Prof. Dr. Bernhard Spies – Vortragsexposé – Wintersemester 2004/2005

Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater und das Studium generale laden im Rahmen der Ringvorlesung

GESCHICHTE DER THEATERKRITIK

zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Bernhard Spies
(Deutsches Institut, Universität Mainz)

»Ich möchte doch lieber eine gute Komödie mit einem schlechten Titel.« Lessings kritische Bemühungen um das komische Drama

Montag, 15. November 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)

Lessing hat in den von ihm verfassten Dramen den Weg von der moraldidaktischen Verlachkomödie (Der junge Gelehrte) zur »ernsten Komödie« (Helmut Arntzen über Minna von Barnhelm) zurückgelegt. Er hat im Zusammenhang mit seinen literaturtheoretischen Überlegungen zum Trauerspiel auch Prinzipien des komischen Dramas entwickelt, die offenkundig auf der umfassenden Kenntnis der damals vorhandenen Komödienliteratur beruhen. Diesen Prinzipien hat er nicht nur in seinen Dramen Rechnung getragen, er hat sie auch seiner Theaterkritik zugrunde gelegt. Mehr noch: gerade in seiner kritischen Auseinander¬setzung mit den komischen Dramen anderer Autoren war er freier Kopf genug, um seine eigenen Ma߬stäbe weiter zu entwickeln und sie in der einen oder anderen Hinsicht sogar zu revidieren. Lessing hat sich mit seinem Konzept des komischen Dramas weder als produktiver Autor noch als Kritiker ein für allemal durchgesetzt. Dennoch lässt sich durch eine kritische Auseinandersetzung mit seinen Schriften der eine oder andere heute noch interessante Gesichtspunkt entwickeln, im Hinblick auf die Komödie wie auf das schrecklich ernste Geschäft der Kritik.

Bernhard Spies promovierte an der Universität Würzburg, habilitierte sich an der Universität Mainz, war Pro¬fessor für Neuere und neueste deutsche Literatur an der Universität Halle und ist seit 1998 Professor für Neuere Deut¬sche Literaturgeschichte an der Universität Mainz.
Publikationen zu Lessing, zur Aufklärung und zur Komödie: Politische Kritik, psychologische Hermeneutik, ästhetischer Blick. Studien zur Entwicklung bürgerlicher Subjektivität im Roman des 18. Jahrhunderts, Stuttgart 1992. – Die Komödie in der deutschsprachigen Literatur des Exils. Ein Beitrag zur Geschichte und Theorie des ko¬mischen Dramas im 20. Jahrhundert, Würzburg 1997. – Der 'empfindsame' Lessing – kein bürgerlicher Revo¬lu¬tionär. Denkanstöße zu einer Neuinterpretation von Lessings 'Miß Sara Sampson', DVjs 58 (1984), S. 369–390. – »Feuer im Palast zu Lilliput. Überlegungen zu Satire und Groteske im Zeitalter der Aufklärung«, arcadia 30 (1995), 303–315. – »Komik und komisches Drama bei Carl Zuckmayer«, Zuckmayer-Jahrbuch 6 (2003), S. 423–451.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Alexander Weigel (Dramaturg, Deutsches Theater Berlin)
»Über den gegenwärtigen Zustand des teutschen Theaters.« Lessing – Schiller – Kleist
Montag, 29. November 2004, 18.15 Uhr, P 5 (Philosophicum)