Mainzer Geographische Studien, Heft 28:

Bicking, Barbara: Die Zimtwirtschaft auf Sri Lanka (Ceylon). Anbau und Vermarktung, historische Bindung und aktuelle Perspektiven eines traditionsgebundenen Produktes.

 

Zusammenfassung

Die vorliegende Untersuchung hat den Versuch unternommen, die aktuellen Verhältnisse der Zimtwirtschaft auf Sri Lanka darzustellen. Sie umfaßt die Analyse der ökologischen, agrar- und exportwirtschaftlichen sowie geschichtlichen Basis des Zimtanbaus, um daran aufzuzeigen, unter welchen Bedingungen Zimt gewonnen und vertrieben wird. Des weiteren verfolgte die Arbeit das Ziel einer Bewertung des Anbau- und Exportpotentials des Zimtes auf Sri Lanka.

Die heutigen Anbauregionen des Zimtes liegen im südwestlichen Küstentiefland der Insel fast ausschließlich innerhalb der Zonen mit günstigen klimatischen und edaphischen Wachstumsverhältnissen für den Zimtstrauch. Das Zimtland bildet hier keine zusammenhängende Fläche, sondern ist punktartig und weit verstreut. Während die Verbreitung von Sandböden und sandigen Lehmböden sowie die Temperatur die Kultur des Zimstrauches in weiten Teilen des Tieflandes der Insel ermöglicht, begrenzen das Auftreten einer ausgeprägten jahreszeitlichen Trockenperiode und verringerte Niederschläge den Zimtanbau in der Horizontalen. In der Vertikalen dagegen sind Wasserüberschuß und reduzierte Sonnenscheindauer wachstumsbegrenzende Faktoren. Aufgrund der starken Flächennutzungskonkurrenz im südwestlichen Küstentiefland Sri Lankas sind einer Ausdehnung der Zimtanbaufläche deutlich Grenzen gesetzt.

Die gegenwärtige Anbaupraxis des Zimtes bedient sich zweihundert Jahre alter Kulturmaßnahmen, deren Auswirkungen allerdings – wie auch die Anwendung von Künstdünger – fragwürdig sind. Die Bewirtschaftung des Zimtlandes ist in den meisten Fällen extensiv, so daß die Flächenerträge häufig nur gering und überdies zum Teil von minderer Qualität sind. Diese schlechte Ertragssituation wird zusätzlich durch eine fehlende Bestandsverjüngung verstärkt.

Auch an den Zimtproduktformen hat sich im Laufe der Jahrhunderte nichts geändert. Nach wie vor dominiert der Stangenzimt. Daneben ist die Gewinnung von Zimtölen von Bedeutung – eine sogenannte Heimindustrie im Galle und Matara Distrikt.

Der Zimtanbau ist eine ‚cash crop’- Produktion, die, die völlig auf den Export ausgerichtet, auf kleinen und kleinsten Parzellen überwiegend in Monokultur betrieben wird. Für eine Vielzahl meist landloser Arbeitskräfte stellt er, saisonal und entsprechend der Finanzlage der Landbesitzer, oft nur unregelmäßig Arbeitsplätze bereit.

Gekennzeichnet sind die Besitzverhältnisse durch Kleinbesitz und abwesende Besitzer. Beiden ist gemein, daß sie keine Eigenarbeit im Zimtanbau leisten. Wenn man dies in Rechnung stellt, wird man die Gewinne beachtlich nennen, die aus dem Zimtanbau – einer überdies rein extensiven Bewirtschaftungsform – zu ziehen sind.

Das Schälen der Zimtrinde und die Herstellung der Zimtstangen ist die arbeits- und lohnintensivste Beschäftigung im Zimtanbau. Diese Tätigkeit wird seit dem 13. Jahrhundert von Mitgliedern der Salagama-Kaste verrichtet, die aus Südindien nach Sri Lanka kamen. Auch heute noch dominieren Salagama-Mitglieder unter den Zimtschälern – wie überhaupt in allen Bereichen der Zimtwirtschaft.

Die gegenwärtige Vermarktung ist durch den Zwischenhandel gekennzeichnet: Er ist teuer und schmälert entsprechend den Verkaufspreis des Zimtes für die meisten Bauern. Andererseits sind sie, wie auch die Zimtexporteure, vom Zwischenhandel ganz und gar abhängig. Qualitätsprobleme, die aus der Art des Anbaus resultieren, werden durch diese Erscheinung zusätzlich verschärft, da die Zwischenhändler und Zimtbauern immer wieder versuchen, sich durch betrügerische Machenschaften zu bereichern. Eine wirkungsvolle Qualitätskontrolle erweist sich deshalb gegenwärtig als sehr schwierig.

