Zinkisotopie in Zahnschmelz: Neue Methode zur Rekonstruktion der Ernährungsweise fossiler Wirbeltiere

Verhältnis der Isotope Zink-66 zu Zink-64 gibt Aufschluss über Nahrungsgrundlage von Säugetieren in prähistorischen Zeiten

19.02.2020

Aus prähistorischer Zeit liegen nur wenig gesicherte Erkenntnisse über die Ernährung der damaligen Tiere und Menschen vor. Informationen, was unsere Vorfahren tatsächlich gegessen haben, beruhen vor allem auf Kohlenstoff- und Stickstoffisotopenanalysen des Strukturproteins Kollagen in Knochen und Zahnbein. Insbesondere die Stickstoffisotopie erlaubt es, den Konsum tierischer oder pflanzlicher Nahrung zu rekonstruieren. Weil allerdings Kollagen, wie Proteine allgemein, nicht gut erhaltungsfähig ist, können mit dieser Methode keine Wirbeltierfossilien untersucht werden, die älter als 100.000 Jahre sind. Der Zeitrahmen verringert sich in trockenen und feuchten tropischen Gebieten sogar auf wenige tausend Jahre, wobei gerade diese Gegenden wie Afrika oder Asien als Schlüsselregionen für die menschliche Entwicklung gelten und daher für die Wissenschaft besonders interessant wären. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben nun eine neue Methode, die Isotopenanalyse von Zinkisotopen an Zahnschmelz fossiler Säugetiere, getestet. Sie stellten fest, dass sich dieses Verfahren sehr gut eignen könnte, um die Ernährung von fossilen Menschen und auch anderen Säugetieren des Pleistozäns aufzuklären und dabei zwischen tierischer und pflanzlicher Kost zu unterscheiden. Die Studie wurde im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Zinkisotope dienen als Indikatoren für die Art der Nahrung

Mit neuen Methoden eröffnen sich nun neue Forschungsperspektiven. "Wir haben das Verhältnis von zwei verschiedenen Zinkisotopen im Zahnschmelz fossiler Säugetiere untersucht, die erst vor kurzer Zeit in einer Höhle in Laos entdeckt worden sind", erklärt Prof. Dr. Thomas Tütken von der JGU. Die Fossilien stammen aus dem späten Pleistozän, genauer von vor rund 13.500 bis 38.400 Jahren. In der Höhle Tam Hay Marklot im nordöstlichen Laos hatten Wissenschaftler im Jahr 2015 Fossilien von verschiedenen Säugetieren, darunter Wasserbüffel, Nashörner, Wildschweine, Rehe, Bären, Orang-Utans und Leoparden gefunden. "Die Höhle liegt in einer tropischen Region, wo organisches Material wie Kollagen generell schlecht erhalten ist. Damit ist der Fundort für uns ideal, um zu testen, ob wir die Unterschiede zwischen Pflanzen- und Fleischfressern mithilfe von Zinkisotopen ermitteln können", sagt Tütken, Professor am Institut für Geowissenschaften und Leiter der Studie.

Erste Studie mit Zinkisotopen an Fossilien zeigt Erhaltung von Nahrungssignaturen

Zink wird mit der Nahrung aufgenommen und als essentielles Spurenelement in den Bioapatit, die Mineralphase des Zahnschmelzes, eingelagert. Damit hat Zink bessere Chancen, auch über längere Zeiträume erhalten zu bleiben, als kollagengebundener Stickstoff. Die relevante Kennzahl ergibt sich aus dem Verhältnis von Zink-66 zu Zink-64. "Anhand von diesem Verhältnis können wir sagen, welche Tiere sich herbivor, karnivor oder omnivor ernährten. Das heißt, unter den Fossilien können wir die Fleischfresser und Pflanzenfresser herausfinden und klar unterscheiden, während die Allesfresser erwartungsgemäß dazwischen liegen", teilt Nicolas Bourgon mit, Erstautor der Studie vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und Doktorand in der Arbeitsgruppe von Tütken. Muskelfleisch enthält mehr Zink-64 als Pflanzenmaterial. Je höher ein Tier in der Nahrungskette steht, desto kleiner ist daher das Verhältnis Zink-66 zu Zink-64 – wie etwa bei Jaguar und Tiger.

Zeithorizont soll auf über 100.000 Jahre alte Fossilien ausgedehnt werden

Damit wurde die Zinkisotopenmethode zum ersten Mal erfolgreich an Fossilien angewandt. "Die Zinkisotopenverhältnisse in fossilem Zahnschmelz aus der Höhle Tam Hay Marklot lassen ein ausgezeichnetes langfristigen Erhaltungspotenzial in Zahnschmelz vermuten, selbst unter tropischen Bedingungen", heißt es in einer Zusammenfassung. Zinkisotope könnten damit als ein neues Werkzeug dienen, um die Ernährung von fossilen Menschen und anderen Säugetieren zu untersuchen. Damit würde eine Türe geöffnet, um auch prähistorische und geologische Zeiträume zu betrachten, die weit über 100.000 Jahre zurückliegen. In Zukunft sollen nach Angaben von Tütken auch Jahrmillionen alte Fossilien von ausgestorbenen Säugetieren sowie Dinosauriern mit der Methode untersucht werden. "Unser nächstes Ziel ist es allerdings, die menschliche Ernährung auf einer Zeitskala zu rekonstruieren, die bis in die Altsteinzeit zurückgeht", so der Paläontologe.

Die Studie "Zinc isotopes in Late Pleistocene fossil teeth from a Southeast Asian cave setting preserve paleodietary information" wurde primär von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert sowie durch einen ERC Consolidator Grant von Prof. Dr. Thomas Tütken unterstützt.