Neue Theorie zur Entstehung Dunkler Materie vorgestellt

Theoretische Physiker der JGU präsentieren Alternative zum WIMP-Paradigma

08.08.2017

Das Universum besteht nur zu einem kleinen Teil aus sichtbarer Materie. Der weit größere Teil ist unsichtbar und setzt sich aus Dunkler Materie und Dunkler Energie zusammen. Während über die Dunkle Energie extrem wenig bekannt ist, gibt es zur Existenz der Dunklen Materie viele Theorien und Experimente, die nach den noch unbekannten Teilchen suchen. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben nun einen neuen Vorschlag unterbreitet, wie die Bildung Dunkler Materie im frühen Universum abgelaufen sein könnte. Das neue Modell stellt eine Alternative zum WIMP-Paradigma dar, das derzeit in der aktuellen Forschung über verschiedene Experimente verfolgt wird.

Dunkle Materie durchdringt das gesamte Universum, formt Galaxien und die größten bekannten Strukturen im Kosmos. Sie macht ungefähr 23 Prozent unseres Universums aus, während die für uns sichtbaren Teilchen, aus denen Sterne, Planeten und auch das Leben auf der Erde besteht, nur etwa vier Prozent beitragen. Derzeit wird angenommen, dass es sich bei der Dunklen Materie um ein kosmologisches Relikt handelt, das seit seiner Entstehung im Wesentlichen stabil geblieben ist. "Wir haben diese Annahme auf den Prüfstand gestellt und zeigen, dass Dunkle Materie zu Beginn des Universums instabil gewesen sein könnte", erklärt Dr. Michael Baker von der Theoriegruppe am Institut für Physik der JGU. Diese Instabilität stellt wiederum einen neuen Mechanismus dar, der die beobachtete Menge Dunkler Materie im Kosmos erklärt.

Die Stabilität Dunkler Materie wird normalerweise mit einem Symmetrieprinzip erklärt. In ihrer Veröffentlichung zeigen Baker und Prof. Dr. Joachim Kopp dagegen, dass das Universum auch durch eine Phase gegangen sein könnte, in der die Symmetrie gebrochen war. Dies würde einen Zerfall des hypothetischen Dunkle-Materie-Teilchens möglich machen. Während des elektroschwachen Phasenübergangs wurde die Symmetrie wieder hergestellt, die Dunkle Materie damit stabilisiert und ihr Vorkommen im All bis zum heutigen Tag fixiert.

Baker und Kopp führen damit ein neues Prinzip in die Diskussion um die Natur der Dunklen Materie ein, das eine Alternative zur verbreiteten WIMP-Theorie darstellt. WIMPs, vom englischen Weakly Interacting Massive Particles, also schwach wechselwirkende massereiche Teilchen, galten bislang als hoffnungsvolle Kandidaten bei der Suche nach den Bestandteilen der Dunklen Materie. Nach ihnen wird insbesondere in gut abgeschirmten Untergrunddetektoren gesucht. "Die Abwesenheit von überzeugenden Signalen motivierte uns, nach Alternativen zum WIMP-Paradigma zu suchen", so Kopp.

Der jetzt vorgestellte Mechanismus könnte auch, so die beiden Physiker, in Verbindung zum offensichtlichen Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im Kosmos gebracht werden, wie auch zu Signalen, die bei den anstehenden Experimenten zu Gravitationswellen aufkommen. Baker und Kopp geben in ihrem Beitrag für das Fachmagazin Physical Review Letters auch Hinweise zu den Aussichten, wie das neue Prinzip am Teilchenbeschleuniger LHC und anderen Einrichtungen nachgewiesen werden könnte.