Nachhaltige Alternative für energieintensive Photochemie

Forschungsgruppen aus Mainz und Kyushu etablieren neue Strategie für Erzeugung besonders energiereicher UV-Strahlung

30.11.2022

Viele photochemische Prozesse müssen auf UV-Strahlung zurückgreifen, die durch ineffiziente und umweltbedenkliche Lichtquellen bereitgestellt wird. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Kerzig von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und Prof. Dr. Nobuhiro Yanai von der Universität Kyushu hat nun das erste molekulare System für die Umwandlung von blauem Licht in energiereiche UV-Strahlung mit Wellenlängen unterhalb von 315 Nanometer entwickelt. Diese Photonen im sogenannten UVB-Bereich sind für zahlreiche Photoreaktionen essenziell, so bei der Umwandlung und Speicherung von Lichtenergie, bei der Desinfektion oder sogar bei der Aufbereitung von Abwässern. Allerdings kann Sonnenstrahlung diese UVB-Photonen nicht zur Verfügung stellen und deren künstliche Erzeugung erfordert typischerweise Quecksilberlampen oder andere höchst ineffiziente Alternativen. Die neuen Befunde zeigen, dass ein metallfreies System für die Photonen-Aufwärtskonversion gut verfügbares sichtbares Licht in UVB-Photonen umwandeln kann. Demnach kann dieser Durchbruch als ein nachhaltigerer Ansatz angesehen werden und erste quecksilberfreie Anwendungen konnten bereits im Labor realisiert werden.

Forschungszusammenarbeit mit langer Tradition

Die beiden beteiligten Forschungsgruppen arbeiten bereits seit vielen Jahren an der Aufwärtskonversion von Photonen. Dies ist ein Prozess, bei dem die Absorption von zwei energiearmen Photonen zur Emission eines energiereichen Photons führt. Die Technik wurde ursprünglich für Effizienzsteigerungen von Solarzellen entwickelt, wobei energiearme Photonen aus dem infraroten Bereich umgewandelt wurden. "Im Gegensatz dazu können sogar energiereiche UV-Photonen erzeugt werden, wenn man blaues Licht als Energiequelle für diese Umwandlung einsetzt", erklärt Christoph Kerzig, der am Department Chemie der JGU forscht und lehrt. Seine Gruppe hat in Mainz maßgeschneiderte Moleküle hergestellt und mit einem neuen Laser-Großgerät im Detail untersucht. Außerdem wurden weiterführende Messmethoden im Labor von Prof. Dr. Nobuhiro Yanai auf dieses neue Aufwärtskonversionssystem angewendet, um das Verhalten der Systeme vollumfänglich zu verstehen.

Die kürzlich erschienene Veröffentlichung stellt die erste erfolgreiche Zusammenarbeit der beteiligten Gruppen dar. Die Chemie-Bereiche der beiden Universitäten können aber auf ein gut etabliertes Studierenden-Austauschprogramm blicken. Die neu geknüpfte Kollaboration wird künftig das Netzwerk zwischen Mainz und Kyushu weiter stärken.

Entwicklung wiederverwendbarer Aufwärtskonversionsmaterialien

Die Forschenden verwendeten eine günstige blaue LED als Lichtquelle und nutzten die erzeugte UV-Strahlung für die Aktivierung stabiler chemischer Bindungen, die sonst nur unter sehr aggressiven Reaktionsbedingungen spaltbar sind. Darüber hinaus ist es dem Mainzer Doktoranden Till Zähringer gelungen, alle reaktiven Zwischenstufen im komplexen Energieumwandlungsmechanismus mit dem Laser-Großgerät zu beobachten. "Das nächste Ziel ist die Entwicklung wiederverwendbarer fester Materialen für vielseitige Anwendungen", betont Yanai. Seine Gruppe in Kyushu hat ausgewiesene Expertise auf dem Gebiet der durch Licht aktivierbaren Materialien. Das Zusammenwirken der Materialwissenschaften mit der Photochemie und Photokatalyse im Rahmen der Kyushu-Mainz-Zusammenarbeit wird den Weg für dieses ambitionierte Ziel ebnen.

Die Ergebnisse dieser kooperativen Forschungsaktivitäten wurden in der renommierten Fachzeitschrift Angewandte Chemie veröffentlicht. Aufgrund der überaus positiven Rückmeldungen der wissenschaftlichen Gutachter wurde das Manuskript als "Very Important Paper" eingeordnet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt die Forschungsarbeiten der Kerzig-Gruppe durch zwei Sachbeihilfen mit knapp einer halben Million Euro. Die Arbeiten werden ferner vom Fonds der Chemischen Industrie und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit Stipendien gefördert. Auf der japanischen Seite erfolgte die finanzielle Projektunterstützung durch die Japan Society for the Promotion of Science.