Staatssekretär Gottlieb von Jagow diese Idee unterstützte, unterband der Reichskanzler dieses Ansinnen kategorisch:
„Die vorgeschlagene öffentliche Koramierung eines Bundesgenossen während laufenden Krieges wäre eine Maßregel, wie sie in der Geschichte noch nicht dagewesen ist. Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Kriege werden wir die Türken noch sehr brauchen.“
Augenzeugenschaft und Unterstützung
Auch wenn der Schutz deutscher Interessen also aus Sicht der Reichsführung eine öffentliche Intervention unmöglich erscheinen ließ, blieben deutsche Konsuln vor Ort nicht untätig. Gerade angesichts der Rahmenbedingungen des Weltkriegs, die kaum noch Ausländer im Osmanischen Reich zuließen, waren die Bemühungen deutscher Diplomaten, die Vernichtung der Armenier wenigstens als Augenzeugen zu dokumentieren oder als Helfer vor Ort zu unterlaufen, wichtig.
In Erzurum war es der Vizekonsul Max Erwin von Scheubner-Richter, der die Verfolgungen 1915 empört dokumentierte und (zunächst gegen den Willen Wangenheims) versuchte, zugunsten der Armenier zu vermitteln. Er erklärte Ende Juli 1915:
„Mir scheint hierbei, dass der hiesige Wali (…) gegen die schroffe Richtung machtlos ist. Von den Anhaengern letzterer wird uebrigens unumwunden zugegeben, dass das Endziel ihres Vorgehens gegen die Armenier die gaenzliche Ausrottung derselben in der Tuerkei ist. Nach dem Kriege werden wir ‚keine Armenier mehr in der Türkei haben‘ ist der wörtliche Ausspruch einer maßgebenden Persoenlichkeit. (…) Das tuerkische Volk selbst ist mit dieser Loesung der Armenierfrage keineswegs einverstanden und empfindet schon jetzt schwer die infolge der Vertreibung der Armenier ueber das Land hier hereinbrechenden wirtschaftlichen Not.“
Effektivere Hilfe konnte der Konsul in Aleppo, Walter Rößler, leisten. Rößler hatte die Realität der jungtürkischen Vernichtungspolitik sehr früh begriffen, da er durch seine osmanischen Kontakte gut informiert war. Er knüpfte Verbindungen zu osmanischen Beamten und leitete unter diesem Schutz u.a. amerikanische Hilfsgelder an Missionsschwestern weiter, die den in die syrische Wüste östlich von Aleppo deportierten Armeniern Hilfe zukommen ließen. Gemeinsam mit dem deutschen Offizier Friedrich Kreß von Kressenstein gelang es ihm sogar, Cemal Pascha mit militärhygienischen Bedenken gegen Leichen auf den Hauptwegen der osmanischen Truppen für eine (wenn auch unzureichende) Versorgung armenischer Flüchtlinge im osmanischen Syrien zu gewinnen.
Autor: Yannick Weber
Begriffe
Pforte: Eigentlich Hohe Pforte. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde mit diesem Begriff der Sitz des osmanischen Großwesirs beziehungsweise der osmanischen Regierung bezeichnet. Bei ihm lag über lange Zeit die eigentliche politische Macht. Lediglich unter Abdülhamid II. (Sultan zwischen 1876 und 1909) verschob sich das Machtgefüge zum Sultanspalast. Danach ging die politische Macht wieder zum Großwesir zurück.
Wali: Titel eines Gouverneurs an der Spitze der Verwaltung eines sog. Vilayets, d.h. einer großen Verwaltungsprovinz.
Personen
Theobald von Bethmann Hollweg (1856-1921) war ab 1909 Reichskanzler und zugleich preußischer Ministerpräsident und preußischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Der vormalige Verwaltungsbeamte sah die Möglichkeit eines deutschen Sieges von Beginn des Weltkrieges an skeptisch und wurde 1917 auf Druck der Obersten Heeresleitung als Reichskanzler entlassen.
Gottlieb von Jagow (1863-1935) war ab 1913 Staatssekretär im Auswärtigen Amt und damit de facto der Außenminister des Reichs, bei dem die Berichte der diplomatischen Vertretungen zusammenliefen. Er wurde Mitte 1916 wegen seines Protests gegen den uneingeschränkten U-Boot-Krieg seines Amtes enthoben.
Walter Rößler (1871-1920) war 1910 bis 1918 deutscher Konsul in Aleppo. Der erfahrene Diplomat war durch seinen engen Kontakt zu dem lokalen osmanischen Beamten Wali Dejalal Bey sowie zahlreiche Berichte von Deutschen vor Ort bestens über die Armeniergräuel informiert.
