Prof. Dr. Michael Pauen – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
"MENSCHENBILDER IM WIDERSPRUCH"

Prof. Dr. Michael Pauen (Magdeburg)

Neurowissenschaften und Menschenbild:
Konsequenzen und Vorgeschichte einer aktuellen Debatte

Mittwoch, 24. Januar 2007, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Zur Rhetorik der Diskussionen, die den Fortschritt der Wissenschaften vom Menschen begleiten, gehört seit Freud die Rede von der "Kränkung" des menschlichen Narzissmus: Die Stationen sind üblicherweise Kopernikus, Darwin und der Verfasser selbst. Zumindest die ersten beiden Kränkungen hat es nie gegeben. Der Kopernikanismus führt zu einer Nobilitierung der Erde und auch der Verzicht auf Lebenskraft, Seelensubstanz oder das göttliche Schöpfungsvorrecht im 19. Jahrhundert führt nicht zu Zweifeln daran, ob wir leben, denken oder uns von Tieren unterscheiden, sondern zu einer Verbesserung des Verständnisses dieser Fähigkeiten. Tatsächlich dienen neurowissenschaftliche Theorien nicht der Widerlegung oder Bestätigung von Inhalten unseres Menschenbildes, sondern der Erklärung der zugrunde liegenden Fähigkeiten. Auch die häufig behauptete Widerlegung der Willensfreiheit ergibt sich nur, wenn man von unzutreffenden begrifflichen Voraussetzungen oder von problematischen Interpretationen bestimmter Experimente ausgeht. Eine Widerlegung ist auch deshalb nicht zu erwarten, weil die Fähigkeit, verantwortlich zu handeln, im Alltag nicht nur vorausgesetzt, sondern ständig überprüft wird.

Michael Pauen, Prof. Dr. phil., geb. 1956, Professor für Philosophie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Studium in Marburg, Frankfurt und Hamburg. Visiting Professor am Institute for Advanced Study in Amherst, Massachusetts, Fellow an der Cornell-University und am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst, Ernst-Bloch-Förderpreis 1997.

Wichtigste Veröffentlichungen: Was ist der Mensch? 2007; Illusion Freiheit? 2004; Feeling Causes, Journal of Consciousness Studies 2006; Does Free Will Arise Freely. Scientific American 2003; Painless Pain, American Philosophical Quarterly 2000; Is Type Identity Incompatible with Multiple Realization? Grazer Philosophische Studien 2003; Das Rätsel des Bewußtseins 1999; Neurowissenschaften und Philosophie 2001.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Eilert Herms (Systematische Theologie, Ev.-Theol. Fakultät, Universität Tübingen)
Das christliche Menschenbild
Mittwoch, 31. Januar 2007, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)