ABENDLECTURE

Donnerstag, 14. Juli 2022, 18:00 Uhr
Fakultätssaal (1. OG), Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18


Mensch-Tier-Technik- Beziehungen in der Landwirtschaft: analog – digital – virtuell

Dr. Ina Bolinski (Ruhr-Universität Bochum)

Auf Basis der elektronischen Tierkennzeichnung und der Integration von weiteren vielfältigen Techniken operiert die Massentierhaltung, das moderne Herdenmanagement und das sogenannte ›Smart Farming‹ mit Tierdaten und Datentieren. Aus den dort sichtbar werdenden Verbindungen von Lebewesen und technischem Artefakt resultieren zunehmend Fragen nach dem Status des Tieres in unserer Kultur. Neben der damit einhergehenden gegenseitigen Durchdringung von ländlichem und urbanen Raum sowie der Auflösung von der binären Gegenüberstellung nicht zuletzt durch den Einsatz von Technik, ermöglicht die zunehmende Digitalisierung als technologische Bedingung zusätzlich das Vorhandensein und die Integration von virtuellen Umgebungen. Diese sind besiedelt von allerlei Arten, von virtuellen Menschen und Tieren, von virtuellen Pflanzen und Robotern, von gestalteten virtuellen Objekten und Materialitäten, von Design- und Architekturentwürfen.
In den unterschiedlichen analogen, digitalen und virtuellen Umgebungen verdichtet sich der Zusammenhang von unmerklichem und subtilem Technikeinsatz, von verschiedenen ökologischen Prozessen und entsprechenden umweltlichen Faktoren in den Mensch-Tier- Technik-Beziehungen. Das Tier wird nicht als Objekt und Forschungsgegenstand konzeptualisiert, sondern ihm kommt eine besondere Aufmerksamkeit in Gefügen von Relationen zu. Damit verbunden sind verschiedene Praktiken, Umgangsweisen und Interaktionen zwischen Menschen und anderen Seinsformen. Deshalb ist nicht nur ein Blick in die Vergangenheit wichtig, um den gegenwärtigen Ist-Zustand beschreiben zu können, sondern es drängen sich auch wichtige Fragen zur Gestaltung der gemeinsamen Zukunft vor dem Hintergrund der alle Arten betreffenden gemeinsamen Vulnerabilität auf.

Dr. Ina Bolinski ist Medienwissenschaftlerin und derzeit Wissenschaftliche Koordinatorin im SFB 1567 »Virtuelle Lebenswelten« an der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt »Artenübergreifende Kollaborationen. Zum Multispecies Turn in der Medienwissenschaft« (Institut für Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum). Ina Bolinski forscht zu lebendigen Datenspeichern, virtuelle Tieren, Tiere in digitalen Medien, Tracking-Technologien und Human-Animal-Studies.

Ausgewählte Publikationen: Von Tierdaten zu Datentieren. Eine Mediengeschichte der elektronischen Tierkennzeichnung und des datengestützten Herdenmanagements. Bielefeld: Transcript 2020; Multispecies Communities. Ausgabe der Zeitschrift Navigationen. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, Jg. 21, H. 1, 2021 (hg. zus. m. Stefan Rieger); Das verdatete Tier. Zum Animal Turn in den Kultur- und Medienwissenschaften. Berlin: Metzler 2019, Reihe Cultural Animal Studies (hg. zus. m. Stefan Rieger).

 

» Zurück zum Konferenzprogramm.