Schwarzholz-Akazie

Blütenstände der Schwarzholz-Akazie;
an den drei obersten Blättern erkennt man die
Nektartropfen der Blattdrüsen.

Acacia melanoxylon R.Br.

Es ist wie mit den Fichten und Tannen. Man weiß, dass da irgendein Unterschied ist, aber wer kann genau sagen worin der besteht? Bei unserer aktuellen Pflanze werden die meisten denken „oh, eine Mimose!“ Leider nicht ganz richtig, auch wenn diese Pflanze in den Blumenläden tatsächlich als „Mimose“ bezeichnet wird. In Südfrankreich an der Côte d’Azur, wo diese Pflanzen seit etwa 1870 angebaut werden und zum Teil auch verwildert sind, gibt es sogar eine „Straße der Mimosen“. Um diese Jahreszeit muss das traumhaft schön sein. Dennoch, für uns Botaniker zählen die gelben „Mimosen“ des Blumenhandels zur Gattung Acacia. Allerdings ist auch das nicht ganz einfach, denn über die Abgrenzung dieser sehr großen Pflanzengattung gibt es auch unter Spezialisten keinen Konsens. Strenggenommen sollten nur die rund 1.000 australischen Akazien und einige wenige Arten benachbarter Regionen diesen Gattungsnamen tragen. Die Akazien Afrikas und Südamerikas sind dagegen nicht unmittelbar mit der australischen Gruppe verwandt und müssten eigentlich andere Gattungsnamen erhalten. So konsequent sind dann aber auch Botaniker nur selten.

Echte botanische Mimosen bekommt man bei uns kaum zu Gesicht. Sie spielen als Zierpflanzen keine Rolle, und in den Tropen sind viele von ihnen lästige Unkräuter. Mimosa ist eine Pflanzengattung, die etwa 500 Arten umfasst und vorwiegend in Südamerika beheimatet ist. Die einzige echte Mimose, die man vielleicht kennen sollte, ist die aus Brasilien stammende Sinnpflanze, Mimosa pudica, die beim geringsten Berührungsreiz sofort ihre Blätter zusammenklappt. Diese Empfindsamkeit ist sprichwörtlich geworden und war den Botanikern schon im 17. Jahrhundert bekannt. Sie stand bei der Benennung der Pflanze Pate: Mimosa ist wohl vom spanischen Wort mimoso – „zärtlich, verhätschelt, zimperlich“ abgeleitet. Die Blüten dieser echten Mimose sind rosa. Akazien blühen dagegen gelb oder weißlich, und ihre Blätter sind nicht beweglich. Zudem ist die Zahl der Staubblätter in den Einzelblüten, die bei den Mimosen in der Regel 10 beträgt, bei den Akazien deutlich höher.

Die Schwarzholz-Akazie, die hier im Mittelpunkt steht, ist eine der bekanntesten echten Akazien. Sie stammt aus Tasmanien und aus dem Osten Australiens, ist aber inzwischen in vielen Teilen der Welt verwildert. Sie wurde in vielen Ländern zur Dünenbefestigung oder aus forstwirtschaftlichen Gründen angepflanzt. Sie ist anspruchslos, wächst schnell und liefert ein wertvolles, schön gemasertes rotbraunes Holz. Am problematischsten hat sie sich in Südafrika ausgebreitet, aber auch in Chile, Kalifornien und in Portugal hat man seine liebe Not mit der sich durch Samen und Wurzelausläufern stark vermehrenden Pflanze. In dieser Hinsicht sind eine ganze Reihe australischer Akazien-Arten negativ aufgefallen, 23 von ihnen werden in verschiedenen Regionen als invasiv eingestuft. Und das ist so ziemlich das schlimmste „Unkrautetikett“, das man bekommen kann. Es bedeutet, dass drastische Maßnahmen zur Eindämmung und strikte Vermeidung einer weiteren Ausbreitung notwendig sind. Die Schwarzholz-Akazie ist eine dieser invasiven Arten. In Regionen mit mediterranem Klima sollte man sie nicht aus den Augen lassen.

