Prof. Dr. Markus Koller – Vortragsexposé – Wintersemester 2008/2009

Die Zweigstelle Mainz der Südosteuropa-Gesellschaft, und das Studium generale laden zu folgendem Gastvortrag ein:

Prof. Dr. Markus Koller
Gießen

Imperiale Herrschaftsausübung im osmanischen und russländischen Reich: Die Umsetzung der Modernisierungs- und Integrationspolitik in Südosteuropa und Zentralasien im 19. Jahrhundert

Montag, 8. Dezember 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal P 5 (Philosophicum)

Der Vortrag richtet den Fokus auf den Zeitraum zwischen 1864 und 1881, als sich das osmanische und russische Reich in einer Phase tiefgreifender Reformen befanden, zu deren Zielen die Herausbildung von Reichsidentitäten gehörte. Die damit verbundenen politischen „Elitenprojekte“ werden in der Literatur bevorzugt als Osmanisierungs- und Russifizierungspolitik bezeichnet, denen in der Historiographie häufig eine scheinbar einheitliche Zielsetzung zugeschrieben worden ist. Regionalstudien hinterfragen jedoch zunehmend kritisch diese These und verweisen auf unterschiedliche Motive und Methoden, die der Implementierung der jeweiligen Politik zugrunde lagen. Die lokale Ausformung dieser Modernisierungs- und Integrationspolitik kann am Beispiel der 1864 gegründeten Donauprovinz, die als „Modellprovinz“ der osmanischen Tanzimat-Reformer galt, und dem russischen Generalgouvernement Turkestan untersucht werden. Die Konfliktmuster bei der Implementierung der Reformvorhaben lassen sich in den Amtszeiten der Gouverneure der Donauprovinz (Midhat Pascha, 1864-1868) und des Generalgouvernements Turkestan (Konstantin Kaufmann, 1867-1882) erkennen, da beide in die Diskurse der politischen Eliten in den Hauptstädten eingebunden waren und sie die Modernisierungs- und Integrationspolitik gegenüber den lokalen Eliten vertreten mussten.

Prof. Dr. Markus Koller: Studium der Ost- und Südosteuropäischen Geschichte, der Neueren Geschichte und der Osmanistik in München und Istanbul. Promotion an der Universität Bochum (2003), Wiss. Mitarbeiter u.a. am GWZO Leipzig. Seit 2007 Juniorprofessor für Südosteuropäische Geschichte an der Universität Gießen.

Themenbezogene Publikationen: Bosnien und die Herzegowina im Spannungsfeld von „Europa“ und „Außereuropa“. Der Aufstand in der Herzegowina, Südbosnien und Süddalmatien (1881-1882), in: H.-Chr. Maner (Hrg.): Grenzregionen der Habsburgermonarchie im 18. und 19. Jahrhundert. Ihre Bedeutung und Funktion aus der Perspektive Wiens. Münster 2005, 197-216; (Habilitationsschrift:) Wahrnehmung und Erfassung eines Raumes im Zeichen eines gesellschaftlichen Wandels – die osmanische Herrschaft in Ungarn im 17. Jahrhundert bis zum Ausbruch des „Großen Türkenkrieges“. Leipzig 2009 (im Druck); (mit N. Spangenberger) „Imperiale Koexistenz“ im Östlichen Europa – Kontakte, Verflechtungen und Konflikte im osmanisch-habsburgischen Grenzraum. Leipzig 2009 (im Druck).