Den internationalen Markt für Zimtrinden teilt sich der Zimt mit Kassia. Die schwankenden Angebote vor allem der Kassia-, aber auch einiger Zimtexportländer und die ebenso unregelmäßige Nachfrage am Weltmarkt führen zu beträchtlichen Preisschwankungen, die sich zyklisch wiederholen.

Im frühen 19. Jahrhundert bestand eine starke Preiskonkurrenz zwischen Zimt aus Sri Lanka und Kassia aus südost- und ostasiatischen Ländern. Diese schwächte sich mit der Herausbildung individueller Absatzmärkte ab und besteht für wenige bestimmte Sorten beider Gewürze aber auch heute noch. Eine preisbedingte Substituion minderwertiger Zimtrinde aus Sri Lanka durch billigere Kassiarinde war in den letzten Jahren zu beobachten.

Weitaus schwerwiegende Konsequenzen für Sri Lanka hat die Konzentration der Zimtexporte auf wenige und zudem finanzschwache Märkte. Hautabnehmer von Zimt aus Sri Lanka sind Mexiko und weitere lateinamerikanishe Länder, wo der Zimt in Form eines Aufgußgetränkes, des sogenannten Zimtees, ein Bestandteil der täglichen Ernährung ist. Die europäischen Länder dagegen verwenden nur kleine Mengen Zimt pro Jahr.

Arabische und später auch moslemische Kaufleute brachten in vorkolonialer Zeit Zimt aus Ceylon in die Handelsmetropolen am Mittelmeer, der damals als eine Kostbarkeit galt. Es wurden nur kleine Mengen des Gewürzes, von wild wachsenden Zimtbäumen gesammelt, zu hohen Preisen gehandelt.

Zu Beginn der Kolonialzeit, Anfang des 16. Jahrhunderts, erlangten die Portugiesen das Zimthandelsmonopol. Sie konnten das Handelsvolumen ausdehnen, indem sie darangingen,die natürlichen Zimtbaumbestände im südwestlichen Tiefland Ceylons auszubeuten. Zur Sicherung ihres Monopols zwangen sie Mitglieder der Salagama-Kaste durch eine sogenannte Körperschaftssteuer zum Sammeln der Zimtrinde.

Die Holländer, die die Portugiesen als Kolonialmacht auf Ceylon im Jahre 1658 ablösten, sahen ihr Zimthandelsmonopol bedroht durch das übermäßige Abernten der wildwachsenden Zimtbäume und ihre Querelen mit dem König von Kandy. Sie begannen deshalb, um 1770 zwischen Colombo und Negombo Zimt in Strauchform in Plantagen anzubauen. In der Folgezeit forcierten sie den Zimtanbau durch Landvergabe an die Bevölkerung.

Die Engländer führten anfänglich das holländische System fort, mußten jedoch im Jahre 1833 das Zimthandelsmonopol aufgeben wegen mangelnder Anbauerfahrung, innerer Unruhen auf Ceylon und des sich rasch ausdehnenden Liberalismus. Der Zimt hatte seine Bedeutung als führendes agrares Exportprodukt verloren. In der Hauptstadtnähe geriet der Zimtanbau zunehmend unter Flächennutzungsdruck und wurde dort von seinem Standort verdrängt. Ein neuer Anbauschwerpunkt bildete sich an der mittleren Südwestküste heraus. Auf dem europäischen Markt hatte der Zimt aus Ceylon seine Vormachtstellung gegenüber der Kassiarinde aufgrund starker Preiskonkurrenz eingebüßt.

Für das unabhängige Sri Lanka ist der Zimt ein kleiner, aber unter den Nebenexportprodukten dennoch der wichtigste Devisenbringer. Sri Lanka hat eine dominante Position inne, als der Hauptversorger des Weltmarktes mit qualitativ hochwertigem Ceylon-Zimt. Die zu erwartende Bedarfserweiterung infolge wachsender Bevölkerung in den Hauptimportländern sollte Sri Lanka genügend Anlaß sein, die Zimtwirtschaft durch einige wichtige strukturelle Veränderungen auf eine breitere Basis zu stellen. Damit kann ein Beitrag zur Einkommensverbesserung der Landbevölkerung im Südwesten und zur Festigung der Exportdiversifizierung geleistet werden.