Max Erwin von Scheubner-Richter (1884-1930) war ab dem 17. Februar 1916 Vizekonsul des deutschen Konsulats Erzulum. Am 6. August desselben Jahres wurde der Deutschbalte versetzt und war fortan als Kommandant einer deutsch-osmanischen Militäreinheit tätig. Heute ist Scheubner-Richter bekannt, weil er als NSDAP-Mitglied beim „Marsch auf die Feldherrenhalle“ umkam und deswegen von Adolf Hitler in der Würdigung von „Mein Kampf“ namentlich erwähnt wurde.
Hans von Wangenheim (1859-1915) war von 1912 an deutscher Botschafter in Konstantinopel, wo er am 25. Oktober 1915 an einem Schlaganfall starb. Der pflichtbewusste Diplomat pflegte engen Kontakt zu Innenminister Talaat und Kriegsminister Enver, wodurch es ihm gelang, der Reichsleitung ausführliche Berichte zur innenpolitischen Lage des Osmanischen Reichs und damit auch zu den Armeniergräulen zur Verfügung zu stellen.
Paul von Wolff-Metternich zur Gracht (1853-1934) war vom 15. November 1915 bis zum 3. Oktober 1916 deutscher Botschafter in Konstantinopel. Er war vom Außenministerium instruiert worden, sich für die Armenier einzusetzen. Bei diesem Engagement ging der Botschafter teilweise höchst ungeschickt vor und machte sich bei der Osmanischen Regierung so unbeliebt, dass diese sich (erfolgreich) für seine Abberufung einsetzte.
Literatur zum Weiterlesen:
Barth, Boris: Der Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg. Die Politik des Deutschen Reiches und die internationale Forschung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 55 (2004), S. 319-337.
Bloxham, Donald: Power politics, prejudice, protest und propaganda. A reassessment of the German role in the Armenian genocide of WWI. In: Der Völkermord an den Armeniern und die Shoah. Hrsg. v. Hans-Lukas Kieser und Dominik J. Schaller. Zürich 2002, S. 213-244.
Dadrian, Vahakn N.: German responsibility in the Armenian genocide. A review of the historical evidence of German complicity. Watertown 1996.
Joseph, Mike: Max Erwin von Scheubner-Richter. The Personel Link from Genocide to Hitler. In: Der Völkermord an den Armeniern und die Shoah. Hrsg. v. Hans-Lukas Kieser und Dominik J. Schaller. Zürich 2002, S. 147-165.
Stangeland, Sigurd Sverre: Die Rolle Deutschlands im Völkermord an den Armeniern 1915-1916. Trondheim 2013.
Weber, Frank G.: Eagles on the crescent. Germany, Austria, and the diplomacy of the Turkish Alliance, 1914-1918. Ithaca 1970.
Material für die Projektarbeit
(zusammengestellt von Andreas Frings)
Das folgende Material kann genutzt werden, um der komplizierten Arbeit eines Diplomaten, hier des deutschen Konsuls in Aleppo Walter Rößler, nachzugehen. Rößler war unter anderem für die Durchleitung von Hilfsgeldern an armenische Netzwerke verantwortlich, die wiederum Armenierinnen und Armeniern in der syrischen Wüste zu helfen versuchten. Rößler selbst hielt Kontakt zu Beatrice Rohner, einer Schweizer Theologin, die unter anderem Waisenhäuser für armenische Waisenkinder im osmanischen Syrien zu organisieren versuchte. Außerdem arbeitete er eng mit Vali Djelal Bey zusammen, dem osmanischen Vali von Aleppo, der sich gegen Anordnungen aus Konstantinopel zur Behandlung der Armenier sperrte.
Die folgenden Zitate können genutzt werden, um in einem Arbeitsauftrag zunächst die "Sachgeschichte" des Kampfes Walter Rößlers um seine Reputation aufzuarbeiten [Sachanalyse]. In einem weiteren Schritt kann versucht werden, die Vorgänge historisch zu interpretieren, also tentativ die Frage zu beantworten, was damals - und warum - passiert sein mag [Sachurteil]. Erst in einem dritten Schritt sollte ein Werturteil eingefordert werden - wenn möglich aber nicht heroisierend, also der Frage nachgehend, ob Walter Rößler ein guter Mensch war, ob er ein Vorbild ist oder dergleichen, sondern bezogen auf die Frage, was wir daraus an Handlungsempfehlungen für die Gegenwart ableiten können, etwa für diplomatisches Handeln deutscher Amtsträger in Konfliktregionen.
