Prof. Dr. Thomas Junker – Vortragsexposé – Wintersemester 2017/2018

Themenschwerpunkt
FAMILIE, FREUNDE, PARTNER. BEZIEHUNGEN IM KULTURVERGLEICH

Prof. Dr. Thomas Junker
Apl. Professor für Geschichte der Biowissenschaften am Lehrstuhl für Ethik in den Biowissenschaften, Eberhard Karls Universität Tübingen

Wie monogam sind wir wirklich?
Warum alles auch ganz anders sein könnte

Montag, 6. November 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Vor lauter Begeisterung darüber, dass die "Ehe für alle" nun beschlossene Sache ist, hat man eine entscheidende Frage völlig übersehen: Ist die Zweierbeziehung überhaupt die beste Form des Zusammenlebens? Oder wird hier nur eine überkommene Tradition gedankenlos reproduziert? Aus biologischer Sicht jedenfalls ist es alles andere als selbstverständlich, dass die Zweierbeziehung das ursprüngliche oder das unter heutigen Bedingungen beste Lebensmodell ist.
Im Vortrag werde ich berichten, wie sich das Liebesleben der Menschen und ihre sexuellen Vorlieben aus biologischer Sicht verstehen lassen. Warum beispielsweise haben wir sehr viel häufiger und sehr viel spielerischer Sex als es zur Fortpflanzung nötig ist? Und was lässt sich zur Vielfalt der Beziehungsformen sagen? Können wir tatsächlich frei entscheiden, wann, wie und wen wir begehren? Vielleicht ist die Zweierbeziehung ja wirklich die beste Form menschlichen Zusammenlebens – vielleicht aber auch nicht. Einigermaßen sicher wird man das erst beantworten können, wenn man sie möglichst unvoreingenommen mit konkurrierenden Modellen – dem Singleleben, der Polygamie, der Polyamorie und anderen Modellen – verglichen hat.

Thomas Junker. Studium der Pharmazie an der Universität Freiburg und Promotion in Geschichte der Naturwissenschaften an der Universität Marburg. 1992–95 Associate Editor im Charles Darwin Correspondence Project (Cambridge, England) und Post-doc bei Ernst Mayr am Department of the History of Science der Harvard University (Cambridge, Mass.). 1996–2002 Forschung und Lehre zur Geschichte und Theorie der Biologie am Lehrstuhl für Ethik in der Biologie, Universität Tübingen; 2003 Habilitation für Geschichte der Naturwissenschaften; 2006 Heyne-Haus-Gastprofessor am Institut für Wissenschaftsgeschichte der Universität Göttingen; seit 2006 apl. Professor an der Fakultät für Biologie der Universität Tübingen.
Aktuelle Publikationen: Die Evolution der Phantasie: Wie der Mensch zum Künstler wurde (Stuttgart: S. Hirzel, 2013). Die verborgene Natur der Liebe: Sex und Leidenschaft und wie wir die Richtigen finden (München: C. H. Beck, 2016).

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Christof Breitsameter
(Professor für Moraltheologie, Katholisch-Theologische Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München)
Die Erfindung der Liebe und ihre Folgen – eine moraltheologische Perspektive
Montag, 20. November 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)