Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß – Vortragsexposé – Wintersemester 2015/2016

Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
TOD UND STERBEN


Prof. Dr. Dr. Dr. Dominik Groß
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Uniklinik RWTH Aachen

Transmortalität – neue Formen des Umgangs mit dem Tod und der menschlichen Leiche

Mittwoch, 28. Oktober 2015, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Der vorgenannte Vortrag widmet sich dem Phänomen der Transmortalität. Besagter Begriff kennzeichnet rezente Versuche, den Tod und seine konkrete Erscheinungsform – die menschliche Leiche – in ihrer Absolutheit zu relativieren, wodurch die Grenze zwischen "lebendig" und "tot" verunklart wird.
Beispiele für Transmortalität bieten die Kryonisation, die Ganzkörperplastination und die Diamantierung: Bei der Diamantierung wird Leichenasche in einen künstlichen, unvergänglichen Diamanten verwandelt. Bei der Ganzkörperplastination wird der tote Körper konserviert und existiert so (im Unterschied zu verweslichen Leichen) in "verlebendigter" Form materiell fort. Demgegenüber verfolgt die Kryonik das Ziel, die Körper verstorbener Menschen mittels Kältekonservierung für die Zukunft zu erhalten, um sie zu einem geeigneten Zeitpunkt wieder¬zuerwecken und so in das Leben zurückzuführen. In allen genannten Fällen wird die eigene Leiche gezielt dienstbar gemacht, d. h. sie dient als Mittel, um einen Zustand der eigenen materiellen Fortexistenz als "Weiterwirken" bzw. als "Überleben" zu inszenieren.
Der Vortrag diskutiert und interpretiert die besagten Phänomene und widmet sich der Frage, ob die beschriebenen, höchst fragilen Deutungsmuster von Leben und Tod Bestand haben werden.

Dominik Groß absolvierte die Studiengänge Zahnheilkunde (1989 Staatsexamen, 1991 Dr. med. dent.), Geschichte (1990 M.A., 1993 Dr. phil.) und Humanmedizin (2000 Staatsexamen, 2001 Dr. med.). Nach mehrjähriger klinischer Tätigkeit habilitierte er sich 1999 in Würzburg für das Fach Geschichte, Theorie & Ethik der Medizin. Seit 2005 ist er Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie & Ethik der Medizin der RWTH Aachen und Inhaber des gleichnamigen Lehrstuhls. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Medizinische Thanatologie sowie ethische Fragen im Umgang mit dem menschlichen Leichnam. Er fungierte von 2008 bis 2015 als Projektleiter der interdisziplinären Forschungsvorhaben "Tod und toter Körper" und "Transmortalität" (beides VolkswagenStiftung). Zudem ist er Erstherausgeber der Campus-Buchreihe Todesbilder, in der bisher acht Bände erschienen sind, darunter Objekt Leiche, Die Realität des Todes und Who wants to live forever?

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Bernd Kaina (Institut für Toxikologie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Altern und Sterben aus Sicht der Molekularbiologie
Mittwoch, 4. November 2015, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)