Cobaea scandens

Cobaea scandens Cav.

In den Sommermonate ist die Vielfalt der Blütenformen im Botanischen Garten kaum überschaubar. Das wird vor allem in der Systematischen Abteilung deutlich, in der rund 2.000 Blütenpflanzen nach ihrer Verwandtschaft geordnet sind. Hier blüht es jetzt in allen Farben, Formen und Größen, und der Besucher kann in Blütendüften schwelgen. Dabei kann man leicht vergessen, dass diese Blütenpracht nicht für unser Auge bestimmt ist, sondern auf die Anlockung unterschiedlicher Bestäuber optimiert ist und einzig der Fortpflanzung dient. Mit etwas Übung kann man in vielen Fällen leicht erkennen, an welche Bestäubergruppe sich die Pflanze mit ihren Blüten richtet. Unsere aktuelle Pflanze der Woche, die Glockenrebe (Cobaea scandens), ist eine Fledermausblume.

Anders als in Europa< gibt es in den Tropen und Subtropen Fledermausarten, die sich von Nektar ernähren und dabei die Blüten bestäuben. Diese auf Blütenbesuche spezialisierten Fledermäuse haben spitze Schnauzen, ein reduziertes Gebiss, aber eine stark verlängerte Zunge, die mit Papillen für die Aufnahme des Nektars besetzt ist. Die Fledermäuse lecken den Nektar im Schwirrflug wie Kolibris oder landen auf den Rändern der Blüten und krallen sich daran fest. Es gibt zahlreiche Pflanzenarten, die von Fledermäusen bestäubt werden, bekannte Beispiele sind Bananen, Affenbrotbäume oder einige große Säulenkakteen im Süden Nordamerikas. Fledermausblumen sind meist relativ groß und oft glockenförmig. Die Blütenhülle ist meist derb, um den unsanften Besuchern standzuhalten. Da die Fledermäuse nachtaktiv sind, ist die Blütenfarbe meist unauffällig, gelblich, grünlich-violett oder weiß. Dagegen ist der Geruch der Blüten vor allem nachts sehr intensiv; allerdings nicht parfumartig, sondern eher säuerlich kohlartig.

Die Glockenrebe zeigt alle typischen Merkmale einer Fledermausblume, einschließlich ihres kohlartigen Geruchs, der jedoch nur am Anfang auftritt, wenn die Blüten noch gelblich sind. In dieser ersten Phase sind die Blüten männlich, d.h. nur die Staubblätter sind voll entwickelt und präsentieren ihren Pollen. Nach der ersten Nacht wechselt die Farbe der Blüte von gelb nach violett, und die Staubblätter beginnen zu welken. Nun schiebt sich der Griffel nach vorne und öffnet seine dreiteilige Narbe. Die Blüte ist jetzt in der weiblichen Phase und kann Pollen empfangen. In beiden Phasen wird am Grund der Blüte Nektar produziert, den bei uns Bienen und Ameisen nutzen. Die Glockenrebe stammt aus Mexiko und wächst dort als Kletterstrauch bis 15 m hoch. Bei uns ist sie nicht winterhart und wird in der Regel einjährig kultiviert. Nach Europa kam die Glockenrebe bereits im Jahre 1789. Sie wurde vom Botanischen Garten Madrid eingeführt und etablierte sich schnell als exotische Zierpflanze in den europäischen Gärten.

Systematik: Sperrkrautgewächse (Polemoniaceae)

Heimat: Mexiko

Standort: Systematische Abteilung, Beet 26

Text und Fotos: Dr. Ralf Omlor | 22.08.2008