Ultrakalte Atome – eiskalt serviert

Von Thorsten Best, Physik-Student

In der Arbeitsgruppe für Quantenoptik beschäftigen wir uns mit ultrakalten Atomen und deren Wechselwirkungen. Wenn man es schafft, ein atomares Gas weit genug
abzukühlen, dann zeigen sich die faszinierenden Quanteneigenschaften der Materie wie z. B. der Welle-Teilchen-Dualismus und die Ununterscheidbarkeit der Atome.
Entscheidend für das Verhalten der Atome wird dann die Zahl ihrer elementaren Bausteine, die Welt spaltet sich in die geselligen Bosonen und die eigensinnigen
Fermionen. Für bosonische Atome treten so erstaunliche Effekte auf wie die Bose-Einstein-Kondensation oder die stimulierte Emission von Materiewellen (so genannter
Atomlaser).

Das Bose-Einstein-Kondensat ist ein neuer Aggregatzustand, in dem die Materie ihre Wellennatur zeigt und jedes Atom gewissermaßen überall in der gesamten Atomwolke zugleich ist. Hingegen können wir, indem wir eine solche Wolke in ein dreidimensionales Gitter aus Licht bringen, einen weiteren Aggregatzustand erzeugen, bei dem die Atome fest an den Gitterplätzen (d. h. den Bäuchen einer stehenden Lichtwelle) lokalisiert sind.

Ich habe zuerst in Tübingen und dann in München Physik studiert. Die Quantenoptik, also die fundamentale Wechselwirkung von Materie und Licht, hat mich dabei besonders fasziniert. Deshalb bin ich im Hauptstudium an die Ludwig-Maximilians-Universität München gegangen, wo dieses Gebiet besonders stark vertretenist. Dort habe ich mehrfach in den Semesterferien als Werkstudent am Max-Planck-Institut für Quantenoptik gearbeitet und dabei Erfahrungen mit Optik, Elektronik und Computersteuerungen gesammelt, unter anderem bei meinem jetzigen Betreuer, der damals noch in München arbeitete. Die Grundidee bei meiner Arbeit war, ultrakalte
Moleküle zu erzeugen, indem man einen Mott-Isolator-Zustand herstellt, wobei auf jedem Gitterplatz immer zwei Atome sitzen. Dann kann man an jedem einzelnen Gitterplatz eine mikroskopische perfekt kontrollierte chemische Reaktion auslösen und die zwei Atome dort zu einem Molekül verbinden. Dazu bestrahlt man das Gitter mit zwei Lasern. Die Atome können dann ein Lichtquant aus einem der beiden Lichtfelder absorbieren und eines in das andere Lichtfeld emittieren. Entspricht die Frequenzdifferenz zwischen den beiden Lasern nach der Einsteinschen Beziehung E=hf gerade der molekularen Bindungsenergie, dann kann sich ein zweiatomiges Molekül bilden. Diesen Prozess nennt man Photoassoziation. Durch geeignete Wahl der Frequenz und Polarisation des Laserlichts kann man alle Quantenzahlen des entstehenden Moleküls, also den elektronischen Zustand (das Orbital, in dem sich die bindenden Elektronen befinden), die Rotations- und Schwingungs-Anregung und sogar die Schwerpunktsbewegung (die aufgrund des periodischen Gitterpotentials auch quantisiert ist) eindeutig bestimmen. Soviel zur Theorie ...

Aber wie sieht die Arbeit an einem Quantenoptik-Experiment praktisch aus? Nun, zunächst sei vorausgeschickt, dass man ziemlich viel im Dunkeln sitzt. Man hantiert mit Lasern, Spiegeln, Linsen, verschiedensten elektronischen Geräten und natürlich am Computer, der das Ganze steuert und die Messdaten für die spätere Auswertung speichert. Man hat relativ viel mit Elektronik zu tun, denn ein großer Teil der Geräte in unserem Labor ist Marke Eigenbau. Und natürlich hat man es mit spannender Physik zu tun.

Warum macht es Spaß, in der Quantenoptik zu arbeiten? Ein Quantenoptik-Experiment ist in gewissem Sinne etwas sehr Handfestes, es passt, wenn schon nicht auf einen Tisch, so doch in ein überschaubares Labor, man kann (beinahe) alles anfassen, viel selber machen und schon als Student einen ernsthaften Beitrag leisten.

Außerdem, und das finde ich persönlich extrem wichtig: Teamarbeit spielt bei uns eine sehr große Rolle, es wird viel in der Gruppe diskutiert, und niemand muss als Einzelkämpfer vor sich hin werkeln.

März 2005