Prof. Dr. Elke Seefried – Vortragsexposé – Sommersemester 2016

STUDIUM GENERALE: MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
ZUKUNFT DENKEN. MYTHEN, MENTALITÄTEN, PROGNOSEN

Prof. Dr. Elke Seefried
(Professorin für Neueste Geschichte, Universität Augsburg)

Ist die Zukunft voraussagbar?
Zur Geschichte der Zukunftsforschung nach 1945

Mittwoch, 13. Juli 2016, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)

Zukunft avancierte in den westlichen Industriegesellschaften der 1950er und 1960er Jahre zu einer zentralen wissenschaftlichen und politischen Kategorie. Im Zuge dessen formierte sich eine neue Wissenschaft, die Zukunftsforschung. Die "westliche" Zukunftsforschung entstand im Rahmen eines amerikanisch-westeuropäischen Wissensaustauschs. An ihrer Wurzel lagen der Systemwettlauf des Kalten Krieges, das mechanistische Steuerungsverständnis der Kybernetik sowie die Technikbegeisterung und Aufbruchstimmung der späten 1950er und 1960er Jahre. Zentral für die Frühzeit der Zukunftsforschung war damit die Überzeugung, dass es viele "Zukünfte" gäbe, die vorausgesagt und gestaltet werden könnten.
Der Vortrag thematisiert die Entstehung einer Disziplin Zukunftsforschung vor dem Hintergrund einer starken Zukunftsgewissheit und Zukunftsbegeisterung in den "langen" 1960er Jahren. Zugleich zeigt der Vortrag, wie die Zukunftsforschung um 1970 einen Wandel erfuhr, ökologische Krisendiskurse – wie jenen um die "Grenzen des Wachstums" – anfachte und sich in der Folge pragmatisierte: Immer stärker zeigten sich die Grenzen des Anspruchs, die Zukunft voraussagen zu können. Hier liegen die Grundlagen des heutigen "Foresight". Mit der Diskussion um "Big Science" lebt aber im Augenblick die Debatte um die Voraussagbarkeit der Zukunft wieder auf. Der Vortrag stellt die bundesdeutsche Entwicklung in den Mittelpunkt, aber ordnet diese in die transnationalen Verflechtungsprozesse ein.

Elke Seefried, Dr. phil. habil., 2003 Promotion an der Universität Augsburg (Neueste Geschichte); 2007–2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Augsburg; 2009/10 Stipendiatin am Deutschen Historischen Institut London; 2010/11 Fellow am Historischen Kolleg München; 2013 Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München; seit 2014 Zweite Stellvertretende Direktorin des Instituts für Zeitgeschichte und Professorin für Neueste Geschichte an der Universität Augsburg; – Publikationen in den Arbeitsschwerpunkten Weimarer Republik, Exil und Remigration, Geschichte der Bundesrepublik, deutsche und transatlantische Wissens- und Wissenschaftsgeschichte, Geschichte von Zeit und Zukunft.