Ringvorleseung des IAK MEDIÄVISTIK
»MAINZ IM MITTELALTER«
Dr. Wolfgang Dobras
Bauen und Wohnen im spätmittelalterlichen Mainz.
Möglichkeiten und Grenzen der topographischen Erforschung der Stadt
Donnerstag, 3. November 2005, 18.15 Uhr, P 4 (Philosophicum)
Ein Häuserbuch, das verzeichnet, wer, wann und wo in Mainz gewohnt hat, ist ein altes Desi-derat der Mainzer Stadtgeschichtsforschung. Vor einigen Jahren hat das Stadtarchiv deshalb begonnen, für das 15. Jahrhundert ein Häuserbuch zu erstellen, allerdings nicht mehr in der herkömmlichen Karteiform, sondern computergestützt mit Hilfe eines geographischen Informa-tionssystems (GIS). Damit lassen sich die Daten zu den Häusern und ihren Besitzern direkt mit dem Stadtgrundriss verbinden sowie alle baulichen und besitzrechtlichen Veränderungen gra-phisch visualisieren. Welche ungeahnten Möglichkeiten der Erfassung und Präsentation sich durch ein solches GIS-gestütztes Häuserbuch ergeben, soll in dem Vortrag vorgestellt werden. Dabei wird es nicht nur um die bauliche Entwicklung der Stadt im Spätmittelalter gehen: Denn trotz aller methodischen Probleme lassen sich aus den schriftlichen und bildlichen Quellen auch wichtige Erkenntnisse zur Sozial- und Rechtsgeschichte von Mainz im 15. Jahrhundert ziehen. So spiegelt sich der tief greifende wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Wan-del, den die Stadt in dieser Zeit erlebte und der im Verlust der Stadtfreiheit 1462 gipfelte, nicht zuletzt in der Geschichte ihrer Häuser und deren Besitzer wider – und wird damit im Häuser-buch sichtbar.
Dr. Wolfgang Dobras, geb. 1960, Studium der Geschichte und der Lateinischen Philologie in Konstanz, Promotion 1990 zur Konstanzer Reformationsgeschichte, Archivarsausbildung am Landesarchiv Berlin; seit 1993 als Archivar am Stadtarchiv Mainz, seit 2003 als dessen Leiter; Forschungs- und Publikationsschwerpunkte im Bereich der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt- und Kirchengeschichte sowie der Numismatik.