Neue Emmy-Noether-Gruppe erforscht Besonderheiten in der Struktur von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten

Ziel der DFG-geförderten Nachwuchsgruppe um Helge Ruddat ist Entwicklung neuer mathematischer Methoden zur Ergründung dreidimensionaler Calabi-Yaus

Der Mainzer Mathematiker Dr. Helge Ruddat will mit seiner neuen Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe die Struktur von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten erforschen. Die nach den Mathematikern Eugenio Calabi und Shing-Tung Yau benannten Mannigfaltigkeiten sind eine bedeutende geometrische Klasse mit weitreichenden Beziehungen und Anwendungen in der theoretischen Physik, insbesondere der Stringtheorie, und vielen Teilgebieten der Mathematik. Die bekanntesten Vertreter von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten sind die in der Kodierungstheorie eingesetzten elliptischen Kurven. Trotz neuem Strukturverständnis innerhalb der letzten Jahrzehnte – angestoßen durch die Stringtheorie der mathematischen Physik – bleiben viele Fragen über dreidimensionale Calabi-Yaus bislang ungeklärt. Manche Physiker fantasieren sogar, dass die weitergehende Forschung auf diesem Gebiet zu einem tieferen Verständnis von Wurmlöchern im Universum beitragen könnte. Helge Ruddats Forschung zielt darauf, eine Methodik zu entwickeln, die Antworten auf zentrale offene Fragen ermöglicht – beispielsweise, ob es unendlich viele Deformationstypen gibt, in welchem Umfang Spiegelsymmetrie gilt oder ob extremale Übergänge alle Deformationstypen verbinden.

Die wohl faszinierendste Entdeckung bezüglich der Calabi-Yaus ist die sogenannte Spiegelsymmetrie: Calabi-Yau-Räume treten in Spiegelpaaren auf. Eine zentrale Rolle bei dieser Paarbeziehung spielen Entartungen. Zudem gibt es interessante geometrische Übergänge, die aus einer Calabi-Yau eine andere machen, indem höherdimensionale Sphären durch niederdimensionale ersetzt werden. Es steht die Vermutung offen, ob auf diese Weise womöglich alle Calabi-Yaus verbunden sind.

Um neue Erkenntnisse über Calabi-Yaus zu gewinnen, will Helge Ruddat gemeinsam mit einem Postdoktoranden und einem Doktoranden neue Mathematik für das Studium von Entartungen entwickeln. Dabei spielen logarithmische Strukturen eine zentrale Rolle, das heißt die Entartung wird so kontrolliert vorgenommen, dass die gravierendste Form von Singularitäten logarithmische Pole sind. Die resultierenden log Calabi-Yau-Räume verraten sehr viel über die ursprüngliche Geometrie vor der Entartung. Neuere Erkenntnisse zeigen sogar, dass sich die glatte Geometrie eindeutig aus der entarteten log Calabi-Yau reproduzieren lässt. Auf diese Weise lassen sich womöglich neue Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten finden oder bestehende besser verstehen.

Die neue Forschungsgruppe, die der Arbeitsgruppe Algebraische Geometrie am Institut für Mathematik angegliedert ist, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den kommenden Jahren finanziell gefördert. Mit dem Emmy Noether-Programm möchte die DFG jungen Forschern den Weg zur wissenschaftlichen Selbstständigkeit eröffnen, indem die Wissenschaftler eine Nachwuchsgruppe leiten und sich damit die Befähigung zum Hochschullehrer aneignen. Die Gruppe wird in der Regel während fünf Jahren gefördert. Helge Ruddat hat in den letzten Jahren als Carl Zeiss-Stipendiat an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz geforscht, seit Juni 2015 ist er im Rahmen des Emmy Noether-Programms tätig.