Prof. Dr. Beatrix Müller-Kampel

Kolloquium: GESCHICHTE DER THEATERKRITIK

Veranstaltung des Interdisziplinären Arbeitskreises für Drama und Theater
in Zusammenarbeit mit dem Studium generale am
Freitag, 22. Juli 2005, 11.00–18.15 Uhr
Samstag, 23. Juli 2005, 9.00–13.15 Uhr
Fakultätssaal, R 01-185 (Philosophicum)

Vortragsexposé:

Prof. Dr. Beatrix Müller-Kampel
(Institut für Germanistik der Universität Graz)

Der letzte Schrei. Werner Schwab und die Theaterkritik

Werner Schwab (1958–1994) zählt seit seinem 'Durchbruch' 1991 (mit »Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos«) zu den meistgespielten und meistübersetzten zeitgenössischen Dramatikern weltweit. Für das eigentümliche, schon zu Lebzeiten »Schwabisch« genannte Dramenidiom weiht man den einst als 'Theater-Punk', 'Radikaldramatiker', 'Theaterberserker', 'Popstar' skandalisierten Sprecher noch heute zum Sprachphilosophen, Sprachkünstler, Sprachgenie.
Die theaterkritische Rezeption der insgesamt 16 Stücke von Schwab findet sich annähernd vollständig im Werner-Schwab-Archiv (Graz) dokumentiert. Bei Sichtung und Systematisierung der rund eineinhalb Laufmeter Materialien (einschließlich Interviews, Porträts und Nachrufen) drängt sich ein merkwürdiger, dem (Selbst-)Anspruch der theaterkritischen Schwab-VerehrerInnen radikal entgegengesetzter Eindruck auf: dass ihre Argumentations- und Beurteilungsverfahren strukturell jenen der Pornographie gleichen und die Flugbahn des »Kometen« Schwab am »Theaterhimmel« seiner Zeit soziologisch an einen unfreiwillig-freiwilligen Gang auf den Kulturstrich erinnert.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Beatrix Müller-Kampel, Jahrgang 1958, Studium der Deutschen Philologie und Romanistik (Hispanistik) an der Universität Graz, Promotion 1985, Habilitation 1993. Lehr- und Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Komik und des Lachens, Kanonforschung (v. a. im Bereich Literaturgeschichtsschreibung), Literatursoziologie (P. Bourdieu, N. Elias), Themen- und Figurengeschichte, Kriegs- und Friedensliteratur, Exilliteratur seit 1933, zeitgenössisches Theater.

Buchveröffentlichungen: »Krieg ist der Mord auf Kommando«. Bürgerliche und anarchistische Friedenskonzepte (Hg., 2005), Hanswurst, Bernardon, Kasperl. Spaßtheater im 18. Jahrhundert (2003), »Die Katze des Propheten«. Kulturen der Tierhaltung (Hg. gem. mit D. Goltschnigg), Edith Rosenstrauch-Königsberg. Lebensstationen und historische Forschungen einer Emigrantin und Remigrantin aus Wien (Hg., 2001), Lebenswege und Lektüren. Österreichische NS-Vertriebene in den USA und Kanada (Hg., 2000), Mythos Don Juan. Zur Entwicklung eines männlichen Konzepts (Hg., 1999), Dämon – Schwärmer – Biedermann. Don Juan in der deutschen Literatur bis 1918 (1993), Theater-Leben. Theater und Schauspiel in der Erzählprosa Theodor Fontanes (1989).