Region über den Wolken im Fokus der Atmosphärenforscher

Erste Atmosphärenmessungen des Forschungsflugzeugs HALO

13. September 2012

Vor etwa drei Wochen ist das Stratosphärenflugzeug HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) an die Wissenschaft übergeben worden, jetzt liegen die ersten Messergebnisse des Forschungsfliegers vor. Die Messungen finden in einer Höhe von bis zu 15 km statt. Diese Region, die sogenannte Tropopausenregion, spielt für das Klimageschehen eine besonders wichtige Rolle. Darunter liegt die Troposphäre, die das Wetter bestimmt, und darüber die Stratosphäre mit ihrer schützenden Ozonschicht. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass der Luftaustausch zwischen der oberen tropischen Troposphäre und dem untersten Teil der Stratosphäre während der Sommermonate besonders effektiv ist.

„Dies bedeutet, dass im Sommer in diesen Höhen andere dynamische Prozesse die chemische Zusammensetzung bestimmen als im Winter. Der Luftaustausch zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen Regionen hat einen großen Einfluss auf die Energiebilanz und die Bodentemperaturen der Erde. Wir können mit unseren Messungen mehr über die Mechanismen und die Zeitskalen der Transportvorgänge erfahren“, sagt Univ.-Prof. Dr. Peter Hoor von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Das Zielgebiet der Messungen erstreckt sich von Oberpfaffenhofen bis zu den Kapverden. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Messkampagne TACTS (Transport and Composition in the Upper Troposphere/Lowermost Stratosphere) wurde von Prof. Dr. Andreas Engel und Dr. Harald Bönisch von der Goethe-Universität Frankfurt koordiniert und dauert noch bis Ende September.

Mit HALO konnten die Atmosphärenforscher nun mit einem einzigen Flug Messungen von den mittleren Breiten bis in die Subtropen ausführen. Das Flugzeug erreicht eine Gipfelhöhe von über 15 km und kann eine vergleichsweise große Nutzlast wissenschaftlicher Instrumente von circa zwei Tonnen tragen. Bislang konnten vier erfolgreiche Messflüge im Tropopausenbereich durchgeführt werden.

Die Höhe der Tropopause ist sehr variabel und reicht im Mittel von 9 km in hohen Breiten bis ca. 18 km in den Tropen. Gerade die Übergangszone ist für den Luftmassenaustausch in mittleren Breiten interessant. Bisher waren Messungen hier schwierig, weil weltweit nur wenige Messflugzeuge in Höhen über 13 km vorstoßen können. Die ersten Ergebnisse lassen vermuten, dass der Luftaustausch zwischen der oberen tropischen Troposphäre und dem untersten Teil der Stratosphäre während der Sommermonate besonders effektiv ist. Im Sommer sind die starken subtropischen Strahlströme relativ schwach ausgeprägt und unterbinden deshalb, so die Vermutung der Wissenschaftler, den Luftaustausch wesentlich weniger als in anderen Jahreszeiten. Genauere Erkenntnisse über die Prozesse soll ein Vergleich der Messungen mit Modellrechnungen und meteorologischen Daten ergeben. Dadurch soll letztendlich eine präzisere Darstellung der wichtigen Tropopausenregion in Klimamodellen erreicht werden, um zukünftige Klimaänderungen besser vorhersagen zu können.

Seitens der Johannes Gutenberg-Universität Mainz führt die Arbeitsgruppe von Peter Hoor vom Institut für Physik der Atmosphäre auf HALO hochpräzise Messungen von Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2) sowie Lachgas (N2O) und Methan (CH4) durch. Dabei kommt ein sogenanntes Quantenkaskadenlaser-Spektrometer zum Einsatz, das am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelt wurde und von der Arbeitsgruppe um Prof. Hoor betrieben wird. Hochpräzise Messungen von Flugzeugen aus sind notwendig, um die Details der Mischungsvorgänge zu verstehen, die bisher von Satelliten oder Modellen nicht abgebildet werden können. Aus den relativen Verhältnissen vieler verschiedener Substanzen lassen sich Luftmassen-Herkunft und Zeitskalen für die Transportprozesse ableiten. Juniorprofessorin Dr. Christiane Voigt vom DLR trägt hier mit Messungen von Chlorwasserstoff (HCl) und Salpetersäure (HNO3) mit einem Massenspektrometer bei. Aus der Kombination der verschiedenen Spurengasmessungen mit meteorologischen Daten lassen sich Rückschlüsse auf die Mischungs- und Transportprozesse ziehen, die die Zusammensetzung der Tropopausenregion bestimmen.

HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrich-tungen, die durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Max-Planck-Gesellschaft, des Freistaates Bayern, des Forschungszentrums Jülich (FZJ), des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert und durch das DLR betrieben wird.

An der TACTS-Mission unter Federführung der Goethe-Universität sind die Universitäten in Wuppertal, Heidelberg und Mainz beteiligt sowie das FZJ, das KIT, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und das DLR.