Seit ihrer Einführung in Europa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert gehört die Schwarzholz-Akazie zum Standardsortiment Botanischer Gärten. Sie ist leicht zu kultivieren, blüht regelmäßig, und ist ein Lehrbuchbeispiel für die heteroblastische Belaubung der australischen Akazien. Bei etwa 90 Prozent der australischen Akazien–Arten gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Blättern junger Pflanzen und den Blättern älterer Pflanzen. Heteroblastisch ist der wissenschaftliche Begriff für Pflanzen, die einen solchen Wechsel der Blattformen zeigen. Bei den australischen Akazien sind die ersten Blätter einer jungen Pflanze in der Regel einfach gefiedert. Es folgen dann für eine gewisse Zeit meist doppelt gefiederte Blätter, bevor allmählich ein Übergang zu einer ganz anderen Blattform erfolgt, zu den sogenannten Phyllodien. Bei ihnen unterbleibt die Entwicklung der kleinen Fiederblättchen. Stattdessen entsteht eine vertikal ausgerichtete Blattform, die sich auch anatomisch von den üblichen Laubblättern unterscheidet. Die Textur dieser Phyllodien ist sehr viel robuster als die der gefiederten Jugendblätter. Durch die festere Textur und durch die vertikale Ausrichtung sind die Phyllodien sehr viel besser an starke Sonneneinstrahlung und Trockenheit angepasst. Da sich die australischen Akazien in den Blüten kaum unterscheiden, bilden die Phyllodien neben den Früchten und Samen auch die wichtigsten Bestimmungsmerkmale. Form und Anordnung der Phyllodien sind sehr variabel, und man muss genau hinschauen, wie viele Nektardrüsen es an den Phyllodien gibt und wo sich diese befinden. Auch die Nervatur der Phyllodien ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Im Unterschied zu den meisten anderen Akazien bildet die Schwarzholz-Akazie ihre gefiederten Jugendblätter über einen relativ langen Zeitraum. Man kann daher recht lange an den Pflanzen gleichzeitig Jugendblätter, Phyllodien und oft auch Zwischenformen zeigen, ein ideales Anschauungsobjekt. Nur leider werden ausgerechnet an unserer Pflanze, die schon etwas älter ist, nur noch Phyllodien gebildet. Durch einen Rückschnitt lässt sich das ändern, dann werden vorübergehend wieder Übergangsformen zwischen beiden Blattarten gebildet. Besser aber, neues Saatgut besorgen und die Pflanze neu heranziehen! Wer dagegen keinen Wert auf das botanische Lehrbeispiel legen muss, kann die Schwarzholz-Akazie natürlich auch wachsen lassen. Unter günstigen Bedingungen wird sie sich dann zu einem Baum von 6 bis 30 Meter Höhe, vielleicht sogar bis zu 45 Meter Höhe entwickeln. Diese große Höhe erreicht sie aber nur im Nordosten Tasmaniens in saisonal sumpfigen Wäldern, wo sie die dominante Baumart ist. Von einer verzärtelten „Mimose“ kann man da nicht mehr sprechen. Im Freiland kann man sie bei uns allerdings auch nicht halten.

Die Unterscheidung zwischen Akazien und Mimosen ist also gar nicht so schwierig. Fangen Sie mit diesem Wissen aber bloß keinen Streit an, wenn Sie in den nächsten Tagen auf einem Fastnachtsumzug die Komiteemitglieder mit einem „Mimosen“- Sträußchen sehen. In der Mainzer Fasnacht scheinen die blühenden „Mimosen“, bei denen es sich meist um die Silber-Akazie (Acacia dealbata) handelt, schon seit Ende des 19. Jahrhunderts präsent zu sein. Lange waren sie auch wichtiges „Wurfmaterial“ bei den Umzügen, doch das ist heute leider nicht mehr der Fall. Sollten Sie dennoch eins dieser "Streißjer" ergattern können, dann denken Sie sich nur „oh, was für ein schönes Akazien-Sträußchen“ und lassen die Narren mit ihren „Mimosen“ in Ruhe.

Systematik: Fabaceae-Mimosoideae (Mimosengewächse)
Heimat: Australien, Tasmanien
Standort: Überwinterungshaus (Haus-02)

Literatur
Flora of Australia, Volumes 11 A, 11B, Mimosaceae, Acacia part 1, part 2. Melbourne: ABRS/CSIRO Publishing (2001).
Gardner, S., A. Drinnan, Ed Newbigin & P. Ladiges (2008). Leaf ontogeny and morphology in Acacia Mill. (Mimosaceae). Muelleria 26(1): 43-50.
Genaust, H. (1996). Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage. Birkhäuser, Basel.
Murphy, D.J., G.K. Brown, J.T. Miller & P.Y. Ladiges (2010). Molecular phylogeny of Acacia Mill. (Mimosoideae: Leguminosae): Evidence for major clades and informal classification. Taxon 59(1): 7-19.
Richardson, D.M., J. Carruthers, Cang Hui, F.A.C. Impson, J.T. Miller, M.P. Robertson, M. Rouget, J.J. Le Roux & J.R.U. Wilson (2011). Human-mediated introductions of Australian acacias – a global experiment in biogeography. Diversity and Distributions 17: 771-787.
Schenk, G. (2011). Mainzer Fastnachts-ABC. Fakten, Legenden, Anekdoten. Leinpfad-Verlag, Ingelheim.
Troll, W. (1939). Vergleichende Morphologie der höheren Pflanzen. Band I, 2. Bornträger, Berlin.

Links
Global Invasive Species Database (GISD): Acacia melanoxylon

Text und Fotos: Dr. Ralf Omlor | 09.02.2015