Als Ergänzung bietet sich ein Blick in die Quellensammlung unter http://www.armenocide.net/ an, die mit Suchbegriffen durchsucht werden kann, wie auch eine Arbeit mit Wikipedia und anderen online verfügbaren Materialien insbesondere zu den Akteuren.
Beitrag in der "The Westminster Gazette", 30.09.1915
„Inzwischen gewöhnen wir uns unglücklicherweise an die fürchterliche Barbarei, in die der Krieg durch Kriegsteilnehmer, die auf Recht und Menschlichkeit nicht achten, gewendet werden kann. Männer wurden niedergeschossen, gequält, verstümmelt oder in Arbeitsbataillone verschleppt; Kinder wurden weggebracht und zum Islam zwangsbekehrt; Frauen wurden verletzt (auch: vergewaltigt) und im Landesinneren versklavt, niedergeschossen oder mit ihren Kindern in die Wüste westlich von Mossul weggebracht, wo es weder Wasser noch Essen gibt, um elend zu sterben. Weit davon entfernt, den deutschen Einfluss zu nutzen, um diesen niederträchtigen Verbrechen Einhalt zu gebieten, wird uns sogar erzählt, dass deutsche Konsuln die Vorgehensweise in einigen Fällen leiteten oder förderten. So ging Rößler, der Konsul in Aleppo, nach Aintab, um die Verfolgung persönlich zu überwachen [...]. Die deutsche Kultur wird auf ihr Bündnis mit der Türkei zweifellos stolzer sein als je zuvor – Gleichgesinnte rotten sich tatsächlich zusammen. Die neutrale Welt kann aber kaum umhin kommen, eine neuerliche Bestätigung der Tatsache zu sehen, dass die Sache der Alliierten die Sache der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit ist.“[1]
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts (Jagow) an den Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim). Telegraphischer Erlaß No. 1918. Berlin, den 9. Oktober 1915
„Feindliche, neuerdings auch neutrale Presse fährt fort Deutschland der Mitschuld und Anstiftung bei angeblichen Ausschreitungen zu bezichtigen die anläßlich türkischer Maßnahmen gegen Armenier begangen sein sollen. Westmister Gazette vom 30st. vor. Mts. behauptet daß deutsche Konsuln, so Hr. Rössler in Aintab, das türkische Vorgehen geleitet und dazu ermuntert hätten. Ähnliche Beschuldigung aussprachen kürzlich Lord Cromer und Lord Crewe im Oberhaus unter Berufung auf amerikanische Augenzeugen. Kurze Notiz die solche Behauptungen als lächerliche Lügen bezeichnet wird hier veröffentlicht. Schleuniges ausführliches Dementi erscheint jedoch unerläßlich, da deutsche öffentliche Meinung stark beunruhigt. [...] Vielleicht könnte die Pforte an Artikel der Westminster Gazette und Erklärungen im Oberhaus anknüpfen, das Verhalten der Armenier und die Notwendigkeit der türkischen Gegenmaßregeln nochmals kurz darlegen und anschließend daran etwa sagen, sie lege Wert darauf festzustellen daß deutsche Botschaft und Konsulate sich auch während des Krieges stets der Armenier angenommen, ihre Beschwerden zur Kenntnis der Behörden gebracht und auf milde Behandlung hingewirkt hätten. [...] Ferner wollen Ew. Exzellenz die Angelegenheit im Hinblick auf die im Oberhaus angerufenen amerikanischen Zeugen mit Botschafter Morgenthau besprechen und wenn möglich auch ihn zu einer Gegenerklärung veranlassen.“[2]
Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an das Auswärtige Amt. Telegraphischer Bericht
Nr. 2359. Pera, den 15. Oktober 1915
„Mr. Morgenthau, mit welchem Angelegenheit eingehend besprochen, erklärte sich zu Dementi außerstande, will aber Bericht amerikanischen Konsuls Aleppo über Haltung Konsuls Rössler in Armenierfrage einfordern und nach Genehmigung seiner Regierung uns zur Verwendung überlassen. Morgenthau betonte wiederholt, er wisse genau, daß deutscherseits alles geschehen sei, um die türkische Regierung von ihrem Vorgehen gegen den unschuldigen Teil der Armenier abzubringen und die Ausschreitungen zu verhindern. Auch sei ihm aus Berichten seiner Konsuln bekannt, daß die deutschen Konsuln sich stets und überall der unglücklichen Armenier angenommen haben.“[3]
Der Konsul in Aleppo (Rößler) an den Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim). Bericht No. 2351. Aleppo, den 25. Oktober 1915
