Dr. Michael Weber

Quantitative Abschätzung der Prior Calcite Precipitation in Speläothemen mittels Ca-Isotopen (δ44/42Ca): Anwendung auf präzise datierte europäische Multi-Proxy-Zeitreihen zwischen MIS 11 und dem Holozän

Vergangene Interglaziale (z.B. die Marinen Isotopenstadien (MIS) 5 und 11) werden des Öfteren als Analogon für zukünftige Klimaveränderungen betrachtet, da sie zum Teil wärmer und/oder feuchter als das aktuelle Interglazial, das Holozän, waren. Das letzte Glazial, einschließlich des MIS 3, war durch schnelle Klimaschwankungen, die Dansgaard-Oeschger (D/O) Ereignisse, gekennzeichnet. In Grönland konnte während dieser Zeit eine starke Erwärmung innerhalb weniger Jahrzehnte rekonstruiert werden. Für zukünftige Klimavorhersagen ist daher die genaue Klimarekonstruktion vergangener Interglaziale von großer Bedeutung. Speläotheme sind dabei etablierte Paläoklimaarchive und ermöglichen die Konstruktion langer, kontinuierlicher Klimazeitreihen, insbesondere während vergangener Interglaziale. Bislang publizierte Speläothem Zeitreihen stammen größtenteils aus dem Holozän und die Anzahl publizierter Studien über ältere Zeitabschnitte nimmt mit zunehmendem Alter stetig ab. Die Stärken von Speläothemen als Paläoklimaarchiv beruhen auf der Anwendung und dem Verständnis von geochemischen Proxies, wie stabile Kohlenstoff- und Sauerstoff-Isotope, oder Spurenelemente. Letztere (z.B. Mg und Sr) werden oft verwendet, um Prior Calcite Precipitation (PCP) zu rekonstruieren, ein Prozess, bei dem Kalziumkarbonat in Hohlräumen des Wirtsgesteins ausfällt, noch bevor das im Wasser gelöste Ca in die Höhle gelangt. Das Verständnis dieses Prozesses kann letztlich dabei helfen, Trockenheit und Niederschlag zu rekonstruieren. Allerdings erlauben selbst Multi-Proxy-Ansätze meist nur qualitative Rekonstruktionen. Nicht-traditionelle stabile Ca-Isotope (δ44/42Ca) bieten die einzigartige Möglichkeit, PCP in Speläothemen zu quantifizieren, indem die Ca Isotopie des Wirtsgesteins, des Tropfwassers und des kürzlich in der Höhle ausgefällten Kalzits analysiert werden.

 

Während des laufenden Projektes werden Ca-Isotope von Speläothemen aus fünf verschiedenen Höhlen in Deutschland (Hüttenbläserschachthöhle, Bunkerhöhle, Dechenhöhle, Bleßberghöhle) und Spanien (Cueva Victoria) analysiert. Die Speläotheme decken mehrere Interglaziale zwischen dem MIS 11 (ca. 424 – 374 ka) und dem Holozän ab und erlauben den Vergleich der klimatischen Bedingungen während dieser Interglaziale zwischen den verschiedenen Höhlen. Die Cueva Victoria deckt alle Interglaziale zwischen MIS 11 und dem Holozän ab und bietet die außergewöhnliche Möglichkeit, verschiedene Interglaziale innerhalb derselben Höhle zu vergleichen. Wir werden Multi-Proxy-Ansätze anwenden (stabile Ca-Isotope, 230Th/U-Datierung, stabile Kohlenstoff- und Sauerstoff-Isotope, Spurenelemente und Sr-Isotope), um eine robuste und präzise datierte Paläoklima-Rekonstruktion zu erhalten. Die rezenten Ca-Isotopendaten werden es uns ermöglichen, PCP unter heutigen Bedingungen quantitativ zu bestimmen. Letztendlich kann der Vergleich mit rezenten Niederschlagsdaten sogar eine (semi-)quantitative Rekonstruktion der Niederschlagsmengen für alle Interglaziale der letzten ca. 400 ka ermöglichen.