Der Amazonas-Regenwald als Gegenstand Interkultureller Kommunikation

Die lange Zeit stabile Weltordnung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde nach dem Ende des Systemkonflikts zwischen Ost und West und der entsprechenden Einteilung in eine Erste, Zweite und Dritte Welt nachhaltig verändert; an ihre Stelle ist eine multipolar und multikulturell geprägte Ordnung getreten, die von einer zunehmend dichteren Vernetzung ökonomischer, ökologischer, politischer und anderer Teilsysteme geprägt ist. Diese Entwicklung hat einen Einfluss auf die internationalen Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften, wie auch jeweils Rückwirkungen auf ihre innere Struktur; zudem steht dieser Prozess unter permanenter Aufmerksamkeit und Beobachtung der Weltöffentlichkeit, und zwar vermittelt über die Medien, seien es klassische Printmedien, Massenmedien oder neue digitale Medien.

Mit dieser Entwicklung hin zu einer Weltgesellschaft haben sich die Bedrohungsszenarien verlagert, und zwar von ideologischen Konflikten und kulturellen Differenzen hin zur ökologischen Bedrohung durch den Klimawandel in seinen diversen Formen. Dabei hat sich jüngst die Bedrohung der Regenwälder und der damit ausgelösten Folgewirkungen zu einem bedeutsamen Thema entwickelt, und hier wiederum, als das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Welt, der Amazonas-Regenwald.

Mit dem damit verbundenen ungleichen Zugang zu Ressourcen ist ein weiterer Kandidat für die Umgestaltung der Weltordnung, der immer häufiger in der Wissenschaft wie auch der Tagespresse zu finden ist, benannt. Wurden in den 60er und 70er Jahren noch die Umweltprobleme vor der eigenen Haustüre debattiert, so landen heute Schreckensbilder von Desertifikation, Waldsterben, Dürre und Flut bei Medienkonsumenten weltweit. Umweltprobleme scheinen erst durch die massenmediale Vermittlung an Internationalität zu gewinnen (KOHOUT, F. (1999), S. 17). Unabhängig von Nationalität und sozialer Schicht werden die Menschen auf globaler Ebene mit der Tatsache konfrontiert, dass das menschliche Handeln und der allzu unbedarfte Umgang mit natürlichen Ressourcen ihren Tribut zollen. Umweltkatastrophen, wie der Tsunami im Jahr 2006, die Dürre im Amazonas-Regenwald 2006 und 2007 oder die Sturmflut in Burma 2008 sind zum gewohnten Bild geworden.

Einen Erklärungsansatz für den Einfluss von Umweltveränderungen auf den Menschen versucht die Politische Ökologie zu liefern. Als Datengrundlage dienen physisch-geographische Messdaten, die mit Hilfe sozialwissenschaftlicher bzw. sozialgeographischer Fragen angegangen werden. Die Politische Ökologie geht davon aus, dass soziale und ökonomische Eigenschaften wie auch kulturelle Sichtweisen einer Gesellschaft den Umgang mit Natur und den Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur bestimmen. Der Ansatz geht folglich nicht von naturdeterministisch festgelegten Tragfähigkeitsgrenzen aus, sondern von einer gesellschaftsbedingten Ressourcenknappheit, die sich besonders im Zugang zu den Ressourcen zeigt. Gemeint sind hiermit z. B. die Normen, die den Zugang und die Nutzung und Verteilung von Ressourcen regeln (KRINGS, T. (2001) S. 93f). Als bestes Beispiel kann hierfür der Umgang mit den tropischen Regenwäldern angeführt werden, an denen deutlich wird, dass ökologische Veränderungen auf regionaler oder nationaler Ebene transnationale Auswirkungen zufolge haben.

Die Lösungsfindung auf globaler Ebene gestaltet sich schwierig aufgrund der Vielschichtigkeit der Abhängigkeiten der gestaltenden Akteure voneinander, zumal die aktuellen Diskussionen vor allem zwischen ungleichen Ländern und deren ungleichen Interessen stattfinden. MAYER-TASCH spricht bei der Erwägung der daraus folgenden politischen Herausforderungen gar von einer „unvergleichlichen Größenordnung". Letztlich steht nicht weniger als das ökologische Gleichgewicht und damit das Überleben bzw. die Form des menschlichen Daseins zur Disposition (MAYER-TASCH (1999), S. 17).

Alte und neue aufkeimende Nord-Süd Konflikte zwischen Industrie- und sogenannten Entwicklungsländern bestimmen die Diskussion. Vorwürfe von „Ökoimperialismus" an die Staaten des Nordens mehren sich, hindert doch Naturschutz die meist von Rohstoffexporten abhängige Entwicklung der „Staaten des Südens". Den Industriestaaten wird vorgeworfen, dem Umweltschutz Vorzug gegenüber wirtschafts- und entwicklungspolitischen Interessen der Drittweltländer Vorrang zu geben.

Bei der Diskussion geht es jedoch nicht allein um eine sozio-ökonomische bzw. ökologische Dimension. Nicht neu aber dennoch aktuell ist die Verknüpfung von ökologischen Veränderungen und Sicherheitspolitik. Offensichtlich wird diese Verknüpfung bei der Betrachtung der Folgen des Klimawandels. Kaum ein Tag vergeht, an dem das Thema keinen Eingang in umweltpolitische Ausführungen und die Medien findet.

Gegenstand der Untersuchung ist die Kommunikation über das Thema Amazonas-Regenwald, wie sie in verschiedenen Bereichen wie Politik (z. B. Umweltpolitik, Sicherheitspolitik, Innenpolitik, Wirtschaftpolitik, Außenpolitik), Kultur, Wirtschaft, Recht etc. in den Medien durchgeführt wird und zwar im interkulturellen Vergleich Deutschland und Brasilien.

Projektlaufzeit: Juli 2008-lfd.

Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Michael Hanke (Institut für Interkulturelle Kommunikation)
Dipl.-Geogr. Eva Riempp (Geographie)

Kooperation mit dem Geocycles-Projekt "Strategien zur Nutzung der Ressource Regenwald in den Staaten des Bergland von Guyana: Venezuela, Brasilien, Guyana, Suriname und Französisch Guyana."

Weitere Kooperationspartner:
Univ.-Prof. em. Dr. Manfred Nitsch: Lateinamerika – Institut der Freien Universität Berlin (Forschungsschwerpunkt: VWL / Politische Ökonomie Lateinamerikas )
Prof. Dr. Oliver Fahle: Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar (Juniorprofessor für Geschichte und Theorie der Bildmedien)
Prof. Dr. Vinicius Andrade Pereira: Universidade do Estado do Rio de Janeiro, Rio de Janeiro, Brasilien (Forschungsschwerpunkt: Medien)
Prof. Dr. Irene Machado: Pontifícia Universidade Católica, São Paulo, Brasilien (Forschungsschwerpunkt Semiotik)