EU-Förderung für vier herausragende Nachwuchswissenschaftler an der JGU

Individuelle EU-Forschungsstipendien im Marie-Skłodowska-Curie-Programm unterstützen neue Projekte in den Bereichen Physik und Paläogenomik

02.05.2018

Vier junge Wissenschaftler aus dem Ausland werden mit Unterstützung durch die EU neue Forschungsprojekte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) aufnehmen. Drei Postdocs arbeiten auf dem Gebiet der Physik, ein vierter Wissenschaftler verbindet in seiner Arbeit die prähistorische Archäologie mit der Paläogenomik. Die Förderung erfolgt durch individuelle EU-Forschungsstipendien im Marie-Skłodowska-Curie-Programm – eine hohe Auszeichnung für die Geförderten. Die EU unterstützt die vier herausragenden Nachwuchswissenschaftler, darunter eine Wissenschaftlerin, mit insgesamt 650.000 Euro über einen Zeitraum von 24 Monaten.

Dr. Lorenzo Baldrati forscht als Physiker auf dem Gebiet der Spintronik, einer Zukunftstechnologie, die mithilfe neuer Materialien die Informationstechnik voranbringen will. Dabei werden die Informationen nicht elektrisch, sondern mithilfe von Spinströmen übertragen. In seinem Forschungsprojekt wird Baldrati offene Fragen zum Spintransport in Antiferromagneten untersuchen. Lorenzo Baldrati hat in Mailand studiert, am Politecnico di Milano promoviert und anschließend einen Gastaufenthalt am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA, absolviert. Er kam im November 2016 als Stipendiat der Exzellenz-Graduiertenschule "Materials Science in Mainz" (MAINZ) nach Deutschland und ist seit Mai 2017 Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Mathias Kläui.

Mit der Entdeckung des Higgs-Bosons im Sommer 2012 am Forschungszentrum CERN hat sich die Frage nach dem Mechanismus, der Elementarteilchen eine Masse verleiht, geklärt. Zahlreiche neue Fragen nach den Eigenschaften des Higgs-Bosons selbst sind jedoch aufgetaucht. Dr. Peter Berta befasst sich in der Gruppe von Prof. Dr. Lucia Masetti mit der Stärke der Wechselwirkung zwischen dem Higgs-Boson und dem Top-Quark, die bei Proton-Proton-Kollisionen am Large Hadron Collider (LHC) am CERN unter anderem mit dem ATLAS-Detektor gemessen werden kann. Falls die Messung vom Standardmodell der Teilchenphysik abweicht, würde dies auf neue Phänomene hindeuten, die zahlreiche offene Fragen über die fundamentalen Wechselwirkungen beantworten könnten. Peter Berta, geboren in der Slowakei, hat an der tschechischen Karls-Universität promoviert und im Rahmen dieser Arbeit bereits seit 2012 am ATLAS-Detektor geforscht. Er ist als Postdoktorand seit März 2017 an der JGU tätig.

Der prähistorische Archäologe Dr. Maxime Brami erforscht in seinem Projekt die Bevölkerungsdynamik in der Jungsteinzeit Südosteuropas, als die Menschen von der Lebensweise als Jäger und Sammler zur Sesshaftigkeit übergingen. Er befasst sich insbesondere mit der Frage, wie in den frühen Phasen der Ausbreitung der Landwirtschaft, also in der Zeit zwischen etwa 6600 und 5950 v. Chr., die ersten Bauern mit Jägern und Sammlern interagierten. Lebten im Nordwesten der Türkei und auf dem Balkan frühe Bauern und Sammler nebeneinander? Haben sie sich eventuell auch vermischt? Und wie war die Bevölkerungsstruktur früher Bauerngemeinschaften? Brami wird in Mainz für seine Untersuchungen mit dem Paläogenetik-Team von Prof. Dr. Joachim Burger zusammenarbeiten. Der französische Wissenschaftler hat an der University of Liverpool promoviert und anschließend als Postdoc an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gearbeitet und an der Universität Wien unterrichtet.

Dr. Arezoo Mokhberi forscht in der Quantenphysik über die Manipulation von kalten, gefangenen Ionen in Rydberg-Zuständen. Bei Rydberg-Zuständen ist das äußere Elektron weiter vom Atomkern entfernt als im normalen Grundzustand des Ions. Das Projekt der iranischen Wissenschaftlerin wird in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ferdinand Schmidt-Kaler aufgebaut. Es soll eine kohärente Kontrolle von Kristallen aus kalten, gefangenen Ionen im Rydberg-Zustand ermöglichen. Dazu werden Ionen durch Laserkühlung in einer Ionenfalle fast bis zum absoluten Nullpunkt bei minus 272 Grad Celsius heruntergekühlt. Damit kann die Physik stark korrelierter Vielkörpersysteme erforscht werden. Außerdem werden damit neue Methoden entwickelt, die den Weg für die experimentelle Realisation von Quantensimulatoren für komplexe Systeme ebnen. Arezoo Mokhberi hat in Teheran studiert und an der Universität Basel in der Schweiz promoviert, wo sie auch als Postdoc in der Physikalischen Chemie gearbeitet hat. Seit April 2017 ist Mokhberi in Mainz.

Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen der EU unterstützen Forscherinnen und Forscher auf allen Stufen ihrer Laufbahn, unabhängig von Fachgebiet und Staatsangehörigkeit. Im Bereich der Einzelförderung werden individuelle Fellowships an erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die ihre Karriere mit einem Aufenthalt an einer ausländischen Gastinstitution fortsetzen möchten. Die EU-Förderung bietet den Fellows eine optimale Grundlage für die erfolgreiche Durchführung ihrer Forschungsprojekte.