Geniza-Projekt Alsenz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Genisa bezeichnet man einen Lagerraum bzw. eine Abstellkammer für gebrauchte religiöse Schriften, die sich meist in oder an einer Synagoge befinden. Heilige Schriften und konsekrierte Gegenstände dürfen nach jüdischem Religionsgesetz nicht einfach vernichtet oder ins „Altpapier“ gegeben werden, sondern müssen gesondert gelagert werden. In verschiedenen Teilen Deutschlands sind in den vergangenen Jahrzehnten einige solcher Genisot entdeckt worden (darunter in Mainz Weisenau oder zuletzt in Bayreuth). Doch außer den vom Genisaprojekt Veitshöchheim inventarisierten unter- und oberfränkischen Funden sind nur wenige adäquat dokumentiert und ausgewertet worden. Eine vollständige Beschreibung liegt für keine der mittlerweile immer zahlreicher bekannt gewordenen Genisot in Deutschland vor. Und dies, obwohl das erhaltene Material einen einzigartigen Einblick in die Kultur und das Leben jüdischer Gemeinden in der frühen Neuzeit bieten kann.

Die Erschließung und Dokumentierung der Genisa der Synagoge von Alsenz ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes und angesichts des Umfangs der Funde ein dringendes Desiderat. Durch eine systematische Katalogisierung und Beschreibung der entdeckten Handschriften, Dokumente, Fotos und Textilien (Mappot und Vorhänge) soll ein Beitrag zur Erforschung des Landjudentums in Deutschland geleistet werden. Durch die Datenbank gestützte Erschließung der zahlreichen Buch- und Handschriftenreste soll ein Vergleich mit ähnlichen Funden in Deutschland und die Vernetzung mit ähnlichen Projekten ermöglicht werden. Das kulturelle und intellektuelle Profil der Landgemeinde von Alsenz, die vom 17. bis in das 19. Jahrhundert existierte, soll  anhand der Genisa-Funde, darunter zahlreiche handschriftliche Zeugnisse und Korrespondenzen, rekonstruiert werden.

Das bis heute stehende und mittlerweile privat genutzte Synagogen- und Schulgebäude der jüdischen Gemeinde Alsenz wurde 1762-65 durch den herrschaftlichen Baumeister Szekl erbaut. Er erstellte einen spätbarocken kubischen Putzbau mit hohem Walmdach, in dem auch die Schule sowie die Wohnung des Lehrers und Vorbeters eingerichtet wurden. Der Bau kostete die Gemeinde 4.000 Gulden, eine hohe Summe, die erst 1782 ganz bezahlt war. Ursprünglich war der Fußboden des Betsaales einige Stufen unter dem des heutigen Niveaus. Dadurch hatte die Synagoge auch ausreichende Höhe für eine Frauenempore. 1852 wurde der Boden höher gelegt; seitdem war auch keine Frauenempore mehr vorhanden.  Möglicherweise wurde zu diesem Zeitpunkt die Genisa verlegt.

Durch einen Brand in einem Nachbarhaus wurde die Synagoge 1911 beschädigt und musste renoviert werden. 1912 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. Auf Grund der zurückgegangenen Zahl der Gemeindeglieder (1933 nur noch neun jüdische Einwohner) wurde das Gebäude 1933 an einen ortsansässigen Bauern verkauft. Dieser verwendete sie als Lagerschuppen und vermietete die ehemalige Lehrerwohnung.

Lange stand die Synagoge leer, bis sie 1981 von einer Familie aus Frankfurt/Main gekauft und restauriert wurde. Die während der NS-Zeit teilweise abgeschlagene, hebräische Inschrift über dem Eingangstor ist noch lesbar und enthält Zitate aus Psalm 118,20 ("Dies ist das Tor des HERRN. Gerechte werden dort einziehen") und 1. Mose 28,17 ("Hier ist nichts anderes als Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels"). Das Gebäude wurde 1982 unter Denkmalschutz gestellt. 1986 bis 1988 wurde das Gebäude renoviert. Bei der Sanierung wurden die Reste der Genisa auf dem Dachboden entdeckt.

Das Projekt wurde (2010) durch die inneruniversitäre Forschungsförderung der Johannes Gutenberg-Universität gefördert.