Sarah Oschmann (geb. Prause), M.A.

Projekttitel: (Teil-)Blinde, Blendung, Verblendung - Untersuchungen zum Thema 'Blindheit' in der griechischen Bildwelt des späten 8.-4. Jh. v. Chr.

Betreuer: Prof. Dr. Heide Frielinghaus, Prof. Dr. Jochen Althoff

Dissertationsvorhaben:

Den Augen wird eine besondere Bedeutung sowohl auf medizinischer, kultureller als auch metaphorischer Ebene zugeschrieben. In einem visuell geprägten Leben ist das Nicht-Sehen-Können unvorstellbar, weswegen Blindheit als eine der schlimmsten aller möglichen körperlichen Behinderungen gewertet wird. Eine solche Dysfunktion stellt ein Anders-sein dar, was Gegenstand des gesellschaftlichen Diskurses war/ist, in dem sich mit Ursachen, Formen und Bewertungen auseinandergesetzt wurde/wird. In den antiken griechischen Schriftquellen ist von blinden bzw. geblendeten Personen, von der Krankheit Blindheit sowie von deren Heilungsbestrebungen in unterschiedlichsten Zusammenhängen und sehr verschiedenen Quellengattungen immer wieder die Rede. Auch in den materiellen Hinterlassenschaften finden sich (wenn auch nur in relativ geringem Umfang) seit dem 7. Jh. v. Chr. Hinweise auf Blinde bzw. auf Blindheit, so etwa Darstellungen blinder Personen in der Malerei, der Skulptur oder aber in abbrevativer Form, beispielsweise in Form von Augenvotiven. Während die schriftlichen Zeugnisse zu Blindheit bereits weitestgehend zusammengetragen und unter mehreren Gesichtspunkten betrachtet worden sind, fehlte für den bildwissenschaftlichen Bereich bisher sowohl eine umfassende Sammlung und Zusammenstellung der mit Blindheit in Verbindung zu bringenden materiellen Zeugnisse als auch eine Auseinandersetzung mit den Problemen, die sich im Zusammenhang mit den darstellenden Hinweisen auf Blindheit sowie Hintergründe und Kontexte solcher Darstellungen stellen. Lediglich die Bedeutung der Augen, etwa als dekoratives Element (vgl. Augenschalen), stand bisher im Fokus der bildwissenschaftlichen Betrachtung.
Im Rahmen dieses Dissertationsprojektes sollten die zahlreichen, chronologisch und geographisch weit zerstreuten und zudem in sehr unterschiedlichen Materialgattungen zu findenden Hinweise auf Blindheit und auf deren Heilungsbestrebungen analysiert und bewertet werden – unter Berücksichtigung der Eigengesetzlichkeiten der jeweiligen Materialgattung und ihres Kontextes. Mit Hilfe der einzelnen, einander ergänzenden oder aber aufhebenden Momente und Entwicklungslinien wurde anschließend ein diachron differenziertes Bild von der körperlichen Dysfunktion, ihrer Darstellung, Bedeutung und (Be)Wertung gezeichnet, um auf diese Weise Konzepte von Blindheit aufzuzeigen.

Das Dissertationsprojekt wurde im März 2017 abgeschlossen.