Friedrich Schlegel

Band 28 im Hochstift vorgestellt

„Lesen Sie sie nur recht, es ist doch viel darin“ – unter diesem Motto wurde am 8. Februar der von Cosima Jungk und Anke Lindemann herausgegebene Briefband 28 der Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main vorgestellt.

Das historische Ambiente des mit Naturgemälden und Büsten geschmückten Gartensaals verbreitete schon vor Veranstaltungsbeginn die passende Atmosphäre. Als sich der Saal um 19 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt hatte, konnte man sich in einen literarischen Salon der Romantik versetzt fühlen. Anlass zu Gesprächen über das Zeitgeschehen, Literatur und Kunst gaben an diesem Abend die in Band 28 versammelten Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel aus den Jahren 1811 bis 1814.

Nach der Begrüßung durch die Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts, Anne Bohnenkamp-Renken, bekamen die Anwesenden in zwei Kurzvorträgen Einblicke in die Entstehungsgeschichte, den Briefbestand und die Themen des Briefbandes.

Tim Porzer skizzierte in seinem Vortrag die Entstehungsgeschichte des Bandes, der insgesamt 530 Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel enthält. Dabei betonte er die Bedeutung des Briefs als unverzichtbares Kommunikations- und Informationsmedium. Friedrich und Dorothea Schlegel standen beim Schreiben und Versenden ihrer Briefe erst aufgrund des unsicheren Status des Postgeheimnisses, dann durch die Koalitionskriege vor erheblichen Herausforderungen. Die Reaktionen auf die kriegerische Expansionen Napoleons bildeten zugleich den historischen Hintergrund, vor dem die Briefe entstanden sind.

Ulrich Breuer stellte in seinem Einführungsvortrag die zentralen Projekte Friedrich Schlegels zwischen 1811 und 1814 vor. Sowohl in seiner Vorlesung zur Geschichte der alten und neuen Literatur als auch in seiner Zeitschrift Deutsches Museum verfolgte Schlegel – modern gesprochen – das Ziel eines nation building und trat für einen historisch fundierten deutschen Nationalstaat ein. Während sein Vorlesungszyklus die Literatur als politisch wirksam rekonstruiert und die Macht einer ‚nationalen Geistesbildung‘ auch Staatsmännern empfiehlt, zielt das Deutsche Museum auf eine Bündelung der intellektuellen Kräfte im deutsch-österreichischen Kulturraum unter der Idee nationaler Selbstbesinnung ab.

Die anschließende Lesung von elf exemplarischen Briefen Friedrich und Dorothea Schlegels vermittelten dem Publikum authentische Eindrücke aus der Wiener Romantik. Die Briefe Friedrich Schlegels wurden von Sebastian Reis, Schauspieler am Schauspiel Frankfurt, vorgelesen, während die ausgebildete Sprecherin, Ingrid Reitenbach, den Briefen Dorothea Schlegels ihre Stimme lieh. Mit viel Gefühl für die Briefe sowie die darin eingeschriebenen Intentionen und Emotionen verliehen sie den Briefen einen ganz individuellen Ton, der deren Intensität nochmals steigerte.

Aus Friedrich Schlegels Briefen wird sein engagiertes und sprachlich gewitztes Werben um Beitragende ersichtlich. Dorothea Schlegels Korrespondenz mit ihren Söhnen gewährt Einblicke in den Kreis der Nazarener, wenn Johannes Veit aus Rom berichtet. Philipp Veit dagegen schreibt als Freiwilliger über den Krieg gegen Napoleon.

Am Ende der Veranstaltung ließen die Anwesenden den Abend mit einem Glas Wein und alkoholfreien Erfrischungen ausklingen und nutzten die Chance, die gewonnen Eindrücke zu rekapitulieren und einzelne Themen in kleiner Runde zu vertiefen.

Es war ein rundum geglückter Abend und die Arbeitsstelle Friedrich und Dorothea Schlegel bedankt sich herzlich bei allen Anwesenden und Beteiligten, die diesen Abend ermöglicht haben.

Bilder: Claudia Bamberg

Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel im Jubiläumsjahr erschienen

Am 10. März 2022 wurde der 250. Geburtstag des ideensprühenden Mitbegründers der deutschen Romantik gefeiert. Zahlreiche Beiträge haben aus diesem Anlass verdeutlicht, in welchem Maße Friedrich Schlegel als scharfsinniger Kritiker (FAZ) und ‚Erfinder der Gegenwart‘ (SZ) verstanden werden kann. Mit seinem Enthusiasmus und seiner reichen Vielseitigkeit inspiriert er bis heute die Geisteswissenschaften.

Am 13. Juni 2022 ist mit Band 28 ein weiterer Band der Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe erschienen. Die von Ernst Behler begründete, von Andreas Arndt fortgesetzte und inzwischen von Ulrich Breuer betreute Edition gehört zu den Großprojekten der Germanistik. Sie bietet in ihrer dritten Abteilung die Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Der neue Band wurde unter dem Titel Während der Erhebung gegen Napoleon (1811–1814) von Anke Lindemann und Cosima Jungk herausgegeben. Er versammelt auf 924 Seiten die Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel aus den Jahren 1811 bis 1814. In dieser Zeit versuchte Friedrich Schlegel insbesondere mit seiner Zeitschrift Deutsches Museum zum Konzept einer historisch fundierten deutschen Nationalstaatlichkeit beizutragen. Die Briefe seiner Ehefrau Dorothea, eine Tochter Moses Mendelssohns, beschäftigen sich mit den aufreibenden Ereignissen der Napoleonischen Kriege. Auch Dorotheas Sohn Philipp Veit nahm aktiv an den Kämpfen teil.

Mit dem Erscheinen von Band 28, der mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft von der Arbeitsstelle Friedrich und Dorothea Schlegel an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erstellt werden konnte, rückt der von der Forschung lange ersehnte Abschluss der Kritischen Friedrich-Schlegel-Ausgabe ein großes Stück näher.