Prof. Dr. Christoph Kleßmann – Vortragsexposé – Sommersemester 2008

1968 TRANSNATIONAL
Ringvorlesung mit dem Historischen Seminar

Prof. em. Dr. Christoph Kleßmann
Potsdam

Das Jahr 1968 aus westlicher und östlicher Perspektive – Plädoyer für die Historisierung einer umstrittenen Zäsur

Donnerstag, 24. April 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Der Vortrag richtet einen erweiterten Blick auf das symbolische Jahr 1968. Die Vorgänge in Polen und in der Tschechoslowakei gehören dazu und sollten nicht von den nach wie vor erbitterten Debatten um die spektakulären Aktionen im Westen verdeckt werden. Denn ihre langfristige historische Wirkung war möglicherweise nicht geringer und verweist auf das Umbruchjahr 1989, wenn auch in einer verqueren „Logik“. Das Plädoyer für eine „Historisierung“ von 1968 bezieht sich vor allem auf die immer noch ausgeprägten Trends zur „Abrechnung“ mit einer unbequemen und widersprüchlichen Bewegung. Die Beto¬nung von Ambivalenzen und mehr Gelassenheit im Hinblick auf die offenkundigen gewalttätigen Irrwege und die fraglosen Erfolge sowie die Einordnung der „68er“ in eine längere Entwicklung in West und Ost können zu einem abgewogeneren historischen Urteil einer wichtigen Zäsur der Nachkriegsgeschichte führen.

Prof. Dr. phil. Christoph Kleßmann, geb. 1938. Studium der Geschichte, klassischen Philologie, Politik in Göttingen, München, Tübingen. 1967 bis 1970 wiss. Mitarbeiter des Ostkollegs, Köln; 1970 bis 1976 wiss. Assistent an der Ruhr-Universität Bochum; 1977 bis 1992 Professor für Zeitgeschichte an der Universität Bielefeld, seit 1993 an der Universität Potsdam. Von 1996 bis 2004 Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung, Potsdam. Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre: deutsche und polnische Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere der NS-Zeit, der Bundesrepublik und der DDR.

Veröffentlichungen u.a.: Polnische Bergarbeiter im Ruhrgebiet 1870–1945, Göttingen 1978; Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945-1955, 5. erw. A. Bonn 1991; Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955 – 1970, 2. erw. A. Bonn 1998; Hg. mit Georg Wagner: Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 1945 bis 1990, München 1993; Hg.: Kinder der Opposition. Berichte aus Pfarrhäusern in der DDR, Gütersloh 1993; Zeitgeschichte nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, Essen 1998; Sporne problemy wspólczesnej historii Niemiec. Studia i szkice, Poznan 1999; Hg. mit B. Stöver: 1953 – Krisenjahr des Kalten Krieges in Europa, Köln 1999; Hg.: The Divided Past, Oxford 2001; Wiedervereinigung und neue Geschichtsschreibung (korean.), Seoul 2004; Hg. mit P. Hübner, K. Tenfelde: Arbeiter im Staatsozialismus. Ideologischer Anspruch und soziale Wirklichkeit, Köln 2005; Arbeiter im „Arbeiterstaat“ DDR. Sowjetisches Modell, deutsche Traditionen, westdeutsches Magnetfeld, Bonn 2007. Zahlreiche Aufsätze zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

Nächster Vortrag dieser Reihe:
Dr. Jan Pauer (Forschungsstelle Osteuropa, Universität Bremen)
Prag 1968 – Ereignisse und Rezeption
Donnerstag, 8. Mai 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)