Dr. Dominik Berrens

Projekttitel: Soziale Insekten in der Antike. Ein Beitrag zu Naturkonzepten der griechisch-römischen Kultur

Betreuer: Prof. Dr. Jochen Althoff, Prof. Dr. Marion Gindhart

Dissertationsprojekt:

Zu Beginn seiner umfangreichsten zoologischen Schrift, der sogenannten Historia animalium, führt der Philosoph Aristoteles einige Kriterien auf, anhand derer sich Tiere einteilen lassen. Ein solches Kriterium ist die Art des Zusammenlebens mit den Artgenossen. Die höchste Stufe erreichen seiner Einteilung entsprechend dabei die sogenannten ζῷα πολιτικά (zōa politiká = „soziale Tiere“), die eine gemeinsame Aufgabe haben (Arist. HA I 1 488a 8). Zu dieser sehr kleinen Gruppe gehören neben dem Menschen vor allem die sozialen Insekten Biene, Wespe und Ameise. (Aristoteles zählt außerdem noch den Kranich dazu). Aufgrund dieser angenommenen engen Verbindung von Mensch und sozialen Insekten verwundert es nicht, dass es eine reiche literarische Auseinandersetzung mit Bienen, Wespen und Ameisen im griechisch-römischen Kulturraum gibt. Dies gilt nicht nur für naturkundliche oder agrarwissenschaftliche Arbeiten, sondern – vor allem in Form von Gleichnissen und Bildern – auch für dichterische Gattungen wie Epos, Lehrgedicht, Drama und Elegie sowie für philosophische Schriften. Im Rahmen des Dissertationsprojektes wurden Darstellungen von Bienen, Wespen und Ameisen in griechischen und lateinischen Texten aus einem Zeitraum vom 8. Jh. v. Chr. (homerische Epen) bis in die Spätantike untersucht. Grundlage bildeten naturkundliche Darstellungen (vor allem von Aristoteles, Varro, Columella, Plinius und Aelian) sowie Gleichnisse, Bilder und Wundererzählungen anderer literarischer Gattungen. Die Vorgaben und Darstellungsabsichten der einzelnen Gattungen gilt es in diesem Zusammenhang genau zu berücksichtigen. Dabei sollte das Verhältnis von Mensch und Tier, aber auch die Verbindung dieser drei Insektengruppen untereinander, wie sie in den antiken Texten erscheint, herausgearbeitet werden. Nicht nur in Gleichnissen und Bildern, sondern auch in Darstellungen der antiken Naturkunde, die diese Tiergruppen betreffen, scheint immer wieder die menschliche Gesellschaft durch. Menschliche Werte und Einrichtungen werden wie selbstverständlich auf die Tierwelt übertragen, während gleichzeitig Beobachtungen aus der Tierwelt zum Maßstab menschlichen Handelns werden. Hinter all dem scheint ein Naturverständnis zu stehen, welches besagt, dass die Natur auf allen Ebenen alles ähnlich oder sogar gleich anordnet und somit Analogieschlüsse erlaubt. Dieses Naturverständnis wurde anhand der Texte genauer herausgearbeitet und begründet. Somit leistet die Dissertation einen Beitrag zur Erforschung von Naturkonzepten in der griechisch-römischen Kultur.

Das Dissertationsprojekt wurde im Mai 2016 abgeschlossen.

Die Arbeit wurde veröffentlicht als: Berrens, D., Soziale Insekten in der Antike. Ein Beitrag zu Naturkonzepten in der griechisch-römischen Kultur (Hypomnemata; 205), Göttingen 2018.