Erste Kollision bei 7 TeV am CERN: Applaus zum Zusammenstoß von zwei hochenergetischen Teilchenstrahlen

Mainzer Wissenschaftler begleiten den Weltrekord am Large Hadron Collider (LHC) vor Ort in Genf und am Institut für Physik der Universität

30.03.2010

Die Mainzer Wissenschaftler im 3. und 4. Stock des Instituts für Physik jubeln: Am Large Hadron Collider (LHC) ist es endlich zu dem lange erwarteten Zusammenstoß von zwei hochenergetischen Teilchenstrahlen gekommen. Mit jeweils 3,5 Teraelektronenvolt (TeV) wurden die beiden Strahlen aus Wasserstoffkernen (Protonen) nach anfänglichen kleineren Schwierigkeiten am Mittag auf die 27 km lange Beschleunigerbahn geschickt und prallten schließlich aufeinander. Noch nie wurden im Labor Teilchenkollisionen bei so hohen Energien erzielt. Besonderen Grund zum Jubeln haben die Mainzer Physiker auch, weil bereits die ersten Kollisionen mit dem ATLAS-Detektor aufgezeichnet wurden und sie daran einen maßgeblichen Anteil haben. Sie haben einen Trigger entwickelt und gebaut, der aus der unvorstellbaren Informationsflut, die bei einem Zusammenprall entsteht, die wirklich wichtigen Ereignisse herausfiltert und dokumentiert.

"Der Trigger ist das eigentliche Herzstück des ATLAS-Detektors", erklärt Univ.-Prof. Dr. Stefan Tapprogge, der den Meilenstein in der teilchenphysikalischen Forschung am Dienstag am Genfer CERN mitverfolgte. "Wir werden jede Sekunde 40 Mio. Kollisionen haben, suchen aber nach Prozessen, die nur ein Mal pro Sekunde oder auch nur ein Mal in tausend Sekunden vorkommen." Der sog. L1-Kalorimetertrigger überprüft 40 Mio. Mal pro Sekunde, ob eine interessante Kollision stattgefunden hat. Seine Ergebnisse gibt er zu den Computersystemen der 2. und 3. Triggerstufe weiter, die die Brauchbarkeit der getriggerten Ereignisse noch näher untersuchen. Je nachdem werden die Daten aufgezeichnet und können später von den beteiligten Forschungseinrichtungen rund um den Globus ausgewertet werden – in der Hoffnung, neue Einsichten in bisher unbekannte Welten zu erlangen. "Jetzt können wir mit der Suche nach dem Higgs-Teilchen am LHC beginnen", erklärt Univ.-Prof. Dr. Volker Büscher. Er gehört zusammen mit Tapprogge zur Gruppe der rund 50 Physiker der Universität Mainz, die sich mit den Forschungen am LHC befassen, eine der größten deutschen Forschergruppen am CERN.

In ihren früheren Untersuchungen am Tevatron nahe Chicago haben die Mainzer Wissenschaftler bereits den Bereich, in dem das Higgs-Teilchen zu suchen sein wird, deutlich eingeschränkt. Das Higgs-Teilchen würde erklären, warum alle anderen Teilchen überhaupt eine Masse haben. "Wir sind sicher, dass es bei den Zusammenstößen am LHC entstehen wird. Aber wir können noch nicht abschätzen, wie lange es dauert, das Higgs-Boson eindeutig nachzuweisen", so Büscher. Mit dem heutigen Start beginnt für die am LHC beteiligten Forschergruppen und auch für Mainz die eigentliche experimentelle Arbeit. Es ist vorgesehen, die "Weltmaschine" nun in den kommenden eineinhalb bis zwei Jahren mit 7 TeV zu betreiben, bevor dann der Übergang zu noch höheren Energien erfolgt.