Dr. Marina Piranomonte und Prof. Dr. Jürgen Blänsdorf · Vortragsexposé · Sommersemester 2009

Das Seminar für Klassische Philologie und das Studium generale laden ein zu folgender Veranstaltung mit zwei Vorträgen:

RELIGION UND MAGIE IM NYMPHAEUM DER ANNA PERENNA (Rom/Piazza Euclide)

Dr. Marina Piranomonte (Rom)

Anna Perenna the Forgotten Goddess, the Rediscovered Witch

(Vortrag in englischer Sprache)

Prof. Dr. Jürgen Blänsdorf (Mainz)
Nymphen und Dämonen in den Verfluchungstexten des Heiligtums der Anna Perenna

Mittwoch, 17. Juni 2009, 18.15 Uhr, Hörsaal P 4 (Philosophicum)

Bis 1999 war von der Nymphe Anna Perenna kaum mehr bekannt als das, was Ovid in seinem Kalendergedicht berichtete: am 15. März wurde der Geburtstag der Göttin an einem bis dahin unbekannten Ort eine Meile vor den Mauern Roms mit einem ausgelassenen Frühlingsfest begangen, bei dem gesungen, getanzt und getrunken wurde. Man glaubte, noch so viele Jahre zu leben, wie man Becher Wein getrunken hatte. Bei Ausschachtungsarbeiten für ein Konzertzentrum an der Piazza Euclide stieß man auf ein unterirdisches Quellheiligtum, das nach zwei dort glücklicherweise gefundenen Weihinschriften der Göttin Anna Perenna und ihren Nymphen gewidmet war. Die reichen Münz- und Opferfunde, die großenteils gut konserviert in dem noch immer von Wasser durchströmten Areal gefunden wurden, erwiesen, dass das Heiligtum vom 4. vorchristlichen bis zum 6. nachchristlichen Jahrhundert besucht worden war und vermutlich erst seit der späten Kaiserzeit der schwarzen Magie gedient hatte. Im Fundmaterial entdeckte die Ausgräberin, Dr. Marina Piranomonte, eine beträchtliche Anzahl von Objekten, die der Magie dienten: Öllampen, Blei- und Tongefäße und organische Opferreste. Über 20 Inschriften auf Blei und Kupfer bezweckten unter Anrufung der Nymphen, des ägyptischen Gottes Seth und des geheimnisvollen Abraxas die magische Schädigung persönlicher Feinde.

Dr. Marina Piranomonte, Direktorin der Soprintendenza Speciale per i Beni Archeologici di Roma seit 1982, befasst sich seit ihrem Universitätsstudium mit römischer Architektur und seit der Ausgrabung des Anna-Perenna-Heiligtums mit römischer Religion und Magie. Sie hat an zahlreichen Stellen der Stadt Rom Grabungen geleitet und ist insbesondere zuständig für die Caracalla-Thermen und die Funde aus den Horti Sallustiani. Ihre jüngste Ausgrabung eines ausgedehnten Gräberfeldes in der Nähe der antiken Via Flaminia verspricht reiche Funde vom 1. Jahrhundert n. Chr. bis zum Ende der Antike. – Zahlreiche Ausstellungen, Vorträge, Universitätskurse und Veröffentlichungen in Italien, England, Frankreich, Spanien und den USA.

Veröffentlichungen zum Thema: PIRANOMONTE, Marina (Hg.), Il santuario della musica e il bosco sacro di Anna Perenna, Roma 2002; Il ritrovamento della fontana sacra di Anna Perenna, in: PIRANOMONTE 2002, 17–20; I materiali nella cisterna: religione e magia 21–25; Anna Perenna e il suo nemus nelle fonti antiche, 70 f.; Acheloo e le ninfe, 84–87 (u.a.); La fontana sacra di Anna Perenna a Piazza Euclide tra religione e magia, MHNH 5, 2005, 87–104; I contenitori e la figurina. Magia nera alla fontana di Anna Perenna, in: TOMEI, Maria Antonietta (Hg.), Roma. Memorie dal sottosuolo, Ritrovamenti archeologici 1980/2006, Roma 2006, 194–196.

Jürgen Blänsdorf, Professor für lateinische Sprache und Literatur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von 1971 bis 2004, befasst sich seit 2003 u.a. mit Verfluchungsinschriften aus dem Mainzer Isis- und Mater-Magna-Heiligtum, aus Groß-Gerau, Nida und Köln und dem Heiligtum der Anna Perenna in Rom und veröffentlichte im Dezember 2008 "Siste viator et lege… Die lateinischen Inschriften der Stadt Mainz".