Das konfessionelle Gesundheitswesen in Burkina Faso

Zusammenarbeit und Spannungen mit dem öffentlichen Gesundheitswesen

Quelle: Fotoalbum Haute Volta 1962, Archiv der Soeurs Missionnaires de Notre Dame d’Afrique, Rom.Wie in vielen anderen westafrikanischen Ländern stützt sich in Burkina Faso der Staat auf die Aktivitäten religiöser Gruppen, um der Bevölkerung qualitativ und quantitativ ausreichende Gesundheitsleistungen anbieten zu können. Obwohl bekannt ist, dass das konfessionelle Gesundheitsangebot in den afrikanischen Gesundheitssystemen einen großen und weiterhin wachsenden Anteil des gesamten Sanitärangebotes ausmacht, gibt es wenig detaillierte Untersuchungen dazu. Hier setzt das beantragte Projekt an. Um die Bedeutung religiöser Gemeinschaften für das Gesundheitswesen in Burkina Faso in ihren konkreten Tätigkeitsfeldern erfassen zu können, werden aktuelle Formen des konfessionellen Gesundheitssektors, wie er von katholischen, protestantischen und muslimischen Gemeinschaften angeboten wird, und die historische Entwicklung dieses Engagements untersucht. Dieses Projekt beschränkt sich nicht auf die Untersuchung einer einzigen Religionsgemeinschaft wie das häufig der Fall ist in der anthropologischen Literatur, sondern untersucht parallel die zwei „großen“ Religionen. Burkina Faso bietet für eine solche Studie ein aufschlussreiches Forschungsfeld, das nicht in die geläufige Vorstellung eines islamisch-christlichen Gegensatzes passt: Die Gesellschaft ist überwiegend muslimisch, während ihr Gesundheitssystem durch die Präsenz christlicher Organisationen geprägt wird. Warum und wie dieses Zusammentreffen relativ friedlich funktioniert, welche Kooperationen und Arbeitsteilungen im Gesundheitswesen sich zwischen den religiösen Institutionen und zwischen ihnen und dem Staat ausgebildet haben und welche Bedeutung diese religiöse Pluralität für die Gesellschaft besitzt, will dieses Projekt erforschen. Dazu wurden städtische und ländliche Untersuchungsräume ausgewählt, in denen die religiöse Gruppen Gesundheitszentren und andere Angebote im Gesundheitssystem unterhalten und ausbauen.

Methodisch werden Konzepte der Religionsethnologie und der Gesundheitssoziologie, aber auch der Geschichtswissenschaften angewendet. Dieser interdisziplinäre Forschungsansatz ist unerlässlich, um die Tätigkeiten der religiösen Gruppen und ihre unterschiedlichen historischen Entwicklungen, aus denen ihre heutigen Aktivitäten hervorgegangen sind, angemessen analysieren zu können. Die komparativ und diachronisch angelegte Fragestellung des Projektes möchte die Abgrenzung auf eine einzige Religion vermeiden und den Akzent auf die Interaktionen der verschiedenen Religionen untereinander und mit staatlichen Institutionen legen. An der Schnittstelle zu Religionsethnologie, Entwicklungsethnologie und der Ethnologie des Staates bietet dieses Projekt eine ungewöhnliche Perspektive auf Religion in ihrer materiellen Dienstleistungsfunktion.

Bild: Quelle: Fotoalbum Haute Volta 1962, Archiv der Soeurs Missionnaires de Notre Dame d’Afrique, Rom.