Carola Lentz als Fellow ans Wissenschaftskolleg zu Berlin eingeladen

Mainzer Ethnologin arbeitet während Fellowship 2017-18 an einem Buchprojekt zu westafrikanischer Familiengeschichte

Die Mainzer Ethnologin Carola Lentz, seit 2002 Professorin am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist von September 2017 bis Juli 2018 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Sie leitet dort eine Schwerpunktgruppe zum Thema „Familiengeschichte und sozialer Wandel in Westafrika“. Gemeinsam mit zwei afrikanischen Wissenschaftlern, Isidore Lobnibe (Western Oregon University) und Stanislas Meda (Ministère de la Culture et du Tourisme du Burkina Faso), wird sie eine Monographie und eine audio-visuelle Dokumentation zur Geschichte einer Großfamilie aus Nordghana und Burkina Faso erarbeiten.

Die Schwerpunktgruppe erforscht die Geschichte einer Familie vom Ende des 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts, die ‑ wie viele afrikanische Verwandtschaftsverbände ‑ durch unterschiedliche Formen sozialer und geografischer Mobilität geprägt war und ist. Wie haben die Familienmitglieder ihre Verwandtschaftsbeziehungen und Netzwerke jenseits der Familie mobilisiert, um ihr Leben in Zeiten dramatischer ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Veränderungen zu meistern? Wie haben sich die Regeln und Praktiken intergenerationeller Solidarität, Vererbungsmuster, die familiäre Entscheidungsfindung, Geschlechterrollen, Heiratsstrategien und die Definition der Familiengrenzen verändert? Mit welchen Praktiken und mit Hilfe welcher Medien wurde und wird die Familiengeschichte erinnert und (re)konstruiert? Wie prägen neue normative Vorstellungen von Familie, die die katholische Kirche, Schulen westlicher Prägung und Medien mit weltweiter Verbreitung propagieren, den Erwartungshorizont der Familienmitglieder und ihre Beziehungen untereinander? Die Erforschung der Geschichte dieser typischen Großfamilie erlaubt Einblicke in umfassendere Prozesse gesellschaftlichen Wandels im kolonialen und postkolonialen Westafrika. Sie leistet einen Beitrag zu Debatten über soziale Stratifikation und über die Rolle, die Mehrgenerationen-Familien für Strategien, Muster und Legitimierung sozialer Mobilität spielen.

Die Mitglieder der Schwerpunktgruppe können auf langjährige Erfahrungen in und Forschung mit der Familie zurückgreifen und tragen sowohl „interne“ als auch „externe“ Sichtweisen auf die zu untersuchende Familie bei. Sie werden neue Formen der Zusammenarbeit erproben, indem sie gemeinsam forschen und schreiben, statt Forscher- und Informanten-Rollen scharf voneinander zu trennen.