Tagung 2015

Un/doing Differences.
Kategorisierungen und soziale Zugehörigkeiten

15.-17. Oktober 2015, Aula der Hochschule Mainz, Lucy-Hillebrand-Str. 2, 55128 Mainz

Vom 15.-17. Oktober fand an der Hochschule Mainz die interdisziplinäre Arbeitstagung "Un/doing Differences. Soziale Kategorisierungen und Zugehörigkeiten" statt. Die Beiträge der Tagung beleuchteten aus sozial- und kulturwissenschaftlichen Perspektiven die Herstellung, Überlagerung und Aufhebung sozialer Kategorisierungen von Menschen, das doing und undoing von Differenzen.

Gesellschaften treffen Unterscheidungen, zum Beispiel zwischen verschiedenen Pflanzen, Tieren, Dingen oder Krankheiten. Die wichtigsten Differenzierungen sind jedoch jene, mit denen sich die Unterscheider selbst voneinander unterscheiden: die Kategorisierungen von Menschen. Das gesellschaftliche Personal sortiert sich entlang zahlreicher Differenzierungslinien: nach Hautfarben, Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung oder Leistung sowie nach scheinbar nebensächlichen Aspekten wie Attraktivität, Geschmack oder Lebensstil. In all diesen Hinsichten entstehen verschiedene Formen sozialer Zugehörigkeit. Typisch ist dabei eine Mehrfachmitgliedschaft, die verschiedene Unterscheidungen zu sozialen Typen (wie z.B. ‚Dame‘, ‚Vater‘ oder ‚Nerd‘) verschmelzen lässt. Zugleich entstehen mit oder ohne Rückgriff auf solche Unterscheidungen soziale Gebilde, zu denen Personen zugehörig sein können, wie etwa Paare, Gruppen, Gemeinden oder imaginierte Gemeinschaften. Die Einschreibung einer kategorialen Mitgliedschaft in Personen kann u.a. über formale Akte der Verleihung geschehen (z.B. Staatsbürgerschaft), über Prozesse der Feststellung und identitären Zuschreibung (z.B. Geschlecht, Ethnizität) aber auch über Prozesse der (Selbst-)­Stigmatisierung (z.B. Behinderung, Krankheit). Dazu tritt das Praktizieren von Zugehörigkeit, etwa durch Bekenntnisse (Religion) oder Habitusdemonstrationen (z.B. Bildung, Alter).

Die so entstehenden Einordnungen können mehr oder weniger eindeutig und mehr oder weniger dauerhaft und stabil sein. Differenzen scheinen sich vor allem systematisch darin zu unterscheiden, wie sie sich als Zugehörigkeiten einschreiben: Man gehört anders zu einer Geschlechtskategorie als zu einer Nation, ist eher Teil einer Paarbeziehung als deren Mitglied, ist einer Ethnie eher zugehörig als nur dabei; Leistungen werden erst sukzessive zur Selbstidentifikation von Schülern mit einer Note verschmolzen. Auch verhalten sich Individuen und Gruppen zu Differenzen unterschiedlich: von der losen Assoziation über die formalisierte Mitgliedschaft, die beiläufig oder orthodox gelebte Zugehörigkeit, bis hin zur tief empfundenen Selbstidentifikation. Wie sind diese unterschiedlichen Arten und Grade von Zugehörigkeit kulturwissenschaftlich zu verstehen? Wie entstehen Humankategorien? Wie wird soziale Zugehörigkeit hergestellt, verhandelt und aufgelöst? Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen Zugehörigkeiten zu verschiedenen Kategorien?

Vortragende waren Peter Auer (Germanistik, Freiburg), Christa Buschendorf (Amerikanistik, Frankfurt/Main), Marion Müller (Soziologie, Trier), Armin Nassehi (Soziologie, München), Andreas Reckwitz (Soziologie, Frankfurt/Oder), Richard Rottenburg (Ethnologie, Halle), und die Mitglieder der Forschergruppe Un/doing Differences: Stefan Hirschauer (Soziologie, Sprecher), Mita Banerjee (Amerikanistik), Herbert Kalthoff (Soziologie), Friedemann Kreuder (Theaterwissenschaft), Matthias Krings (Ethnologie), Carola Lentz (Ethnologie), Damaris Nübling (Linguistik) und Oliver Scheiding (Amerikanistik).