Prof. Dr. Friedemann Kreuder – Vortragsexposé – Wintersemester 2007/2008

Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater und das Studium generale laden im Rahmen der Ringvorlesung
DAS KÜNSTLERDRAMA ALS SPIEGEL ÄSTHETISCHER UND GESELLSCHAFTLICHER TENDENZEN
zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Friedemann Kreuder
(Institut für Theaterwissenschaft, Universität Mainz)

Deutsche Kunst und deutsche Politik Richard Wagners – Die Meistersinger von Nürnberg (1868) in der Zeit einer riskanten Moderne

Mittwoch, 30. Januar 2008, 18.15 Uhr, P 3 (Philosophicum)

Der Vortrag rückt die Kompositionsarbeit Richard Wagners an den Meistersingern in den historischen Kontext des zunehmend machtpolitischen Vorgehens Preußens seit 1866 und der Illusionen, denen sich Wagner hinsichtlich der möglichen Rolle des bayerischen Königs Ludwig II. in der deutschen Geschichte und Nürnbergs als Gründungsort eines neuen deutschen Bundesvertrags, zukünftiger Regierungssitz und Festspielort der Meistersinger hingab. Unter Rekurs auf Wagners Aufsatzserie Deutsche Kunst und Deutsche Politik (1867/68) und der hier niedergelegten dezidiert monarchistisch-aristokratischen Reformulierung seiner Festspielidee sollen Handlung und Figurenkonzept der Meistersinger nicht in ihrer künstlerischen Eigenqualität, sondern als Diskurselemente betrachtet werden, in denen sich die zeitgenössische ambivalente kulturelle Dynamik deutscher Identitätsbildung zwischen autochthoner Traditionsbindung und weltoffener Modernität abbildet. In einem zweiten Schritt wird untersucht, inwiefern die Partitur der Meistersinger für jede heutige Inszenierung einen Gedächtnisraum ambivalenter kultureller Bewegung disponiert, in dem sich die Mentalität einer "riskanten Moderne" (Nolte) als gemeinte zu erkennen vermag.

Friedemann Kreuder ist Professor und Leiter des Instituts für Theaterwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2005 erfolgte seine Habilitation im Fach Theaterwissenschaft am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin. Er ist Vizepräsident der Gesellschaft für Theaterwissenschaft e.V. und stellvertretender Vorsitzender des Interdisziplinären Arbeitskreises Drama und Theater der Universität Mainz sowie Sprecher des Internationalen Promotionsprogramms Performance and Media Studies an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Buchveröffentlichungen: Spielräume der Identität in Theaterformen des 18. Jahrhunderts. Tübingen i. E.; Formen des Erinnerns im Theater Klaus Michael Grübers. Berlin 2002. Aufsätze: "'Laßt uns Gedichte thun, nicht dichten'. Das Theater der Mainzer Jakobiner." In: Friedemann Kreuder/Stefan Hulfeld/Andreas Kotte (Hg.): Theaterhistoriographie. Kontinuitäten und Brüche in Theaterpraxis und -diskurs. Tübingen 2007.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Fabienne Liptay und HD Dr. Susanne Marschall (Filmwissenschaft, Univ. Mainz)
Künstlerinnen im Film
Mittwoch, 6. Februar 2008, 18.15 Uhr, P 3 (Philosophicum)