Prof. Dr. Thomas Dittelbach – Vortragsexposé – Sommersemester 2017

Veranstaltung des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft IKM – Abteilung Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte

Prof. Dr. Thomas Dittelbach
(Bern, Schweiz)

Basileus – Rex – Malik. Orient und Okzident in Sizilien

Mittwoch, 31. Mai 2017, 18:15 Uhr, Hs 02-521, Georg-Forster-Gebäude, J.-Welder-Weg 12

Die normannischen Herrscher des 12. Jahrhunderts in Sizilien verwendeten eine ähnliche Rhetorik und Titulatur wie ihre illustren Nachbarn in den Hofkanzleien Konstantinopels und Kairos. Da aber die Byzantiner und Fatimiden auf eine ungleich längere Ahnenreihe zurückblicken konnten, entwickelten die Normannen eine beispiellose Fähigkeit zur Akkulturation und Adaption älterer mediterraner Kultur. Es gelang ihnen, in nur drei Generationen die Idee eines gottgleichen Königtums zu entwerfen, die so einzigartig war wie die Formen ihrer Repräsentation in Kunst und Architektur.
Der Vortrag versucht der Frage nachzugehen, mit Hilfe welcher Bildmedien es den Normannen gelang, einen dreisprachigen Vielvölkerstaat in Sizilien aufzubauen, ohne die vorgefundene griechische und islamische Kultur auszulöschen. Ein neuzeitliches Konzept von Toleranz, Integration oder Inklusion ist als Erklärungsmodell nicht ausreichend. Stattdessen soll eine neue interdisziplinäre Methode aus der Soziolinguistik angewendet werden: das Konzept des Master- und Counter-Narratives. Das literarische Oeuvre des griechischen Admirals Eugenios von Palermo (1130–1202) kann als mögliche Quelle für die Einbettung von Counter-Narratives in die normannische Bildkunst gelten. Zur Veranschaulichung wird der Fokus auf ausgewählte Beispiele sizilischen Kunsthandwerks gelegt, unter anderem auf die "islamische" Muqarnasdecke in der Palastkapelle in Palermo.

Thomas Dittelbach: Seit 2010 Assoziierter Professor für Kunstgeschichte. Leitung der Forschungsstelle für interkulturelle Mittelmeerstudien TransMediterraneanStudies. 2005–2006 Mercator Professur der DFG am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg. Seit 2004 Mitglied des Advisory Board der Soprintendenza Palermo. 2004–2005 Forschungsprojekt Cappella Palatina Palermo, Kooperation mit der Technischen Universität Berlin. 2001–2004 Lehrbeauftragter am Kunsthistorischen Seminar der Universität Basel, 1991–1996 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ausgewählte Literatur: Ernst H. Kantorowicz, Laudes Regiae. A Study in Liturgical Acclamations and Mediaeval Ruler Worship, Berkeley/Los Angeles 1946; Ugo Monneret De Villard, Le pitture musulmane al soffitto della Cappella Palatina in Palermo, Roma 1950; Michael Bamberg and Molly Andrews (eds.), Considering Counter-Narratives: Narrating, Resisting, Making Sense, Amsterdam/Philadelphia 2004, 351–371; Carolina Cupane, Eugenios von Palermo. Rhetorik und Realität am normannischen Königshof des 12. Jahrhunderts, in: Dulce Melos II. Herausgegeben von Victoria Zimmerl-Panagl, Pisa 2013, 247–270.