„Euerer Exzellenz beehre ich mich auf die in der "Westminster Gazette'' gegen mich erhobenen Beschuldigungen, ich hätte die türkische Bewegung gegen die Armenier geleitet und ermutigt, in der Anlage mit dem Anheimstellen geeignet scheinender Verwendung zwei Briefe zu überreichen, welche dartun, wie die amerikanische Mission in Marasch über meine Wirksamkeit in dieser Stadt aus Anlass meiner Dienstreise vom 28. März bis 10. April d.J. gedacht hat. Der erste dieser Briefe ist an den deutschen Missionar Herrn Blank gerichtet. [...] Der Verfasser E. C. Woodley ist englischer Staatsangehöriger (Kanadier) und befindet sich noch jetzt an der Spitze der amerikanischen Mission in Marasch. Der zweite Brief ist vom Vorstand der Mission, an erster Stelle wieder von Herrn Woodley an mich selbst gerichtet [...]. Beide Aeusserungen der Mission sind spontan erfolgt und in keiner Weise von mir hervorgerufen worden. Ich bedurfte solcher Aeusserungen nicht und konnte nicht voraussehen, dass sie von mir einst noch zur Abwehr feindlicher Verleumdungen gebraucht werden könnten. [...] Je eine der Abschriften ist vom hiesigen amerikanischen Konsul beglaubigt. Je zwei weitere Abschriften sind gehorsamst beigefügt. Desgleichen ein Durchschlag des gegenwärtigen Berichtes. [...]
Als ich auf der Rückkehr von Marasch am 8. April spät abends in Aintab ankam, erfuhr ich, dass der General Fakhri Pascha und in seiner Begleitung der deutsche Major Graf Wolffskeel in der Stadt seien, um nach Marasch, Zeitun und anderwärts auf Inspektionsreise zu gehen. Graf Wolfskeel war mein Zimmernachbar, während Fakhri Pascha in einem Hause gegenüber wohnte. Unter diesen Umständen hielt ich es für meine Pflicht, Fakhri Pascha einen Höflichkeitsbesuch abzustatten, wollte ihm auch Gelegenheit geben, mit mir über Marasch zu sprechen, falls er Wert darauf legen sollte. Ich verschob daher meine auf 6 Uhr morgens geplante Weiterreise auf 9 Uhr morgens und war um 8 Uhr bei ihm. Der Besuch blieb ein Höflichkeitsbesuch. Armenier von Aintab aber und mit ihnen dortige amerikanische Missionare mögen den Schluss gezogen haben, dass die Begegnung beabsichtigt war und die Besprechung die armenische Frage zum Gegenstand hatte. Auch die Tatsache dass Graf Wolffskeel den General Fakhri Pascha begleitete, wird die Vermutung genährt haben, dass die Türkei unter deutschem Rat und Einfluss handelte. Ich darf hinzufügen, dass Graf Wolffskeel auch bei den militärischen Massnahmen gegen die Aufständischen bei Suediye Ende September Fakhri Pascha begleitet hat. Euer Exzellenz hoher Erwägung stelle ich daher gehorsamst anheim, ob es zweckmässig ist, dass ein deutscher Offizier an einer Expedition gegen einen inneren türkischen Feind teilnimmt. [...]
Anlage 4. Marash, April. 2nd 1915. Mr. Roessler, Consul of the Imperial German Government at Aleppo American Mission. Marash, The American Mission in Marash:
We desire to express our sense of the value of your present visit to Marash and that its results may be permanently secured […]. It is unnecessary for us to set forth here the critical state of affairs in Marash, in recent weeks, inasmuch as you are fully acquainted with it. We rejoice that your influence has already made itself felt for good. Our fear, however, is that, when the restraint of your official presence is removed, the former conditions will return. We feel very strongly that there should be some official representative or representatives of Foreign Powers in Marash, at least until a more normal state obtains.”[4]
[1] DE/PA-AA/R14087. URL: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1915-09-30-DE-004. Kürzung und Übersetzung von Andreas Frings.
[2] DE/PA-AA/BoKon/170. URL: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1915-10-09-DE-002.
[3] DE/PA-AA/R14088. URL: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1915-10-15-DE-001.
[4] DE/PA-AA/BoKon/171. URL: http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1915-10-25-DE-011.