Prof. Dr. Irmtraud Fischer · Vortragsexposé · Sommersemester 2010

Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche

"Das Schöne – Formen und Funktionen"



Prof. Dr. Irmtraud Fischer (Graz)

Reich-und-schön – und gottesfürchtig!

Zum strategischen Einsatz weiblicher Schönheit in der Judit-Erzählung und deren Rezeption in der Kunst

Mittwoch, 5. Mai 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)



Judit, die reiche schöne Witwe, die Holofernes im wahrsten Sinne des Wortes ″kopflos″ macht, wird in den letzten beiden Jahrhunderten, vor allem seit Hebbels Drama, als Inbegriff der Femme fatale gesehen: Eine schöne Frau stellt für Männer eine Gefahr dar. Der Skopus der Erzählung wird damit meist auf den so genannten ″Geschlechterkampf″ reduziert, wodurch der biblischen Erzählung ihre politische Dimension genommen wird. Die Gestalt der Judit wurde jedoch nicht immer so rezipiert. Vor allem in der italienischen Renaissance und im Barock symbolisiert Judit den Sieg über Unterdrückung und Tyrannei. Judits Schönheit wird – wie im Text der jüdischen Erzählung – mimetisch eingesetzt und hat strategische Funktion zur Durchsetzung der Befreiung von einer sich selber verabsolutierenden Herrschaft.



Irmtraud Fischer (geb. 1957), seit 2004 Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft, seit 2007 Vizerektorin für Forschung und Weiterbildung an der Universität Graz. 1997–2004 Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung an der Universität Bonn, Gastprofessuren in Marburg, Bamberg, Wien und Jerusalem, 2001–2003 Präsidentin der Europäischen Gesellschaft für theologische Forschung von Frauen (ESWTR), 2005–2008 Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen katholischen Alttestamentlerinnen und Alttestamentler (AGAT).

Monographien:

Die Erzeltern Israels,
BZAW 222, Berlin 1994. Tora für Israel – Tora für die Völker, SBS 164, Stuttgart 1995. Rut, HThK.AT, Freiburg i. Br. 2. Aufl. 2005. Genderfaire Exegese, exuz 14, Münster 2004. Die Trilogie, Gottesstreiterinnen, Stuttgart 3. Aufl. 2005; Gotteskünderinnen, Stuttgart 2002; Gotteslehrerinnen, Stuttgart 2006, wurde ins Französische übersetzt (Paris 2008/09), Bd. 1 ins Amerikanische. Initiatorin und Mitherausgeberin der in vier Sprachen und 22 Bänden erscheinenden internationalen Reihe ″Die Bibel und die Frauen. Eine kulturgeschichtlich-exegetische Enzyklopädie″, deren erster Band, Tora, 2009 erschienen ist.



Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Winfried Menninghaus (Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, FU Berlin)

Vom Nutzen und Nachteil der Schönheit für das (moderne) Leben

Mittwoch, 12. Mai 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)