PD Dr. Gunther Nickel – Vortragsexposé – Sommersemester 2005

Kolloquium: GESCHICHTE DER THEATERKRITIK

Veranstaltung des Interdisziplinären Arbeitskreises für Drama und Theater
in Zusammenarbeit mit dem Studium generale am
Freitag, 22. Juli 2005, 11.00–18.15 Uhr
Samstag, 23. Juli 2005, 9.00–13.15 Uhr
Fakultätssaal, R 01-185 (Philosophicum)

Vortragsexposé:

PD Dr. Gunther Nickel

»Das ist das Los des Schönen auf der Erde«. Siegfried Jacobsohns theaterkritische Grundsätze im Vergleich zu denen Alfred Kerrs und Herbert Iherings

Die Schaubühne war die wichtigste und angriffslustigste Theaterzeitschrift in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Zu den Mitarbeitern gehörten viele namhafte Schriftsteller und Publizisten, darunter Lion Feuchtwanger, Herbert Ihering, Alfred Polgar und Kurt Tucholsky. Gründer und intellektueller Kopf des »Blättchens«, wie er es gerne nannte, war Siegfried Jacobsohn, einer der streitbarsten und stilistisch brillantesten Theaterkritiker, die Deutschland je gehabt hat. »Der feinste Aufnahmeapparat, den dieser Mann darstellte«, so Kurt Tucholsky, »feuerte zu höchster Leistung an – vormachen konnte man ihm nichts. Er merkte sich alles. Tadelte unerbittlich, aber man lernte etwas dabei. Ganze Sprachlehren wiegt mir das auf, was er 'ins Deutsche übersetzen' nannte …«. Im Vortrag werden die theaterkritischen Ziele analysiert, mit denen Jacobsohn 1905 seine Zeitschrift begann, und der Position Alfred Kerrs, seines wichtigsten Antipoden, gegenübergestellt. Im Anschluss daran folgt ein Vergleich mit den theaterkritischen Prämissen Herbert Iherings, der seine Karriere als Theaterkritiker 1909 in der Schaubühne begann und als Jacobsohns Schüler bezeichnet werden darf.

Gunther Nickel ist Lektor des Deutschen Literaturfonds e.V. in Darmstadt und Privatdozent für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.

Buchveröffentlichungen: Neben der Monographie Die Schaubühne – Die Weltbühne. Siegfried Jacobsohns Wochenschrift und ihr ästhetisches Programm (Westdeutscher Verlag 1996): Carl Zuckmayers Geheimreport (2002) und Zuckmayers Deutschlandbericht für das Kriegsministerium der Vereinigten Staaten von Amerika (2004, beide bei Wallstein). Ebenfalls bei Wallstein erscheint im Herbst dieses Jahres, von ihm und Alexander Weigel herausgegeben und kommentiert: Sieg-fried Jacobsohn, Gesammelte Schriften, 5 Bände.