Prof. Dr. Susanne Foitzik – Vortragsexposé – Sommersemester 2012

STUDIUM GENERALE: MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
WER IST ICH?

Prof. Dr. Susanne Foitzik (Mainz)

Evolution von Kognition und Selbstbewusstsein bei Tieren

Mittwoch, 2. Mai 2012, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

– Sind Tiere sich ihrer selbst bewusst?
– Können Tiere sich in andere hineinversetzen?
– Können Tiere voraus planen?
– Gibt es bei Tieren Traditionen und Kultur?
– Gibt es eine Schwarmintelligenz bei Tieren?
– Inwieweit sind die kognitiven Fähigkeiten von Tieren mit denen des Menschen vergleichbar?

Neben dem Menschen haben auch Tiere herausragende kognitive Fähigkeiten entwickelt. Insbesondere bei sozialen Wirbeltieren wie z.B. Menschenaffen, Elefanten, Delfinen und Rabenvögeln wurde gezeigt, dass sie in der Lage sind, sich selber im Spiegel zu erkennen, was darauf hindeutet, dass sie ein Selbstbewusstsein entwickelt haben. In der Humanpsychologie wird die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, mit dem Begriff der "Theory of Mind" bezeichnet, und ich zeige auf, inwieweit Tiere in der Lage sind, Empathie zu entwickeln. Viele soziale Wirbeltiere gehen Kooperationen, ja sogar Freundschaften mit Artgenossen ein, und ich werde darstellen, welche kognitiven Fähigkeiten für solche sozialen Interaktionen nötig sind. Rabenvögel zeichnen sich nicht nur durch eine hohe soziale Kompetenz aus, sie sind auch in der Lage, für zukünftige Bedürfnisse vorauszuplanen. Andere Fähigkeiten, zum Beispiel der Gebrauch und die Herstellung von Werkzeugen, die früher als ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen gesehen wurden, sind mittlerweile bei Menschenaffen und Rabenvögeln vielfach dokumentiert. Bei Schimpansen unterscheiden sich der Werkzeuggebrauch und bestimmte Verhaltensrituale zwischen Gruppen, so dass von der Entwicklung von Schimpansenkulturen gesprochen werden kann. Diese unterschiedlichen Traditionen beruhen auf der Weitergabe komplexer Verhaltensweisen an Gruppenmitglieder, die jedoch auf dem direkten Vorbild basieren, da eine der menschlichen Sprache vergleichbare Kommunikation sich im Tierreich nicht entwickelt hat. Nicht nur Tiere mit weitentwickelten Gehirnen sind zu komplexen Entscheidungen fähig, auch soziale Insekten können kollektive Entscheidungen treffen, eine Fähigkeit, die als Schwarmintelligenz bezeichnet wird.

Susanne Foitzik, geb. 1970, Lehrstuhl für Evolutionsbiologie (seit 2010) des Instituts für Zoologie der Johannes Gutenberg Universität Mainz. 1989–1995 Studium der Biologie und Promotion (1998) Universität Würzburg; 1998–2000 Postdoktorandin Colorado State University, USA; 2000–2004 wiss. Assistentin Universität Regensburg, Habilitation (2004), 2004–2010 Professorin für Verhaltensökologie LMU München, Direktorin der Graduate Programme "Evolution Ecology and Systematics" und MEME; seit 2011 Mitglied im Evaluationsausschuss der Leibniz-Gemeinschaft, seit 2012 DFG-Fachgutachterin "Biologie des Verhaltens und der Sinne". – In ihrer Forschung befasst sich Susanne Foitzik mit der Evolution, dem Verhalten und der Ökologie von sozialen Insekten. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dabei auf der Koevolution von sklavenhaltenden Ameisen und ihren Wirten.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
PD Dr. Matthias Michal (Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Universitätsmedizin, JGU Mainz)
Depersonalisation: Das entfremdete Selbst
Mittwoch, 9. Mai 2012, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)