Mainz wird für fünf Tage zum internationalen Zentrum der UCN-Forschung

JGU erwartet Physiker aus dem In- und Ausland zum Workshop über aktuelle Physik mit ultrakalten Neutronen im Schloss Waldthausen

05.04.2016

Rund 70 Physiker aus aller Welt werden Mitte April nach Mainz kommen, um an einem Workshop über die Forschung mit ultrakalten Neutronen teilzunehmen. Ultrakalte Neutronen – abgekürzt UCN für den englischen Begriff „Ultracold Neutrons“ – sind freie Neutronen, die nach starker Kühlung eine Geschwindigkeit von nur noch etwa 5 Meter pro Sekunde aufweisen und so in geeigneten Flaschen gespeichert werden können. Bei dem Workshop werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über aktuelle und zukünftige Experimente mit ultrakalten Neutronen diskutieren. Außerdem dient der Workshop dazu, die UCN-Einrichtungen am Institut für Kernchemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) einem internationalen Publikum vorzustellen.

Ultrakalte Neutronen wurden an der Universität Mainz vor zehn Jahren zum ersten Mal erzeugt. Mittlerweile sind am Forschungsreaktor TRIGA Mainz zwei UCN-Quellen aufgebaut, die hervorragende Ergebnisse liefern: Mit ihrer hohen Speicherdichte nimmt die Mainzer UCN-Produktion weltweit einen Spitzenplatz ein. Die ultrakalten Neutronen werden für verschiedene Experimente benötigt, etwa zur Bestimmung der Lebensdauer des freien Neutrons oder der Suche nach einem elektrischen Dipolmoment (EDM) des Neutrons. Die 70 Physiker aus dem In- und Ausland werden in Mainz auch über Fortschritte bei den verschiedenen UCN-Quellen und der Instrumentierung sprechen.

„Forschungen mit ultrakalten Neutronen gibt es bereits seit 50 Jahren. Aber erst im Laufe der 1970er Jahre kamen neue Ideen auf, wie größere Mengen erzeugt werden können, um UCN in ausreichender Zahl für Experimente zur Verfügung zu stellen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Werner Heil, der die UCN-Produktion in Mainz mit aufgebaut hat und einer der Organisatoren des internationalen Workshops ist. „Dank unserer zehnjährigen Erfahrung sind wir heute in der Lage, genügend ultrakalte Neutronen für wichtige Präzisionsexperimente zu liefern.“ Freie Neutronen haben eine wichtige Rolle bei der Entstehung der ersten Elemente unmittelbar nach dem Urknall gespielt. Eine genaue Bestimmung der Lebensdauer des Neutrons könnte über die Elementzusammensetzung im frühen Universum Aufschluss geben. Außerdem beschäftigt die Physiker die Frage nach einem EDM des Neutrons, ein Maß für die Verteilung positiver und negativer Ladungen in dem nach außen hin „neutralen“ Neutron. Der Nachweis eines EDM des Neutrons ist ein Schlüssel zur Beantwortung eines großen Rätsels der Kosmologie und Teilchenphysik: Weshalb finden wir heute nur Materie und nicht auch Antimaterie im Weltall?

„Mit dem Forschungsreaktor TRIGA Mainz verfügen wir am Institut für Kernchemie über eine Neutronenquelle, die hervorragende Voraussetzungen liefert. Im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA konnte dort eine User Facility eingerichtet werden, die nicht nur der Universität, sondern auch externen Forschern zur Verfügung steht“, ergänzt Prof. Dr. Norbert Trautmann, der 15 Jahre lang den Forschungsreaktor TRIGA Mainz geleitet hat. Das Exzellenzcluster „Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter" (PRISMA), in dem vorwiegend Teilchen- und Hadronenphysiker zusammenarbeiten, zählt zur internationalen Forschungselite.

Der internationale Workshop „Probing Fundamental Symmetries and Interactions with UCN” findet vom 11. bis 15. April 2016 im Schloss Waldthausen, Budenheim bei Mainz statt.