Prof. Dr. Gerd Spittler – Vortragsexposé – Wintersemester 2011/2012

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"QUEST FOR FOOD – WIE ERNÄHRUNG LEBEN BESTIMMT"

Prof. Dr. Gerd Spittler
(Ethnologie, Universität Bayreuth)

Das einfache Mahl – Kost der Armen oder vollkommenes Gericht?
Afrikanische und europäische Esskultur im Vergleich

Dienstag, 17. Januar 2012, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Das traditionelle Standardmahl ist überall in Afrika ein einfaches Mahl, das aus einem einzigen Gericht besteht und aus wenigen Zutaten zubereitet wird. Die Grundsubstanz bilden Hirse, Yams oder Mais; eine größere Variationsbreite findet sich bei den Saucen. Alle Gesellschaften in Afrika kennen auch die Festmahlzeit. Es ist aber bezeichnend, dass nicht sie, sondern das tägliche einfache Mahl als das vollkommene Mahl gilt. In seinem Vortrag konzentriert sich Gerd Spittler auf das einfache Mahl der Kel Ewey Tuareg, das aus Hirse, Milch, Käse und Datteln besteht. Die Esskultur der Tuareg ist weder ein Ausdruck von Armut noch von Primitivität. Wie weit entfernt die Esskultur der Kel Ewey von einem primitiven Zustand ist, zeigt sich im Falle von Hungerkrisen, wo sie in der Tat in Frage gestellt wird.
Ist das einfache Mahl etwas spezifisch Afrikanisches oder war es auch in Europa verbreitet? Dort wurde in den Oberschichten eine raffinierte Küche entwickelt, die sich später in modifizierter Form auch in der bürgerlichen Küche ausbreitete. Von Meisterköchen, Kochbüchern und Wissenschaft wenig beachtet, dominierte aber das einfache Mahl in Form von Mus, Brei und Suppe für das einfache Volk noch lange weiter.

Gerd Spittler hatte bis 2004 den Lehrstuhl für Ethnologie an der Universität Bayreuth inne. Seither unterrichtet er abwechselnd an den Universitäten Basel, Bayreuth und Niamey (Niger), unterbrochen von Fellowships am Wissenschaftszentrum zu Berlin (2005/06) und am Internationalen Geisteswissenschaftlichen Kolleg "Arbeit und Lebenslauf" an der Humboldt Universität zu Berlin (2009/10). Gerd Spittler hat viele Jahre bei den Tuareg über Hirtenarbeit, über Ernährung und Hungerkrisen geforscht. In den letzten Jahren hat er sich stärker der materiellen Kultur der Tuareg zugewandt und zuletzt den Aufsatz "Wohnen ohne Tisch und Stuhl. Leben die Tuareg in einer Mangelgesellschaft?" (Zeitschrift für Kulturwissenschaften, 1, 2011) publiziert.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Ingrid Hoffmann (Max Rubner-Institut, Karlsruhe)
Ernährung quer gedacht: Auswirkungen unseres Ernährungsverhaltens
Dienstag, 24. Januar 2012, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)